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Euch nichts zu befehlen. Seht selber zu, wie Ihr Euch vor Eurem Feinde schützt; mir kann er nichts anhaben.«

      »Graf Albrecht hat jetzt besseres zu tun als auf meinen Schaden zu sinnen,« sprach der Bischof, und um die Äbtissin, die er fortwährend mit den Augen verfolgte, zu reizen, fuhr er mit eindringlichem Flüstertone fort: »In seinen Armen ruht liebeselig sein junges Weib; er küßt ihr die bleichen Wangen rot und raunt ihr lustige Geschichten in die lauschenden Ohren, und dann lachen sie beide –«

      »Macht mich nicht rasend!« rief Jutta.

      »Ja, wie wollt Ihr's denn hindern?« frug er lächelnd und lauernd.

      »Nicht leben darf er!!« – Mit heiserer Stimme, mit dem Gesicht einer Furie stieß sie die Worte heraus.

      »Ah! – Meint Ihr es so? Das ist was anderes!« sagte der Bischof. »Ihr verlangt seinen Tod!?«

      »Habt Ihr ihn nicht verlangt?«

      »Ja, nach Urteil und Spruch; aber jetzt, auf seiner unnahbaren Burg, im Arm der Geliebten –«

      »Wagt Ihr Euch nicht an ihn!« sprach die Äbtissin mit einem höhnischen Lachen.

      Der Bischof verschränkte die Arme über der Brust und frug: »Was bietet Ihr dem, der Euren Willen vollzieht?«

      »Fordert!« sagte sie von ihm abgewandt.

      »Ihr wißt den Preis. Wird er bewilligt?«

      Sie stand in einem tobenden Kampfe; ihr Atem kam hörbar aus ihrer wogenden Brust.

      »Es ist Euer Wille wie meiner; Ihr schützt Euch mehr als mich,« sprach sie bebend.

      »Wird mein, was ich fordere?« frug er bestimmt, ohne ihren Einwurf zu beachten.

      »– Ja!« hauchte sie und schlug die Hände vor das glühende Gesicht. Ein Schauer überlief sie von Kopf zu Füßen.

      Er trat ihr näher, ganz nahe. »Sieben Jahre liebe ich dich, sieben Jahre hat mein Herz um dich geworben und gedient und sich in Sehnsucht verzehrt,« flüsterte er; »nun endlich! endlich! –«

      Sie wehrte ihn ab und bat in höchster Verwirrung: »Geht! geht, Herzog Albrecht!«

      »Gräfin Jutta, wenn geschehen ist, was Ihr verlangt, – wo sehen wir uns wieder?«

      »Aus dem Falkenstein,« sprach sie nach Atem ringend.

      »Gut! ich stelle Euch sicheres Geleit.«

      Damit ging der Bischof.

      Die Äbtissin sah dem Jugendgenossen mit einem langen Blicke nach. »Wenn geschehen ist –!« murmelte sie – und fuhr schaudernd zusammen.

      Von Stund an verschloß sie sich nicht mehr, war wieder die stolze, lebensprühende Jutta, als hätte kein Wölkchen ihren Himmel getrübt.

      Dreißigstes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Der Winter war im Anzuge, sandte Regengüsse und rollende Stürme, Reif und Schneegestöber als Boten voraus und kam dann selber mit dem vollen Ernste seiner frostigen Gewalt, die alles Land erstarrt und gefesselt in eisigen Banden hielt. Immer tiefer hüllte sich der Brocken in ein leuchtendes Schneegewand, das sich bald über das ganze Gebirge und endlich auch weit und breit über die Ebene erstreckte. Nur der Regenstein, an dessen steilen Felswänden der Schnee nicht haften konnte, stand mit seinem düsteren Grau trotzig inmitten des blendenden Weiß, als wäre er allein zu stolz, die Farbe des Zwingherrn zu tragen. Aber sein Scheitel mußte sich gleich den anderen Gipfeln den Schmuck des Winters gefallen lassen, so oft auch der Sturmbesen darüber hin fuhr und die freie Höhe reinfegte.

      Innen aber in der Burg, in Palas und Häusern und in den Felsenhallen und Grotten war es traulich und heimisch für die Insassen, die wie Fuchs und Dachs in ihrem verschneiten Bau nicht gerade einen Winterschlaf hielten, aber ein ungestörtes, behagliches Leben führten.

      Für Albrechts und Odas Liebesglück war der Winter wie geschaffen. Von der Außenwelt abgeschlossen, von keinen Händeln beunruhigt, von keinen Kämpfen bedroht, lebten sie nur einer im andern und einer für den andern in traumseliger Einsamkeit, die sie nicht als einen widerwillig erduldeten Zwang empfanden, sondern als das freudenreichste Glück erfüllter Sehnsucht genossen.

