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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Hier links schaut auf der Regenstein mit seiner obersten Felskante noch über die Berge herüber,« sprach Bernhard, »aber meine liebe Heimburg ist nicht sichtbar.«
»Ja, du hast hier ein schönes Stück vom Harzgau unter deinen Augen, Siegfried!« sagte Albrecht.
Siegfried schwieg. Viel lieber als den ganzen Harzgau hätte er etwas anderes vor Augen gehabt.
Unterdessen musterte Bock von Schlanstedt die kleine Besatzung und hielt den Knechten, die zu faul gewesen waren, die Zugbrücke aufzuziehen und das Fallgatter herabzulassen, mit gespreizter Würde eine nachdrückliche Standrede, die keine Schmeichelworte enthielt und damit begann: sie verdienten sämtlich ohne Gnade gehängt, gespießt, geköpft, geradebrecht zu werden, sollten ihrem Schöpfer und ihm selber danken, wenn sie diesmal noch mit blutigen Nasen davonkämen und würden bald Gelegenheit haben, gewissenhaften Wachtdienst zu lernen. Den einen, der in der Stunde des Überfalls die Wache gehabt und geschlafen hatte, ließ er bis zum Abrücken krummschließen.
Albrecht erteilte Siegfried die nötigen Weisungen, wie er sich als nunmehriger Burgvogt hier zu verhalten habe, empfahl ihm, für das ehrenvolle Begräbnis Leutfrieds zu sorgen, und als er dann Abschied nahm, frug er ihn noch leise nach Aufträgen für Oda.
Siegfried erwiderte mit einem wehmütig schwärmerischen Ausdruck: »Vom Bergfried aus kann ich den Regenstein sehen. Sage der Gräfin, ich würde jeden Tag bei Sonnenuntergang hier auf dem Turme stehen und nach dem Regenstein hinüberschauen. Wenn ich dann glauben könnte, sie stünde daheim bei unserer Felsbank oben und blickte von dort hierher, so wollte ich mich dessen tröstlich freuen.«
Albrecht versprach, es dem lieben Mädchen zu bestellen, und gedachte dabei seines gestrigen Gespräches mit ihr auf jener Bank.
Von den Bewohnern der Lauenburg ließ Graf Albrecht nur den Rüstmeister und Waffenschmied, einen schon bejahrten, Vertrauen einflößenden Mann, ferner einen Jäger, der Weg und Steg im Forst kannte, und das Hausgesinde Leutfrieds dort zurück. Die Knechte nahm er alle mit, verteilte sie an die Gersdorfer und die Gunteckenburg und gab Siegfried eine Anzahl Knechte von diesen beiden Burgen, so daß die Besatzung der Lauenburg nun eine etwas stärkere ward, als sie bisher gewesen war.
Die drei Brüder ritten mit Bock und den Reisigen ab und gelobten, Siegfried bald zu besuchen. Stolz und glücklich, nun eine Burg unter seinem Befehl zu haben, und doch traurig, von Oda getrennt bleiben zu müssen, blickte der Zurückbleibende ihnen nach.
Günther kehrte mit seinen alten und neuen Knechten auf dem nächsten Wege nach Gersdorf zurück; die anderen ritten nach Quedlinburg.
»Das war ein Kinderspiel,« sprach Albrecht zu seinem Bruder Bernhard. »Wenn alles, was ich zwischen Oker und Bode noch haben möchte, so leicht zu nehmen wäre wie die Lauenburg –«
»Verlange nicht zu viel!« sagte Bernhard, »laß dir an dem genügen, was wir haben.«
»Bernhard, es ist ein köstliches Gefühl, über eine große Macht zu gebieten,« erwiderte der Ältere mit flammendem Blick. »Aber nun kommt's! Bernhard, willst du mit zur Äbtissin?«
»Fürchtest du dich, es allein mit ihr aufzunehmen?« frug Bernhard.
»Meiner Seele, ja!« sagte der Ältere.
»Ich würde dir gern beistehen, aber ich glaube, du kommst unter vier Augen weiter mit ihr,« lächelte Bernhard. »Ich werde beim Prior auf dich warten.«
»Meinetwegen, sei es so!« erwiderte Albrecht, »aber dann sprecht nur bei jedem dritten Becher ein Benedicite für mich.«
»Und das Gratias nachher zu dreien, wenn du kommst und deine Augen noch heil im Kopfe hast,« lachte Bernhard.
»Ja, und den Lehensbrief im Sack,« sprach Albrecht mit einem Stoßseufzer.
