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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Oda, hast du es gewußt, daß ich dich liebe?« frug er nun.
»Nicht gewußt und nie geglaubt und nie darauf zu hoffen gewagt, aber darum gebetet wie um meiner Seele Seligkeit!« sagte sie, mit innigem Entzücken zu ihm aufschauend.
»Und liebst mich, liebst mich wirklich?« sprach er glückestrunken.
»Ach! über alles Denken und Verstehen!« jubelte sie. »Seit ich dich zum ersten Male sah, bist du meines Lebens Stern und meines Herzens Abgott, Albrecht!«
»So sind wir eins auf ewig!« sprach er, »fortan soll uns nichts mehr trennen.«
Da schauderte sie leise zusammen und hauchte mit einem schmerzerfüllten Tone: »Siegfried steht zwischen uns. Er hat den Tod gesucht um meinetwillen.«
Albrecht fuhr betroffen auf. »Wer sagt das, Oda?«
»Er selber hat mir's angedeutet,« erwiderte sie, »beim Abschied; damit wir glücklich würden, sagte er.«
»Das hat er selber gesagt?« frug Albrecht.
Oda nickte.
»Siegfried ist in meinen Armen gestorben; seine letzten Worte waren: Nun bin ich euch nicht mehr im Wege;« halblaut nur, dumpf und gedankenschwer kam es von Albrechts Lippen.
»Er ist uns doch im Wege, Albrecht,« sprach Oda traurig. »Wie sollen wir ein Glück finden, um dessentwillen Siegfried in den Tod gehen mußte?«
Albrecht sah düster vor sich hin. So wie er die Geliebte hier in Armen hielt, so hatte es Siegfried gesollt, und so hatte er selber den verscheidenden Bruder gehalten, dessen Sterben die Brücke war, über die Albrechts und Odas Herzen zu einander kamen. Aber war Siegfried denn nicht in den Tod gegangen, damit sie beide glücklich würden? Hatte er dazu nicht dem Bruder die Botschaft von Odas Liebe gesandt?
»Oda,« sprach Albrecht nun, »ich will es dir gestehen: von Siegfried selber weiß ich es, daß du mich liebst.«
Sie sah ihn erschrocken an.
»Nicht er hat mir's gesagt,« fuhr Albrecht fort. »Als er mit der Todeswunde in der Brust am Wege lag, hat er's dem Ritter Bock vertraut, und der hat es mir gestern gesagt, wie er es dem Sterbenden hatte geloben müssen. Es ist ein Vermächtnis unseres Toten, daß wir uns lieben sollen und glücklich werden. Wir müssen es erfüllen, Oda, wie er es gewollt hat, und wie es unserer Sehnsucht will. An Siegfrieds Grabe wollen wir uns die Hände reichen, sein Geist wird uns segnen.«
»Aber wenn er es nicht tut, Albrecht?« frug Oda in bangem Zweifel. »Wenn er sich zürnend zwischen uns drängt und statt Segen Fluch und Unheil in unser Leben bringt? Albrecht, mir graut vor dem vergeltenden Schicksal!«
»Meines lieben Bruders Geist wird uns nicht schrecken, Oda,« versetzte Albrecht, »denn wir sind nicht schuld an seinem Tode. Er ging dahin, damit wir glücklich würden; laß uns an seine Liebe glauben und getrost den Bund schließen, auf den er mit verklärtem Antlitz lächelnd von oben niederschaut.«
»So sei es und gescheh' es denn in Gottes Namen, mein Geliebter!« erwiderte sie mit schimmernden Augen und bot ihm den Mund zum ersten Kusse. –
Nach dem Abendessen saß die Äbtissin einsam in ihrem Gemach an einem Tische, auf dem ein mit prächtigen Bildwerken geschmücktes Officiale aufgeschlagen lag. Sie hielt den Kopf in die Hand gestützt und blickte auf die großen, bunt verzierten Blätter, ohne zu lesen, was dort geschrieben stand.
Da trat die Kammerfrau ein und meldete eilig: »Gnädigste Domina, soeben hat sich Gräfin Oda mit dem Junker Florencius in die Krypta begeben.«
Die Äbtissin fuhr wie aus einem Traume geschreckt empor. »Wie sagst du? Gräfin Oda mit Florencius in die Krypta?« frug sie, als hätte sie nicht recht gehört. »Hast du dich auch nicht geirrt?«
»Nein, gewiß nicht, Domina!« erwiderte die Kammerfrau, »ich habe es mit diesen meinen Augen gesehen, wie sie beide zusammen durch das Portal getreten sind.«
Die Äbtissin erhob sich und schritt überlegend im Zimmer auf und nieder. »Geh,« sagte sie nach einer Weile, »und rufe mir sämtliche Damen des Kapitels zusammen. Sie sollen sich alle sofort hier einfinden, jede wie zu einem Bittgang mit einer großen Kerze versehen. Weiter sagst du ihnen nichts!«
Die Kammerfrau verbeugte sich und ging ab, um zu tun, was ihr befohlen worden war.
