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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Unterdessen ließ Graf Albrecht nicht nach, die Stadt zu berennen und ihr auf jede Weise, besonders durch Feuer zu schaden; allein es gelang ihm nicht, sie zu überwinden und als Sieger mit den Seinigen hineinzukommen. Einmal wäre dies beinahe geglückt. Das Hohe Tor war gestürmt und erbrochen und die Regenstein'schen schon in die Gasse dahinter eingedrungen, wurden hier aber von einer erdrückenden Übermacht gestellt, mit einem Hagel von Geschossen und schweren Steinen und mit Strömen siedenden Wassers und Öles überschüttet, so daß sie sich nach starkem Verluste zurückziehen mußten. Albrechts Grimm über die Fruchtlosigkeit seiner Anstrengung steigerte sich bis zu einer unnahbaren Wut.
Da erhielt er zu allem Mißgeschick eines Tages noch die unheildrohende und leider schon verspätete Kunde, daß der Bischof nach gepflogenen Unterhandlungen und gemachten Versprechungen nach Halberstadt zurückgekehrt war und, von dem wetterwendischen Volke jubelnd empfangen, einen prunkvollen Einzug in den Petershof gehalten hatte.
Aber der schlimmste Teil der Nachricht war der Zusatz, daß der Bischof eine gar ansehnliche Schar Reisiger teils neu geworben, teils von seinen Burgen mitgebracht hatte, die mit der schon kriegsbereiten Mannschaft des Rates ohne Verzug zum Entsatz der Stadt Quedlinburg aufbrechen sollte. Der Feind konnte also auch von dort jeden Tag, jede Stunde auf dem Kampfplatz erscheinen.
Albrecht wußte, was er von der Rache des infolge seiner Absage Vertriebenen zu erwarten hatte und schickte sofort Kundschafter auf die nächsten Berge. Während er nun eines Morgens mit seinen drei jüngsten Brüdern und dem Ritter Bock in der Nähe des Gröper Tores stand, bemerkte er auf den Mauern eine lebhafte Bewegung, die ein außergewöhnliches Vorhaben, wahrscheinlich einen Ausfall der Belagerten vermuten ließ.
Da kamen die ausgesandten Kundschafter und meldeten das Anrücken eines Heerhaufens von Halberstadt her; die Hauptmacht sei noch weit zurück, aber ein starker Vortrab Reiterei schon am Liebfrauenberge.
»Die müssen wir zurückdrängen, jedenfalls aufhalten, bis wir sehen, was hier vorgeht,« sprach Albrecht.
Dann – den Blick auf Siegfried gerichtet – fuhr er in kurzem Befehlstone fort: »Siegfried, du wirfst dich ihnen mit den Reitern entgegen; in dem Hohlwege zwischen den Weinbergen fällst du sie an, hältst sie auf, läßt sie nicht durch, solange du noch einen Mann zur Seite hast!«
»Herr! das wird ein heiß Stück Arbeit für Graf Siegfried,« sagte Bock. »Eine Reiterschlacht im Hohlweg ist ein mißlich Ding, und wir kennen noch nicht die Stärke –«
»Hilf nichts! es muß sein!« unterbrach ihn Graf Albrecht streng. »Du reitest natürlich mit!«
Siegfried aber ließ zum Aufsitzen blasen, und eine wilde Entschlossenheit in den kampfglühenden Zügen, preschte er mit Bock und den gepanzerten Reitern davon.
Graf Albrecht fuhr zu den zwei andern Brüdern fort: »Günther ans Hohe Tor, Bernhard bleibt am Öhringer, du, Poppo, hier! Ihr haltet Verbindung untereinander und unterstützt den am meisten Bedrängten. Bekommt ihr Luft, so schickt ihr, was ihr an Mannschaft entbehren könnt, den Weg nach Halberstadt zu; müßt ihr weichen, so geschieht es ebenfalls in dieser Richtung. Ist völliger Rückzug unvermeidlich – dann Sammeln um Burg Gersdorf, den Freunden entgegen.«
»Und Siegfried?« frug Poppo, »soll der mit seinen Reitern im Hohlweg allein bleiben? Er weicht nicht, aber –«
»Ich folge ihm mit einem Fähnlein, sobald ich hier alles in Ordnung sehe,« erwiderte Albrecht.
Günther und Poppo rückten in die ihnen angewiesenen Stellungen und erwarteten dort schlagfertig den Feind. Albrecht schickte einen Reisigen mit denselben Nachrichten und Befehlen zu Bernhard vor dem Öhringer Tore und hielt dann zu Pferde mit einem Fähnlein Fußvolk auf einem Hügel, von wo er den Kampf übersehen und leiten konnte.
Siegfried trabte an der Spitze seiner Reiter den Halberstädtern entgegen. Er sprach kein Wort, sondern blickte mit fieberhaft glänzenden Augen lebhaft um sich, zum blauen Himmel empor, nach dem Harzwald hinüber und dann nach dem Regenstein.
