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Entscheidung über die Burg mit einem kühnen Handstreich überhoben zu sein.«

      »So! das dachtet Ihr und spranget zu wie – nun wie ein echter Raubgraf,« sprach die Äbtissin bitter und erregt. »O, es gab eine Zeit, wo Ihr anders dachtet, Herr Graf! wo mein Wort Euch etwas galt, wo mein leisester Wunsch bei Euch Erfüllung fand und Ihr nichts tatet, von dem Ihr nicht wußtet, daß es mir recht und lieb war. Wenn Ihr es vergessen habt, ich weiß es noch und stehe wie um alle Hoffnung betrogen vor dieser Wandlung, staunend, ratlos, an Euch verzweifelnd. Was tu' ich nun mit Euch? Ihr habt meine Hoheitsrechte angetastet, die ich unerschütterlich bewahren muß und bewahren will. Soll ich das ruhig mit ansehen, ohne Widerspruch zu dulden? Nimmermehr! auch nicht von Euch! Ihr seid Richter im Gau, – vor welche Schranke zieh' ich Euch? Ihr seid der Schutzvogt des Stiftes, – wer schützt mich vor Euch? Ihr wart mein Freund, – und nun? Wollt Ihr mich unter Euren Feinden sehen?«

      »Auf einen mehr kommt mir's nicht an,« sprach Albrecht.

      »Stets hab' ich Eure Macht zu mehren gesucht, aber Ihr seid unersättlich. Blind hab' ich Euch vertraut, auf Eure Treue geschworen und mein Recht bei Euch in den sichersten Händen gewähnt. Euretwegen brach ich mit dem Bischof, für Euch überwarf ich mich mit dem Rat da unten in der Stadt, um Euch wies ich die Grafen von Blankenburg ab, Euch zuliebe schloß ich die Augen vor dem wüsten Treiben der Mönche dort in dem von Euch befestigten Kloster. Aber alles umsonst! Ihr laßt es Euch gefallen, nehmt es hin wie einen Zoll an der Straße und lacht die gutmütige, leichtgläubige Törin hinter ihrem Rücken aus. Das ist Euer Dank und Eure Freundschaft!«

      »Seid Ihr bald fertig?« frug der Graf.

      »Ja, ich bin fertig,« erwiderte sie, von neuem Atem schöpfend, »fertig mit diesem Befehl: Ihr räumt die Lauenburg noch heutigentages! Kein Regenstein'scher Mann darf in ihren Mauern bleiben!«

      Der Graf schüttelte das Haupt. »Ich gab dem, der darin sitzt, einen andern Befehl: Niemand kommt in die Burg als ein Regenstein'scher Mann!«

      »Wem gabt Ihr den Befehl?«

      »Dem Burgvogt, meinem Bruder Siegfried.«

      »Eurem Bruder Siegfried?« Wieder machte die Äbtissin die ihr eigentümliche Bewegung mit dem stolzen Zurückwerfen des Kopfes, und, den Grafen mit blinzelnden Augen ansehend, sagte sie übermütig: »Und Gräfin Oda ist auch mit auf der Lauenburg?«

      Dem Grafen schoß das Blut ins Gesicht, und scharf und rauh klang die Antwort: »Domina! Verliert nicht ganz den Verstand!«

      »Wo ist Oda?« frug sie mit einem Tigerblick.

      »Auf dem Regenstein! wo sonst?«

      Die Äbtissin brach in ein höhnisches Lachen aus. »O Herr Graf, so viel Verstand hab' ich noch, um dies Gewebe zu durchschauen! Darum also konntet Ihr's nicht abwarten, die Lauenburg zu bekommen, um einen Platz zu haben für Euren vielgeliebten Bruder Siegfried, der Euch als Dritter zuviel war auf dem Regenstein! O gut versorgt, gut ausgedacht, Herr Graf! Hat es Euch denn Euer lieber Bruder auch recht gedankt, daß Ihr ihn zum Burgvogt kürtet?«

      In Graf Albrecht siedete es. Die geballten Fäuste auf seine stürmenden Brust drückend stand er mit loderndem Blicke der Äbtissin gegenüber. Aber sie hielt den Blick aus und bebte nicht. Da zwang er mit Riesenkraft den wilden Aufruhr in seinem Innern nieder und sagte mit voller Ruhe: »Gnädige Frau! was ich getan habe, bleibt getan, und Ihr werdet morgen anders darüber denken. Wie wäre es, wenn wir nun wieder Frieden machten und Ihr mit Eurer schönen, großen Schrift Euren fürstlichen Namen unter den Lehensbrief setztet?«

      Die Äbtissin eilte zum Tische, ergriff das Pergament und es dicht vor dem Grafen mitten durchreißend und ihm die Stücke vor die Füße werfend, rief sie zornglühend: »Hier die Antwort!«

      Was tat da Graf Albrecht? – Er sprach: »Domina, wie wunderschön seid Ihr in Eurem Zorne!« Und wie die Äbtissin so dicht vor ihm stand, umschlang er sie plötzlich mit raschen Armen, daß sie sich nicht rühren und regen konnte. »Seht, Gräfin Jutta,« rief er, »so fest wie Euch hier halte ich die Lauenburg, mit oder ohne Lehensbrief! Und so besiegle ich meine Treue als Euer Lehensmann!« Und ehe sie sich dessen versah, fühlte sie seinen Kuß auf ihrer Stirne. Dann ließ er die Halbbetäubte los. »Lebt wohl, Domina!« sprach er lachend, »und auf Wiedersehen!«

      Und lachend schritt er hinaus und warf die Tür dröhnend hinter sich zu.

