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Das Leben am Hofe. Philipp zu Eulenburg
Читать онлайн.Название Das Leben am Hofe
Год выпуска 0
isbn 9788075838612
Автор произведения Philipp zu Eulenburg
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Ich glaube, bester Graf, daß Sie mir deshalb geraten haben, meine Erlebnisse aufzuzeichnen, weil Ihnen nichts leichter erscheint, als allerhand hübsche Geschichten aufs Papier zu bringen und Sie nicht begreifen können, daß es Menschen gibt, die dumm genug sind, das, was sie mit eigenen Augen gesehen und was sie in ihrem Leben erfahren haben, nicht ganz einfach erzählen können, wo es Ihnen doch ein leichtes ist, gleich so mir nichts, dir nichts eine Geschichte zu erfinden! – Ich glaube, meine Memoiren würden allen Leuten eine furchtbare Enttäuschung sein – man würde sagen: » Elle a très mal vu, elle a très mal entendu et très mal raconté!« Nun, ich will es im Laufe des Sommers versuchen, einige Aufzeichnungen zu machen. Vielleicht gelingen mir einige – (nicht wohlwollende) – Porträts, denen ich aber dann jene meiner Freunde folgen lassen würde, die in einem Brillant-Feuerwerk erglänzen würden!
Sehen Sie, lieber Graf, das hält mich davon ab, meine Eindrücke niederzuschreiben, daß, wenn ich nicht von der Leber frei heraussprechen kann, diese Eindrücke keineswegs meine Eindrücke sind! ...
Ich will Hiebe und Lob austeilen, wie es mir gefällt – dann erst bin ich es, die spricht! – Und spreche ich frei, so verletze ich und dagegen sträubt sich mein christlicher Sinn sowie mein Anstandsgefühl! – Zwischen Memoiren oder Eindrücken und einem Pamphlet ist die Demarkationslinie schwer festzustellen!
Ich schreibe Ihnen bei einer herrlichen Witterung! Gestern hatten wir 27 Grad in der Sonne! Wir sind gebraten von der Gilf-Promenade zurückgekommen!
Bitte grüßen Sie mir herzlichst die Gräfin, empfehlen Sie mich Ihrer Schwiegermutter und bleiben Sie mir treu freundschaftlich gesinnt.
(gez.) P. Metternich.
Obermais-Meran, 18. Februar 1896.
Das war wieder so einmal recht liebenswürdig und aufmerksam von Ihnen, mein bester Graf, daran gedacht zu haben, mir die Nachricht vom Tode Constantin Hohenlohes sogleich mitzuteilen 47! Ich sage Ihnen tiefgerührten Dank für Ihre liebe, gütige Erinnerung.
14. Februar 1906.
Der erste Obersthofmeister des Kaisers, Prinz Constantin Hohenlohe (Bruder des Herzogs von Ratibor, des Reichskanzlers und des Kardinals) stirbt. Ein schwerer Verlust für Kaiser Franz Joseph, dessen Freund er durch alle traurigen Zeiten seiner Regierung war. Auch ich verliere mit ihm einen sehr guten Bekannten, der mir stets mit vollem Vertrauen entgegenkam und mir auch in politischer Hinsicht oft gefällig war.
15. Februar 1896.
Ich besuche die Fürstin Constantin und begebe mich allein in das Sterbezimmer, wo der Fürst still und friedlich in seinem Bett mit dem großen, rotseidenen Vorhang den letzten Schlaf schläft. Glücklich lächelnd, als habe er niemals in seinem Leben gelitten, als träume er von irgendeiner großen Seligkeit. Ich war plötzlich so tief von diesem Anblick des Friedens ergriffen, daß mich eine unsagbare Sehnsucht ergriff, es möge nun auch mein Leben entsetzlicher, qualvoller Unruhe und erschütternder Verantwortung enden – ich möge nun auch so still schlafen können wie er. Ich vermochte mich kaum von diesem Bilde tiefen Friedens zu trennen und riß mich gewaltsam los, um nicht in dem mir immerhin nicht eng befreundeten Hause der Dienerschaft aufzufallen. Als ich wieder hinaustrat und in meinem Wagen durch die hastende Menge fuhr, legte sich mein Leben und Schicksal in seiner ganzen Schwere wie eine fürchterliche Last auf mich – mein beneidetes Leben! Ach, wüßten sie alle, die mich beneiden, daß ich sie beneide, die solchem Glanz Fernstehenden, still Abgegrenzten.)
Der Dahingeschiedene war ein Ehrenmann – seinem Kaiser treu ergeben. Leider hatte die Seele nicht Platz, in dem kleinen Körper groß zu werden!
Auf diese, Ihnen gegenüber offen gemachte Bemerkung frage ich mich nochmals, ob ich denn wirklich daran gehen soll, meine Memoiren zu schreiben? ...