»O wir wollen die Heuchlerin entlarven!« sprach die Äbtissin, als sie allein war. »Eine Gräfin von Regenstein wollte sie werden, die tugendstrenge Unschuld, und gibt sich ein nächtliches Stelldichein mit einem Stiftsschreiber? Daher also der Übermut schon beim Frühmahl, daher das Lachen und Jubilieren den ganzen Tag! Darum also wollte sie an der Gruft ihres Verlobten nicht schwören, weil sie wohl wußte, daß sie das sündenfrohe Blut nicht bändigen würde! O wenn es doch Graf Albrecht erführe, wie sich seine keusche Lilie hier gebärdet!«
Immer heftiger redete sie sich in ihre Zornglut hinein, immer böswilliger sann sie über die unbarmherzigste Weise, die Verhaßte vor den Augen ihrer Stiftsgenossen zu brandmarken.
Die Konventualinnen, von jeher an die seltsamsten Launen ihrer Domina gewöhnt, fanden sich mit ihren Kerzen im Gemach der Äbtissin ein, allerdings neugierig, zu welchem Zwecke der außergewöhnliche Bittgang führen sollte.
»Vielliebe Schwestern,« sprach die Äbtissin zu den Versammelten, »wir haben uns fern von hier auf unserer Reise gelobt, wenn wir glücklich heimkehrten, mit unserem ganzen Kapitel ein stilles Dankgebet in der Krypta am Grabe unserer in Gott ruhenden ersten Vorgängerin, der Äbtissin Mathilde, zu tun. Kommt nun, das Gelübde zu erfüllen!«
»Gräfin Oda fehlt noch,« sagte die Scholastika; »soll ich sie rufen?«
»Nein!« erwiderte die Äbtissin schnell, »wir können auch ohne sie gehen.«
Da mochten manche der Damen, denen das üble Verhältnis der beiden nicht verborgen war, wohl merken, daß hier irgend etwas nicht in Ordnung war, aber nur Gräfin Adelheid frug leise: »Was hast du vor, Jutta?«
»Still! laß mich!« gab diese flüsternd zurück.
Die Kerzen wurden angezündet, und die Damen reihten sich zum feierlichen Zuge. Etwas vor der Äbtissin zu ihren beiden Seiten gingen die zwei jüngsten Konventualinnen, um ihr zu leuchten; sie selber schritt allein an der Spitze der übrigen. Sie brauchten nicht über den Hof zu gehen, sondern konnten unmittelbar aus dem Schlosse in die Kirche gelangen, deren Schiff sie bis zu jener Türe, die von dort zur Krypta führte, in tiefem Schweigen langsam durchwandelten.
Schon von der leise geöffneten Tür aus hatte die Äbtissin mit boshafter Freude die beiden Gestalten an den Königsgräbern sofort erblickt; aber weil ihr Oda den Rücken zukehrte und mit ihrem Körper den des Grafen verdeckte, so glaubte sie, die Verratene wirklich in den Armen des Stiftsschreibers zu überraschen, und eilte mit heißgieriger Fanglust auf ihre Beute zu.
Da, von dem Geräusch aufgeschreckt, wandte sich Oda zur Seite, und vor der Äbtissin stand auf einmal hoch und frei Graf Albrecht von Regenstein.
Sein Panzer blinkte im Lichterglanz, sein Blick traf fest und streng die Äbtissin; mit dem linken Arm hielt er Oda umfaßt, die sich in der ersten Bestürzung von ihm trennen wollte, nun aber zitternd und schutzsuchend sich an ihn lehnte.
Die Äbtissin war sprachlos, mit offenem Munde, weit aufgerissenen Augen, wie zur Bildsäule erstarrt; ihr stockte der Atem, ihr wankten die Knie. Den Kapitularinnen, die sich herzudrängten und sie im Halbkreis umgaben, bebten vor Staunen und Erregung die Kerzen in den Händen. Niemand sprach; es war ein fürchterliches Schweigen.
Endlich begann