      Die Äbtissin stand wie gelähmt, als fehlte ihr Besinnung und Atem. Dann sich ermannend, klingelte sie und befahl der eintretenden Kammerfrau, augenblicks den Stiftshauptmann Willekin von Herrkestorf rufen zu lassen. –

      Im dämmerkühlen Refektorium des Klosters Sankt Wiperti saßen Graf Bernhard und Ritter Bock von Schlanstedt mit dem dicken Prior Bavo und zwei anderen rotwangigen Mönchen beim Weinkruge und harrten der Ankunft Albrechts. Ein Becher stand schon für ihn bereit.

      Endlich trat der Erwartete ein.

      »Gott segne Euren Eingang, Herr Graf!« sprach sich erhebend der Prior mit seiner fetten Stimme, während einer der Mönche schnell den leeren Becher füllte.

      »Eurer Seele zur Labung, Eurem Leibe zur Genesung, hochedler Herr!« sagte Bruder Malchus, dem Grafen den Becher entgegenhaltend.

      »Ist zwölfjähriger Hallgartener Ausstich,« sagte Bruder Alexius. »Gebenedeit sei Euch der Trunk, Herr Graf!«

      »Amen!« sagte Bock und trank mit.

      Graf Bernhard sprach kein Wort; forschend hing sein Blick am Angesichte seines Bruders.

      »Gottes Lohn, ehrwürdige Brüder!« sprach Albrecht und trank in durstigen Zügen.

      »Ah!« machte er dann und stieß den Becher auf den schweren Eichentisch. »Noch einen! Das war ein Tropfen auf einen heißen Stein.«

      »Hast du –?« frug Bernhard mehr mit den Augen, als mit Worten.

      »Nein,« erwiderte Albrecht kopfschüttelnd, »komm, laß uns reiten!«

      Aber die Mönche baten, daß er noch bleiben möchte, und er ließ sich bereden, setzte sich zu ihnen und war fröhlich und guter Dinge nach dem harten Streit mit der leidenschaftlichen, eifersüchtigen Frau dort oben auf dem Schlosse.

      Als aber der hohe Steinkrug wieder einmal leer war, litt Albrecht nicht, daß er von neuem gefüllt wurde, sondern brach mit Bernhard auf, gefolgt von Bock und seinen sechs Reisigen.

      Unterwegs, während die böse Sieben, schwerlich mit einer guten Absicht, hinter den Herren zurückblieb, erzählte er Bernhard seinen Auftritt mit der Äbtissin; nur die seltsame Art, wie er von ihr Abschied genommen, verschwieg er dem Bruder. »Aber laß sie nur,« schloß er, »wir behalten, was wir haben, und ich wette, was du willst: über dem Zorn der Domina geht die Sonne nicht siebenmal unter. Außerdem wüßte ich ein Mittel, den Lehnsbrief morgen am Tage von ihr zu bekommen.«

      »Ein goldenes Ringelein?« frug Bernhard lächelnd.

      »Nein,« erwiderte Albrecht, »Gräfin Oda heißt den Preis, für den ich alles von ihr haben könnte.«

      »Gib ihn hin!« sagte Bernhard schnell. »Du kannst das Fräulein doch nicht bei dir allein auf dem Regenstein behalten.«

      »Warum nicht?« frug Albrecht mit umwölkter Stirn. »Ich habe ihr meinen Schutz gelobt und lasse sie nicht im Stich.«

      »Gib acht, Albrecht,« sprach Bernhard mit besorgter Miene, »um dieses Mädchens willen werden uns Feinde wachsen und harte Kämpfe erblühen.«

      »Daran wird es uns in nächster Zeit sowieso nicht fehlen,« versetzte Albrecht.

      »Wenn du Oda der Äbtissin nicht überantworten willst, so gib sie uns auf die Heimburg unter Reginhilds Obhut,« drängte Bernhard.

      »Nein! sie bleibt, wo sie ist!« sprach Albrecht kurz und barsch, gab seinem Braunen die Sporen und ließ ihn in einem langen Trabe wacker ausgreifen, daß Bernhard über des Bruders Eile seine eigenen Gedanken hatte.

      Als sie an den Regenstein herankamen, bemerkten sie auf der Höhe

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