Und nun zum Schluß die Frage: wann sieht man Sie wieder in Meran? – Vielleicht im kommenden Monat? Dann machen Sie einmal mit uns die reizende, himmlische Promenade von hier nach Labers durch einen entzückenden Kastanienhain, durch welchen man auf samtweichem Moose dahinschreitet und die prächtige Luft in vollen Zügen einatmet! Nein, Sie glauben gar nicht, wie es da oben schön ist, ich bilde mir ein, den Weg entdeckt zu haben und fürchte mich nur immer zu erfahren, daß ihn vor mir irgendein Pfadfinder schon begangen hat!
Ich verschweige die Entdeckung bis zu Ihrer Ankunft! Bitte empfehlen Sie mich herzlichst der lieben guten Gräfin und empfangen Sie, lieber Graf, die gern erneuerte Versicherung meiner freundschaftlichen Gesinnungen.
(gez.) P. Metternich.
Meran, 16. April 1896.
Sie werden es bitter bereuen, mein bester Graf, mich zur Schriftstellerin haben machen wollen, denn heute sende ich Ihnen wieder einen Aufsatz. Nur wird diesmal Ihr deutsches Herz erbeben, denn er ist in französischer Sprache verfaßt – und wenn ich hinzufügen werde, daß ich lieber französisch als deutsch schreibe, dann sehen Sie mich am Ende gar nicht mehr an, d. h. nein – Sie verbitten sich einfach die Fortsetzung meiner schriftstellerischen Tätigkeit!
Nun, der nächste Aufsatz wird wieder deutsch sein und will ich in demselben vom König Ludwig von Bayern erzählen und Ihnen sagen, wie es kam, daß wir uns kannten, ohne uns zu kennen, und wie merkwürdig mein Verhältnis zu dem unglückseligen königlichen Träumer war! – Im Anhange werde ich die Briefe des Königs hinzufügen, das kann ich aber erst tun, wenn ich bei mir in Ungarn auf dem Lande bin, weil ich daselbst meine Autographen-Sammlung habe. Wäre es Ihnen möglich, mir anzugeben, auf welche Weise ich meine kleinen Notizen und Erinnerungen kopieren lassen könnte, ohne mich etwa der Gefahr auszusetzen, daß der Kopist indiskret wäre und ich eines schönen Morgens eine meiner Aufzeichnungen im »Tagblatt« zu lesen bekäme! – Ich kann diese flüchtig hingeworfenen Aufsätze nicht a la longue in losen Bogen herumliegen lassen, obendrein ist das große schwarzgeränderte Briefpapier miserabel und bricht – also bitte, geben Sie mir einen Rat, an wen soll ich mich wenden? Wo finde ich den verläßlichen Kopisten?
Die Geschichte, welche in Fontainebleau passierte, ist authentisch – sie ist ein wenig zweideutig, aber dumme Prüderie ist nie meine Sache gewesen, und wenn ich mich einmal entfalten werde, da wird es fürchterlich werden!
Ich muß Ihnen ein bißchen Angst machen, damit Sie meiner Schreibseligkeit halt gebieten, sonst folgt eine Aufzeichnung der andern und Sie Unglücklicher sind das Opfer eines Blaustrumpfes geworden! Entsetzlich!
Sie haben jetzt eine furchtbar bewegte Zeit durchgemacht, bester Graf, und fürchte ich, daß Ihre Gesundheit darunter zu leiden gehabt haben mag!
Jetzt geht es aber demnächst wieder los, und Sie müssen »Millennium 48 schwindeln«. – Ich beneide Sie nicht darum, das weiß Gott.
Den 28. d. Mts. dampfe ich nach München ab und halben Mai treffe ich in dem geliebten Paris ein, welches ich, trotz Bourgois, Combes, Mesureur und allen offiziellen Schuften, wie sie auch heißen mögen, noch immer in mein Herz schließe, – denn das Wort bleibt ewig wahr: « On végète partout mais on ne vit qu'à Paris!« Da pulsiert ewig frisches Leben, da hört und sieht man stets Neues und Anziehendes, da thront der Geschmack, da lernt man Rede und Antwort stehen, dort entdeckt man sein klein bißchen Verstand und findet Mittel und Wege, daraus Kapital zu schlagen.
Und nun leben Sie wohl, bester Graf! – Hier steht alles in vollster Blüte – ich fürchte, daß dem in unserm Wien nicht so ist!
Treu freundschaftlich ergeben (gez.) P. Metternich.
Meran, 27. April 1896.
Diesmal ist es kein »Sträußchen«, sondern nur der wärmste und herzlichste Dank für Ihre lieben Zeilen. Dieser Dank wendet sich in erster, ja allererster Reihe dem treuen, aufrichtigen Freunde zu, welcher mir mit den so unendlich klugen und wohlgemeinten Ratschlägen zur Seite steht. Ich werde dieselben pünktlich und gehorsamst befolgen.
Wie können Sie glauben, daß ich Ihnen nicht die Berechtigung zugestehe, mit mir offen und frei zu sprechen?
Offen und frei über alles – ich bitte Sie selbst darum und würde