      Wenn ihnen der Sturm nicht sein brausendes Lied sang, so umgab sie eine lautlose Ruhe, denn auch auf den Höfen war es nun still; da wurde jetzt weder mit Ackergerät noch mit Waffen und Rüstzeug hantiert; nur in der Schmiedegrotte klang zuweilen fleißiger Hammerschlag.

      In den Kaminen brannten lustige Feuer, und in Albrechts nun sauber geordnetem, behäbig eingerichtetem Gemach saßen die zwei Glücklichen und wurden nicht müde mit Plaudern und Erzählen aus den Erinnerungen früherer Tage. Der waffenfrohe Kriegsmann hatte sich in einen zärtlichen Gatten verwandelt und war fügsam und schmiegsam mit allerhand gefälliger Dienstbarkeit um sein junges Weiblein bemüht, über die sie oft beide lächeln und manchmal laut lachen mußten, weil es sich gar zu drollig ausnahm, wie sich die starke Schwerthand des Helden so täppisch und linkisch in kleinen häuslichen Verrichtungen zeigte, die er der Geliebten zu Gefallen vornahm, aber selten glücklich zu Ende brachte. Aus dem Blicke seiner Augen, aus dem Klange seines Mundes sprach eine völlig wunschlose Heiterkeit, ein wahrhaft kindlicher Frohmut; er dachte wohl kaum noch daran, daß er in der Welt noch irgend etwas anderes war oder besaß oder zu tun hatte, als hier in seinem sonst so furchtbaren, jetzt so traulichen Felsenneste neben Frau Oda zu hocken, sie anzulächeln, sie auf Händen zu tragen.

      Oda blühte an Albrechts Seite, im warmen Sonnenstrahle seiner Liebe von Tage zu Tage herrlicher auf. Die bleiche Lilie war zu einer anmutsvollen Frau geworden, die ihre Stellung als Gemahlin des Grafen Albrecht von Regenstein mit einer sanften, unbewußten Hoheit ausfüllte und in ihrer grenzenlosen Verehrung und hingebenden Liebe zu ihm keinen Augenblick vergaß, daß sie ihren Himmel auf Erden allein dem edlen Manne verdankte, der sie zur ersten im Lande gemacht hatte. Ihre einzige Sorge, ob sie ihm als Gefährtin seines Lebens auch wohl zu genügen vermöchte, küßte er ihr lächelnd von der reinen Stirn, zog sie innig an seine Brust und nannte sei sein höchstes Glück, für dessen Schätzung er keine Worte hätte. Da ruhten ihre blauen Augen wonneblickend in den seinigen, und wie sie ihn fest umschlang und an sich drückte, da sang und sprang ihr das Herz und schlug in überquellender Freude dicht an dem seinigen.

      Sie gebrauchte Zeit, es zu fassen und zu glauben, daß sie hier, wo sie fünf Monde lang als eine aus ihrer Heimat Vertriebene, als rücksichtsvoll behandelte Gefangene gelebt und sich in Zweifel und Sehnsucht nach einem sie unerreichbar dünkenden Glücke verzehrt hatte, nun wirklich die gebietende Herrin war, und manchmal noch in Albrechts Armen überfiel sie ein leiser Schrecken, als wenn sie diesen trauten Platz nicht mit allem Fug und geheiligtem Recht als sein ehelich Weib einnähme, sondern immer noch als Gefangene sich dem Willen ihres Gewalthabers in fesselloser Liebe ergeben hätte. Dann war es ihr wie ein Trost, wenn Eilika sie beim Morgengruß nicht mehr gnädiges Fräulein, sondern recht nachdrücklich betont Frau Gräfin nannte. Wie oft mußte sie an ihren Einzug hier mit dem Ritter Bock von Schlanstedt denken, als sie in den Saal gerufen wurde und sich im Kreise der Männer zaghaft und hilfesuchend nach der einzigen Frau, nach Reginhild umsah! und dann wieder an ihren wehmütigen Abschied, als die Grafen zur Quedlinburger Fehde ritten! Damals war sie fest überzeugt, daß sie den Regenstein niemals wieder mit einem Fuße betreten würde, und nun war sie die Burgfrau hier, und alle, vom Burgherrn bis zum jüngsten Troßbuben, waren bemüht, sie zu ehren und ihr zu dienen.

      Zum Weihnachtsfeste kamen Albrechts Brüder, Ulrich, Poppo und Günther, und man feierte die Tage teils auf dem Regenstein, teils auf der Heimburg im einträchtigen Familienkreise, bei dem Bock von Schlanstedt so wenig fehlen durfte wie der Abt von Michaelstein, und keine Sorge, kein düsterer Gedanke trübte die Freude der festlichen Zeit. Als Bernhard sah, wie glücklich Oda seinen Bruder machte, faßte er eine aufrichtige Zuneigung zu der jungen Schwägerin und zeigte ihr dies durch unverhohlene Beweise entgegenkommender Freundschaft. Auch das Verhältnis

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