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aufs Schloß geritten, wo sie Odas und Eilikas Pferde schon gesattelt und gepackt fanden. Als Albrecht gehört hatte, daß Oda bei der Äbtissin wäre, hatte er sich von dieser Unterredung nichts Gutes versehen und war zu Odas Beistand geeilt. Jetzt kam er nun mit ihr die Treppen hinab auf den Hof; die vier saßen auf, kehrten dem Schlossen den Rücken und ritten durch den kühlen, nebligen Morgen ihres Weges nach dem Regenstein.

      Albrecht und Oda, noch von dem Auftritt mit der Äbtissin erschüttert und in ihren Gedanken damit beschäftigt, ritten voran, Bock und Eilika eine Strecke hinter ihnen.

      »Sehr Ihr wohl, herzliebe Jungfer Eilika! hab' ich es Euch nicht gesagt?« begann der vortreffliche Ritter zur Angebeteten seines Herzens, »nun reiten wir wieder denselben Weg wie vor einem halben Jahre, aber wie anders heute, als damals!«

      Sie nickte ihm freundlich zu und sagte: »Heute folgen wir Euch lieber, mein edler Ritter, als damals, da Ihr uns ohne unsern Dank als Gefangene diese Straße schlepptet.«

      »So manches gute Ritterstück hab' ich vollführt,« sprach er wohlgefällig, »aber dies dünket mich von allen das beste, daß ich Euch gefangen nahm und auf den Regenstein brachte. Ein solcher Fang wird mir so bald nicht wieder glücken.«

      »Das wollen wir allerdings auch hoffen, Herr Ritter!« erwiderte sie lachend.

      »Denkt doch, welcher Gestalt sich das alles nach Will' und Gewalt des Mächtigen so wunderbar gefügt hat!« sagte er. »Ich hatte nicht anders gemeint, als von dem lieben Oheim in Quedlinburg, den Ihr mir damals frischbacken auf die Nase bandet, ein erkleckliches Lösegeld für Euch zu erhalten, und nun wird aus der Gefangenen, die Ihr als Euer Ehrenwadel ausgabt, die Herrin des Regensteins, und Ihr – Ihr braucht nun auch nicht Nonne zu werden.«

      »Meint Ihr?« frug sie aufmerksam.

      »Nein, holdseligste Jungfrau!« erwiderte Bock, »ich habe mein Herz geprüft und Eures auch, und so ich nur erst über andere umständliche Dinge mit mir einige bin, werde ich an den Herrn Grafen ein gebührliches Ansuchen richten, und wenn der Entscheid, wie ich hoffe, nicht abgünstig ausfällt, so werde ich eines Tages vor Euch hintreten, Jungfrau Eilika, und Euch fragen, ob Ihr Lust habt, die Gemahlin eines Ritters zu werden.«

      »Ach Herr Ritter!« sagte Eilika freudig bewegt und sehr verschämt tuend, indem sie sich auf den Hals ihres Pferdes beugte.

      »Antwortet mir jetzt nicht,« sprach er; »ich lasse Euch noch lange Zeit zur Überlegung, und wenn es Euch eine zu schwere Sache bedäucht, so ist es ja immer noch nicht zu spät, ins Kloster zu gehen.

      Eilika seufzte, aber der höfliche Ritter ließ die Unterhaltung nicht ausgehen und brachte das Gespräch auf andere Dinge. So ritten die beiden immer munter plaudernd neben einander her. –

      Zu derselben Stunde trug ein Bote vom Quedlinburger Schlosse einen versiegelten Zettel zum Bischof von Halberstadt; darin standen von zitternder Hand die Worte geschrieben:

      »Rächet mich und fordert! Jutta.«

      Neunundzwanzigstes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Es war ein trüber Herbsttag, als die Familie der Regensteiner auf ihrer hohen Felsenburg beim Hochzeitsmahle saß. Der Domherr Ulrich hatte nicht so schnell von Hildesheim herbeigeholt werden können, aber Bernhard mit seiner Reginhild, Poppo und Günther waren gekommen, und der würdige Abt von Michaelstein, der in seinem langen Leben schon viel Freud und Leid mit dem Grafenhause geteilt und den Ehebund des neuen Paares heut in seiner Klosterkirche eingesegnet hatte, saß als hochgeehrter Gast an Odas Seite und ihm gegenüber der Ritter Bock von Schlanstedt.

