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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Unter diesem Namen lebt er heute noch, nach mehr als einem halben Jahrtausend, im Volksmunde seiner Heimat, und der Wanderer, der von dem Schlosse König Heinrichs des Vogelstellers in das Land hinabschaut, der sieht in der Ferne den trotzigen, schroff abfallenden Regenstein, auf dem heute noch staunenswerte, zum Teil unvergängliche Reste der gewaltigen Felsenburg stehen, gerade unter sich aber die alte Stadt Quedlinburg und in ihrer Umwallung die hohen Mauertürme, die Graf Albrecht auf seine Kosten erbauen lassen mußte. Das freiweltliche Hochstift, dessen Schirmvogt er war, hat noch zu Anfang dieses Jahrhunderts bestanden, bis es Napoleon 1803 aufhob. Es ist von diesem Schlosse aus von sechsunddreißig Äbtissinnen und einer Pröpstin (Aurora von Königsmark) regiert worden. Die letzte Äbtissin, Prinzessin Sophie Albertine von Schweden, starb 1829, und ein Vorfahr des Erzählers dieser Geschichte war ihr Stiftshauptmann, derzeit Kammerrat genannt.
Wenn nun der Wanderer vielleicht von den Gräbern König Heinrichs, seiner Gemahlin und seiner Enkelin, der ersten Äbtissin Mathilde in der Krypta durch das von Jutta von Kranichfeld erbaute schöne Portal herausträte und den Schloßberg hinab über den »Finkenherd« ginge, jenen Platz, der heute noch diesen Namen nach der Überlieferung trägt, daß man hier dem mit Vogelfang beschäftigten Herzog Heinrich von Sachsen die deutsche Königskrone überbrachte, so würde er bald nach dem stattlichen, alten Rathause gelangen. Hier könnte er heute noch Albrechts Käfig, »den Raubgrafenkasten«, sowie seine Waffen, Jagdtasche, Sporen und Urkunden und Briefe von ihm sehen, und wenn er auf der Gasse ein Quedlinburger Schulkind früge: »Kannst du mir sagen, wer Albrecht von Regenstein war?« so würde es lachend antworten: »Das weißt du nicht? das war ja der Raubgraf!«
Der Sachsenspiegel
Erstes Kapitel.
Etwa drei Pfeilschüsse vom Waldsaum entfernt lag ein einsames Gehöft an der Kreuzung zweier Landstraßen, deren befahrenste mäßig ansteigend in das Harzgebirge hineinführte. Viele von denen, die wegemüd daherkamen, Karrner und Handelsleute, Reiter und Fußgänger, machten hier halt, um sich und ihren Pferden einige Rast und Stärkung zu gönnen oder auch um für die Nacht Herberge zu nehmen. Denn über dem Eingange zu dem zweistöckigen Hauptgebäude aus Holzfachwerk mit vorspringendem Strohdach hing an einem ausgestreckten, schmiedeeisernen Arm ein Fassreif mit einer darin stehenden verrosteten Blechkanne zum Zeichen, dass dies Haus ein Gasthaus sei. Den gepflasterten Hof dahinter umgaben in weitem Viereck Speicher, Schuppen und Stallungen und daran schloss sich ein großer, mit einem Lattenzaun umhegter Garten, in welchem unzählige Apfel- und Birnbäume jetzt mit ihrer vollen Blüte prangten.
Von dieser umfangreichen Hofstatt aus hatte man einen freien Blick in die Landschaft, auf eine vieltürmige Stadt mit ragender Kaiserpfalz, auf Dörfer, grüne Getreidefluren und gelbe Rapsfelder und auf Höhen und Hügel mit vereinzelten Warten. Rechts und links zogen sich zackige Klippen in meilenlang ausgedehnter, aber durch Zwischenraume unterbrochener Kette durch die wellige Ebene dahin, und in bläulich dämmernder Ferne erhob der gewaltige Blocksberg seinen sagenumwobenen Gipfel.
In dem Baumgarten befanden sich fest eingerammte Tische und Bänke, in deren Platten und Bohlen mancherlei Figuren geritzt waren, gotischen Runen oder alten sächsischen Hausmarken ähnlich, und etliche Schreibkundige hatten ihren Namen oder nur seine Anfangslettern eckig und ungestalt eingeschnitten. Das war das Fremdenbuch des »Gasthauses am Scheidewege«.
Unter den hunderten von Bäumen. fiel ein großer Apfelbaum besonders auf, an dessen rundum breit ausladenden Zweigen sich Blüte dicht an Blüte drängte, einzeln, in Sträußchen und Büscheln, weiß und blassrot von wunderbarer Zartheit und Schönheit, dass es eine wahre Pracht und Augenweide war. Dort boten, abseits von den andern, ein kleinerer