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morgen!« erwiderte er.

      »Wohin?«

      »Dorthin!« er zeigte mit der Hand nach dem Huy, »nach Derenburg und von da über Danstedt nach Westerburg, muß neues Kriegsvolk mustern und nach den Gäulen sehen.«

      »Und mit wem?«

      »Mit meinem Schatten,« lächelte er, »aber warum fragst du?«

      »Ach! wenn ich doch mitkönnte!« seufzte die, »mir ist so schwer ums Herz.«

      »Ich bin ja zu Abend wieder bei dir,« beruhigte er sie; aber es war ihm selber tief beklommen zumute. Odas Fragen und ihre zitternde Angst ergriffen ihn mehr, als er sich merken lassen wollte.

      Ganz von ihrer beglückenden Liebe zueinander erfüllt, hielten sich die Gatten schweigend umfangen, und jeder suchte mit besorgten Blicken in der Seele des anderen zu lesen. Odas bleiches Gesicht war vom Widerschein der Abendröte sanft angeglüht, Albrechts Haar bekam davon an Stirn und Schläfen einen lichten Glanz, daß sein mächtiges Haupt wie von einem goldigen Schimmer umrandet war, und die Schatten ihrer beiden Gestalten lagen lang hingestreckt auf dem Felsen.

      »Sieh, wie herrlich die Sonne untergeht,« sagte Albrecht; »sie nimmt wieder einmal Abschied von einem schönen Frühlingstage, der nun unwiederbringlich dahin ist.«

      »Sie hat ihn selber geschaffen,« sagte Oda, »gerade so wie du mein Glück geschaffen hast, Albrecht! denn du bist die Sonne meines Lebens.«

      »Und du mein holder Frühling,« lächelte er; »nur daß ich nicht von dir scheide und dich in Nacht und Finsternis zurücklasse.«

      »Ja, das wäre Nacht, ewige Nacht, wenn du von mir gingest,« erwiderte sie mit schwimmenden Augen. »Albrecht, ich fürchte mich vor der Stunde, in der du von mir Abschied nimmst.«

      »Laß es uns gleich jetzt tun, Oda,« sprach er mild und ernst.

      »Jetzt? heute?« frug sie erschrocken. »Albrecht, willst du morgen in den Kampf?«

      »Nein, mein Lieb!« versetzte er ruhig; »aber dann könnte ich eines Morgens, ehe du aufwachst, mich still davon machen, und der bittere Abschied wäre uns erspart.«

      »Albrecht, dein Antlitz ist rot wie Blut,« rief sie erschrocken.

      »Es ist die Sonne, die untergehende Sonne,« sagte er.

      »Die untergehende Sonne!« hauchte sie und warf sich schluchzend an seine Brust. Er hielt sie still umschlungen und küßte sie auf ihr dunkles Haar. Da fühlte er, wie sie ihn fester an sich zog und am ganzen Körper erschauerte.

      »Komm hinab!« sprach er, »es wird kühl hier oben.

      Sie löste sich langsam aus seinen Armen, als könnte sie nicht von ihm lassen, warf sich ihm noch einmal entgegen, und nach einem stummen, tränenverschleierten Blicke küßte sie ihn heiß auf den Mund und sagte leise: »Komm!«

      Behutsam führte er sie die Felsenstufen hinab. Die Sonne war untergegangen.

      Am nächsten Morgen schickte Graf Albrecht den Ritter Bock mit einem Auftrage nach Benzingerode. Als Bock sah, daß Schatte für sich und seinen Herrn die Pferde sattelte, frug er ihn: »Wohin reitet Ihr heute?«

      »Westerburg,« gab Schatte zur Antwort.

      Darauf befahl Bock seinen Gesellen Rupfer und Springwolf, dem Grafen langsam zu folgen, doch so, daß dieser sie nicht bemerkte, und bei Derenburg zu warten, bis er selber mit Nothnagel und Hasenbart zu ihnen stieße. Dann ritt er mit den letzteren beiden ab.

      Bald war auch Graf Albrecht in den Bügeln und schlug mit Schatte den Weg nach Derenburg ein. Es war wieder ein warmer Tag, und der Graf hatte nur ein leichtes Kettenhemd angelegt ohne sein gestepptes Büffelwams. In Derenburg fiel die Besichtigung zu seiner Zufriedenheit aus; darum hielt er sich dort nicht lange auf, sondern ritt mit seinem Schildknecht in der Richtung auf Danstedt weiter, um beizeiten nach Westerburg zu kommen.

      Als sie die Holtemme hinter sich hatten und im ruhigen Schritt durch das hügelige Land ritten, sahen sie in ziemlicher Entfernung vor sich einen einzelnen Reiter, anscheinend einen Bauer in blauem Kittel, desselben Weges traben. Sie achteten seiner aber nicht, und er kam ihnen schnell aus dem Gesicht.