Die Äbtissin empfing ihren Schirmvogt mit um so größerer Freude, je weniger sie ihn schon so bald wieder erwartet hatte. Gleich nach seinem zornigen Abschied hatte sie wie stets, wenn ein solches Wetter bei ihr ausgetobt, ihre maßlose Heftigkeit gegen ihn bereut und ihm im stillen abgebeten. Zu dieser Erkenntnis, sich gegen ihn vergessen und vergangen zu haben, gesellte sich die Scham über ihre gewiß ganz überflüssige Eifersucht auf Oda, die sie ihm gar zu deutlich verraten hatte. Als er daher heute heiß ersehnt, aber unverhofft erschien, schlug ihm ihr Herz in Glück und Freuden entgegen. Heute, so nahm sie sich vor, sollte er nicht im Zorne von ihr gehen.
»Was bringt Ihr, Herr Graf? oder was bringt Euch?« frug sie mit lächelndem Angesicht.
»Eine Nachricht, gnädige Frau, die Euch vielleicht Trauer, mir aber Hoffnung erweckt,« erwiderte Graf Albrecht etwa beklommen.
»Das Rätsel rat' ich nicht,« sprach sie heiter. »Wie soll mir Trauer bringen, was Euch Hoffnung macht? Nennt mir Eure Hoffnung, so rate ich vielleicht meine Trauer.«
»Umgekehrt ist mir's lieber, gnädige Frau,« sagte der Graf. »Also mit einem Worte: Leutfried ist tot!«
»Nun,« entgegnete sie, »Ihr seht, ich kann mich fassen, und wenn Ihr den Alten nicht erschlagen habt, so will ich Euch den traurigen Botengruß verzeihen. Aber ist er denn auch wirklich tot?«
»So tot, wie ich hier lebendig vor Euch stehe!«
»So laßt ihn tot sein und setzt Euch, lieber Graf!« sagte Jutta.
»Jawohl,« sprach er, Platz nehmend, »wer reitet, der reitet, wer liegt, den läßt man liegen.
»Ja,« sagte sie, »und nun? – nun müssen wir wohl an einen neuen Burgvogt für die Lauenburg denken?«
»Ja, nun müssen wir an einen neuen Burgvogt für die Lauenburg denken,« wiederholte er mit beengter Kehle.
»Könnt Ihr mit einen Vorschlag machen, Graf Albrecht?« frug sie mit einem schelmischen Blick.
»Ich? nein! – das heißt – gnädige Frau, es ist doch Eure Burg, und auf Euch allein kommt's an.«
»Ja, ja, aber ich verstehe mich nicht darauf, wie eine Burg zu schirmen oder wie eine Burg zu überfallen und zu nehmen ist.«
»O damit könnt' ich dienen,« dachte Albrecht und fuhr sich mit der Hand über die feuchte Stirn.
»Ich mag keinen stiftischen Burgvogt wieder, will die Lauenburg überhaupt nicht behalten; sie bringt nichts ein,« sprach die Äbtissin.
»Nun, so gebt sie doch einem zu Lehen, der sich aufs Kriegsgewerbe versteht.«
»So dachte ich auch, Herr Graf; ich werde sie den Grafen von Blankenburg geben, die mir einen ansehnlichen Pfandschilling geboten haben,« sagte Jutta, und ihre Augen lachten vor Übermut und Schalkheit.
Aber Graf Albrecht bemerkte das nicht in seinem Schreck. »Den Blankenburgern? Domina! den Blankenburgern?«
»Ja, warum denn nicht?«
»Gnädige Frau, Ihr habt mir gelobt, die Lauenburg nicht hinter meinem Rücken wegzugeben.«
»Hinter Eurem Rücken! geschieht denn das? Ich denke, ich tue es vor Euren sehenden Augen?«
»Nie werden das meine Augen sehen!« sprach er mit fester Stimme.
»Herr Graf!«
»Nein! niemals! Die Blankenburger sind meine Feinde, und die Feinde Eures Schirmvogtes sind auch die Eurigen, Domina!«
Sie blickte ihn ein Weilchen halb schelmisch, halb innig an, streckte ihm dann die Hand entgegen und sagte warm und herzlich: »Ihr habt recht, Graf Albrecht! Eure Feinde sind auch meine Feinde!« Dann sprang sie mit einem fröhlichen Lachen auf und rief: »Und nun genug, Lehnensträger und Burgherr der Lauenburg! Wie könnt Ihr denn nur einen Augenblick denken, daß ich die Burg irgendeinem andern Menschen geben würde, als meinem ruhmreichen Schirmvogt Albrecht von Regenstein?«
Graf Albrecht war erstaunt