Und endlich, ehe er in die Weinberge einbog, wandte er sich im Sattel, schaute noch einmal nach dem Schlosse der Äbtissin hinüber und winkte mit der Hand einen Scheidegruß hinauf.
Bald waren sie in dem Hohlwege, und als sie durch eine Biegung desselben geritten waren, sahen sie vor sich den Feind. Siegfried hob sich in den Bügeln, streckte das Schwert in der Faust hoch empor, und sich nach seiner Reiterschar umkehrend, rief er mit schallender, in höchster Erregung bebender Stimme: »Vorwärts! Sieg oder Tod!«
Ein wildes Kriegsgeschrei hüben und drüben, und die feindlichen Geschwader prallten mit einem fürchterlichen Stoße klirrend und krachend aufeinander. Es war ein verzweifeltes Fechten, ein Roß an Roß, Knie an Knie Drängen; Schwerter klangen und zuckten, daß Funken sprühten, und Kolben und Streitäxte schmetterten auf Hauben und Harnische. Auf beiden Seiten wurde mit äußerster Erbitterung gekämpft, und keine Schar wollte der anderen weichen. Wirr durcheinander mischten sich die von hüben und drüben, hier in einen dichten Knäuel verwickelt, dort im Einzelgefecht aufeinander losdreschend. Im stärksten Gewühl, von vielen umringt, kämpfte Siegfried, heldenkühn, todverachtend; ihm so nahe wie möglich Ritter Bock, ihm helfend, ihn schützend, sein eigenes Leben für ihn in die Schanze schlagend.
Endlich nach furchtbarem blutigen Ringen gewannen die Regenstein'schen die Oberhand; die Halberstädter warfen die Rosse herum und flohen rückwärts, die Sieger in toller Jagd hinter ihnen her. Reiterlose Pferde galoppierten den dahinsausenden Verfolgten und Verfolgern nach.
Im Hohlwege war es still. Verwundete wanden sich in Schmerzen, Sterbende und Tote, Schwert oder Kolben noch in der erstarrenden Faust, lagen durcheinander, übereinander; zwischen ihnen mit durchstochenem Leibe, schwer atmend, langsam verblutend, der jüngste, blühendste, blondeste der sechs Grafen von Regenstein.
Er lag etwas an der Seite des Weges auf dem Rücken und hielt die Linke auf sein zerschlitztes Kettenhemd gedrückt, wo zwischen den Panzerringen unter der Brust sein rotes, warmes Blut hervorquoll. Die Augen schauten zum hohen Himmel empor, und ein stilles, friedliches Lächeln umschwebte sein Antlitz. –
Da kam Bock auf den Kampfplatz zurückgesprengt. Bei der Verfolgung hatte er Siegfried vermißt und suchte ihn nun. Als er ihn liegen sah, stieg er vom Pferde und rief ihn an: »Graf Siegfried! verwundet? wie steht es mit Euch?«
»Es ist aus,« erwiderte Siegfried mit matter Stimme, »Stich in die Brust, – tief genug.«
»Nun, nun!« sprach Bock beruhigend, so erschrocken er auch war, »das wächst wieder zu. Bei Eurer Kraft und Jugend heilt alles schnell.«
Siegfried bewegte das Haupt und sagte: »Nein, Bock, es heilt nicht alles. – Alter, treuer Freund, komm her! – ich habe dir ein Geheimnis zu vertrauen, – das nicht mit mir begraben werden darf.«
»Graf Siegfried!« rief Bock, »Herr Gott im Himmel –!« aber weiter kam er nicht. Der Vielerfahrene hatte schon manch einen so liegen sehen und kannte den Blick, mit dem ihn Siegfried anschaute.
»Höre genau zu, Bock, – was ich dir sage,« sprach Siegfried. »Gräfin Oda hat mir gestanden, daß Siegfried nicht mich, – sondern meinen Bruder Albrecht mit ganzer Seele liebt. – – Sag's ihm, Bock, – wenn ich tot bin, – sag's ihm; hörst du, – aber nur ihm selbst, keinem anderen, – ich durfte es nicht.«
»Euer Wunsch soll erfüllt werden, Graf Siegfried, wenn ich den Tag überlebe,« erwiderte Bock, in tiefster Seele ergriffen. Dem kampfgestählten Manne brachen die Tränen aus den Augen und rollten ihm die braunen Wangen hinab. Er schleppte seinen Liebling mit zärtlicher Vorsicht an den Wegrain und legte ihn dort an die Böschung des Rasens.
»Danke!« hauchte Siegfried. »Lieber Freund, lebe wohl! – reite, Bock, reite! – laß keinen durch!«
Bock konnte nicht bei ihm bleiben; er mußte seinen Reitern nach und sah auch – ach! leider nur zu klar und deutlich,