      Plötzlich wurden sie bei dem Dorfe Danstedt von einer Schar bischöflicher Reiter überfallen. Sie stürmten mit geschwungenen Schwertern auf Albrecht los, und Rudolf von Dorstadt als vorderster rief: »Holla, Herr Raubgraf! kennt Ihr den Pfaffenknecht noch?«

      Blitzschnell war Albrechts Schwert aus der Scheide. »Schurken und Mörder hat nur der Bischof!« rief er, und es begann ein verzweifelter Kampf. Wie ein Löwe wehrte sich Albrecht gegen die feindlichen Ritter, während sich deren Knechte über Schatte hermachten, der, von einem Kolbenschlag aufs Haupt getroffen, bald am Sattel hing und herabglitt. Albrecht hatte einen seiner Feinde mit einem wuchtigen Hiebe kampfunfähig gemacht, blutete aber selber schon heftig aus einer Kopfwunde und wurde dadurch am Sehen gehindert. Von beiden Seiten zugleich bedrängt, von zwei gewandten Fechtern in die Mitte genommen, konnte er seinem Schicksal nicht entrinnen. In dem Augenblick, wo er einen Hieb seines Angreifers zur Linken abfing, bohrte sich zur Rechten Rudolf von Dorstadts Schwert mit gewaltigem Stoß tief in seine Brust, daß er mit einem Aufschrei zurücksank und vom Pferde herab schwer zu Boden fiel.

      Die Mörder jagten nach vollbrachter Tat eilig davon und ließen die Überwältigten liegen, wo sie lagen. In dem einen war noch bewußtloses Leben; das Herz des anderen hatte zu schlagen aufgehört.

      Graf Albrecht von Regenstein war tot.

      Ritter Bock, mit seinen beiden Gesellen von Benzingerode kommend, traf die anderen zwei unweit Derenburg und ritt nun mit den vieren nach Danstedt zu, als ihnen auf dem Wege zwei reiterlose Pferde entgegen gelaufen kamen, die sie sofort als die des Grafen und Schattes erkannten. Bock stiegen die Haare zu Berge. »Sporen ein!« schrie er, und den Hufspuren nach sausten sie vorwärts. Auf der Mordstelle fanden sie die Erschlagenen, waren von den Gäulen herunter, sie wußten nicht wie, und bei den in ihrem Blute Liegenden.

      »Tot! tot!« heulte Bock mit Mark und Bein erschütternder Stimme, »zu spät! ein Vaterunser zu spät! er ist noch nicht kalt!« Dann lag er in wilder Verzweiflung über seinen toten Herrn gestreckt, selber einem Toten ähnlich, nur daß ein Zucken seines Körpers und ein leises Wimmern und Schluchzen von dem grenzenlosen Schmerze eines Lebendigen zeugten.

      »Schatte lebt noch!« rief plötzlich einer, und schnell waren sie alle, auch Bock, bei dem Schwerverwundeten, der schwach atmete und eben die Augen aufschlug.

      »Schatte!« rief ihn Bock an, »hörst du mich? kannst du sprechen? Wer ist's gewesen?«

      Mit größter Not brachte Schatte hervor: »Rudolf von Dorstadt, Albrecht von Bodenteich, Albert von Semmenstadt –«

      »Nur drei waren's?«

      »Und die Knechte. – Ist Graf –«

      »Tot, Schatte, tot!« jammerte Bock.

      »Dann – auch sterben,« hauchte Schatte.

      Die vier rauhen Gesellen, die den Tod in fast jeder Gestalt kannten, standen zitternd vor den beiden Erschlagenen, und ihre Augen wurden feucht. Bock kniete mit gefaltenen Händen neben seinem Herrn und starrte geistesabwesend vor sich hin, während ihm die hellen Tränen über die Wangen liefen.

      Endlich berührte ihm Nothnagel die Schulter und sagte: »Herr Ritter, wir müssen sie einbringen.«

      Bock nickte leise, rührte sich aber nicht von der Stelle.

      »Im Dorfe müssen sich die Schurken versteckt gehalten haben,« sprach Hasenbart, »sollen wir das Nest abbrennen?«

      Bock wandte sich langsam nach ihm um und sagte: »Holt einen Wagen.«

      Dann erhob er sich und sah nach dem Regenstein hinüber.

      »Es stimmt, es stimmt,« murmelte er. »Dies hier ist die Stelle, wohin der Tempelherr schaute in der Neujahrsnacht. Der hat's gesehen, was heute hier geschah.«

      Die

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