      Odas Blicke hingen dankerfüllt an Albrechts Antlitz, denn mit ihrem bescheidenen Sinn sah sie in seiner Liebe und in der beseligenden Wirklichkeit, sein Weib zu sein, eine überschwänglich große und unverdiente Gunst des Schicksals. Die übrigen nahmen an dem Glücke der beiden den innigsten Anteil; namentlich Reginhild kam der jungen Schwägerin mit schon bewährter Freundschaft herzlich entgegen und war mit ihrem munteren und gewandten Wesen mehr als die anderen bemüht, Leben und Heiterkeit in die kleine Gesellschaft zu bringen. Vollständig gelang ihr dies nicht. Alle wußten die näheren Umstände von Siegfrieds Tod und kannten den unseligen Befehl Albrechts, der ihn herbeigeführt hatte. Keiner maß dem älteren Bruder die geringste Schuld bei, sondern jeder bedauerte ihn um das schmerzliche Bewußtsein, das er durch sein Leben zu schleppen hatte, aber sie sahen ihn doch alle an Siegfrieds Stelle hier neben Oda und waren heute noch der Meinung, daß er diesen Platz nicht innehaben würde, wenn Siegfried noch lebte. Jeder suchte den Gedanken aus seiner Seele zu verbannen und las ihn doch wieder auf der Stirn jedes anderen, und was sie auch taten, um froh und fröhlich zu sein, – der Schatten Siegfrieds saß mit ihnen zu Tische und warf in jeden Becher Wein einen Tropfen Bitternis.

      Bald nach dem Mahle trieb Bernhard zur Heimkehr, so gern auch Reginhild noch geblieben wäre. Nur Albrecht zuliebe hatte er sich gezwungen, heiter und sorglos zu scheinen, was er doch nicht war. Er erblickte in Oda die eigentliche, wenn auch schuldlose Ursache aller Streitigkeiten und Kämpfe dieses Sommers, die fast mit dem Tage des Erscheinens der jungen Gräfin ihren Anfang genommen, zur Belagerung des Regensteins, zur Fehde mit Quedlinburg, zur Demütigung Albrechts und zum Tode Siegfrieds geführt und damit noch keineswegs ihr Ende erreicht hatten. Denn Bernhard wußte, was Albrecht noch nicht wußte, daß der Bischof von Halberstadt sich Albrechts Gefangenschaft zunutze gemacht und sich des Falkensteins bemächtigt hatte. Es stand also den Regensteinern ein erneuter Kampf mit dem immer weiter um sich greifenden Bischof bevor, und wieder um Odas willen.

      Gleich am Tage seiner Rückkehr auf den Regenstein war Albrecht noch zu Bernhard und Reginhild hinübergeritten, die den frei gewordenen Bruder mit überschwänglicher Freude empfingen. Fast sein erstes Wort war die Frage nach Bernhards Meinung über Siegfrieds Tod gewesen. Da hatte ihm Bernhard die befriedigendste Erklärung gegeben und sich mit Reginhild bemüht, ihn über die schweren Vorwürfe, die er sich selbst dieserhalb machte, zu beruhigen, ihm verschweigend, wie wenig er jenen verhängnisvollen Befehl Albrechts gutheißen konnte.

      So war in der Freude des Wiedersehens dieser Stein des Anstoßes zwischen den Brüdern beseitigt, aber das alte, herzliche Vertrauen zueinander war damit doch nicht wieder hergestellt.

      Bernhards von Zeit zu Zeit wiederholte Vorstellungen gegen Albrechts rastloses Streben nach Macht und Besitz und gegen die unheilbringende Festhaltung Odas hatten keinen anderen Erfolg gehabt, als daß aus diesen Meinungsverschiedenheiten allmählich eine merkliche Erkältung zwischen den Brüdern entstanden war und der ältere, kriegerischere, begehrlichere sich des stets wohlbedachten Rates des friedlicheren, genügsameren, jüngeren immer seltener bediente. Auf Bernhards Geheiß waren die beiden Harzgrafen von dem schon eingenommenen und besetzten Falkenstein wieder abgezogen und hatten diesen dem schnell zufassenden Bischof preisgegeben, worüber – so fürchtete der jüngere – Albrecht, sobald er es erführe, in keinen geringen Zorn geraten würde.

      Dieses alles und dazu noch das Zerwürfnis mit der leidenschaftlichen, schwer gekränkten Äbtissin, deren Rache der vorsichtig Abwägende ernstlich fürchtete, machte Bernhard schwere Sorgen und ließ an dem heutigen Tage keine frohe Stimmung in ihm aufkommen. Darum brach er frühzeitig auf und ritt mit seiner Gemahlin nach der Heimburg zurück.

      Poppo, Günther und Bock begaben sich darauf in eines der Weichhäuser, um mit den zu einem Festgelage vereinten Reisigen und Knechten noch einen Ehrentrunk auf das Wohl der jungen Herrin zu tun, und die Neuvermählten blieben mit dem Abte allein im Saale.

      Albrecht und Oda standen Arm in Arm vor dem großen gemauerten Kamin und blickten sinnend in das flackernde Feuer.

      Da trat der würdige Greis an sie heran, sah ihnen freundlich in die Augen und begann mit seiner milden, wohlklingenden Stimme: »Höret mich an, ihr beiden! Ich habe auf den Augenblick gewartet, wo ich mit euch allein wäre, und wäre es heute nicht gewesen, so wäre ich ein andermal gekommen, um euch das zu sagen, was mir meine Liebe zu euch und mein heilig Amt euch zu sagen gebietet. Mein Haar war schon ergraut, Albrecht, als ich dich, ein

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