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Euch durchaus zu sich aufs Schloß haben und gab mit auf den Kopf schuld, ich hielte Euch hier mit Gewalt fest, nur um Euch nicht von mir zu lassen und immer in Eure schönen blauen Augen blicken zu können.«

      »Woher weiß sie denn –«. Oda vollendete die rasche Frage nicht; errötend brach sie ab.

      »Daß Ihr blaue Augen habt?« lächelte der Graf. »Das werde ich ihr wohl gesagt haben, werde ihr wohl erzählt haben, wie holdselig und wunderlieb Ihr seid, Gräfin Oda! und daß mit Euch ein Engel des Friedens und der Liebe seinen Wohnsitz auf dem Regenstein aufgeschlagen hat.«

      »Herr Graf!« hauchte die Erschrockene, der es in den Ohren sang und sauste.

      »Es ist so, liebe Oda!« sprach er mit tiefer Innigkeit, indem er sich zu ihr neigte und freundlich ihre Hand in die seine nahm.

      Oda schlug das Herz zum Zerspringen; ihre Hand zitterte heftig in der des Grafen.

      »Und die böse Jutta wollte mir das nicht glauben,« fuhr er fort. »Aber fragt nur meinen Bruder Siegfried, sagte ich zu ihr, der weiß es noch besser.«

      Odas Hand zuckte, und sie wollte sie dem Grafen entziehen; der hielt sie aber mit sanftem Drucke fest und frug: »Hat Euch Siegfried gesagt, daß er so bald nicht wiederkommt? daß er auf der Lauenburg bleiben wird?«

      »Nein,« erwiderte sie ruhig und konnte ihn unbefangen ansehen, »davon weiß ich nichts.«

      »Ich haben es so angeordnet,« sprach er, »und Ihr müßt nun eine Zeitlang mit mir allein hier aushalten.«

      Odas Herz jubelte bei der Nachricht, aber bescheiden sagte sie: »Da werdet Ihr Euch hier sehr einsam fühlen, Herr Graf.«

      »Mit Euch, liebe Oda?« lächelte er, »das glaube ich nicht.«

      »Aber wenn nun die Äbtissin auf meinem Eintritt in das Stift besteht,« frug sie schüchtern, »muß ich dann nicht ihrem Gebote Folge leisten?«

      »Nein, darüber habe ich sie bereits aufgeklärt,« erwiderte er bestimmt.

      »Wird Euch das nicht ihre Gunst und Gnade kosten, wenn Ihr mich ihr verweigert?«

      »Wenn auch; darauf hin wag' ich es,« sagte der Graf und stand schnell auf.

      Auch Oda erhob sich, und sie gingen miteinander hinab zum Burghof.

      »Ich sehe Euch noch, eh' ich reite,« sagte der Graf, als sie zum Palas schritt, während er sich nach dem Marstall begab.

      Am Abend forderte der Graf einen Imbiß und ließ Oda bitten, sich zu ihm zu gesellen.

      Sie kam sofort und setzte sich zu ihm, nippte auch ihm zu Gefallen an einem Becher Wein, aß aber nichts.

      Graf Albrecht langte tüchtig zu, um sich für die Nacht zu stärken und sah daher nicht, daß Odas Augen nicht von ihm wichen und wankten. Er war völlig gerüstet und trug ein Büffelwams über dem Kettenpanzer; aber Schatte mußte draußen mit den Rossen lange warten, ehe sich der Graf heute von seinem Weinkruge trennte. Endlich erhob er sich, setzte die Sturmhaube mit der Helmbrünne auf und zog die Blechhandschuhe an. Ehe er auch mit der Rechten hineinschlüpfte, bot er Oda die Hand und sprach: »Lebet wohl, Gräfin Oda! und schlaft ruhig; Klinkhard, der Waffenmeister, wacht über Euch; Ihr seid unter ihm in sicherer Hut, und ich denke, spätestens morgen abend bin und zurück. Auf glückliches Wiedersehen, liebe Oda! Ich freue mich schon darauf,« schloß er mit einem innigen Blick.

      »Lebet wohl, Herr Graf! und Gott beschütze Euch!« erwiderte sie mit klopfendem Herzen.

      Sie geleitete ihn hinab auf den Hof. Er schwang sich in den Sattel und ritt eilig von dannen.

      Unten auf dem ebenen Weg im Walde gab er seinem Brun die Sporen und sprengte mit wildem Ungestüm dahin, daß Schatte auf seinem plumpen Gaul nur schwer folgen konnte und über den Gewaltritt seines Herrn den Kopf schüttelte.

      Oda stieg wieder zu der Felsbank empor und lauschte hinab. In der Abendstille drang durch die unbewegte Luft der Hufschlag der galoppierenden Rosse deutlich herauf und erstarb allmählich. Aber noch lange saß die Einsame dort mit ihren sehnenden Gedanken. Die Tiefe entschwand ihren Blicken; wie emporgehoben, wie über dem Irdischen schwebend fühlte sich Oda, und von den Sternen droben, zu denen sie fragend und vertrauend aufblickte, strahlte ihr wie aus unermeßlicher Ferne ein Schimmer von Hoffnung.

      Fünfzehntes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Die Lauenburg war von den Regenstein'schen genommen, und die Nachlässigkeit der Knechte des todkranken Burgvogtes hatte ihnen das Gelingen des Überfalles sehr leicht gemacht. Denn als die Angreifer beim Morgengrauen den steilen Berg in einer Seitenschlucht erstiegen und sich durch Hochwald und Gebüsch an die Burg heranschlichen, fanden sie nicht einmal die Zugbrücke über dem Wallgraben aufgezogen und die Wache am Tor in so festem Schlaf, daß sie die hallenden Schritte der Kommenden auf der Brücke nicht hörte; kein Anruf erfolgte, es blieb alles mäuschenstill in der Burg.

      Da ersann Graf Albrecht eine List. Er barg sich mit den Seinen im Walde, um den Sonnenaufgang abzuwarten. Dann ging er bei voller Tageshelle und nur von seinem Bruder Bernhard begleitet, an das Burgtor, und die beiden erhoben nun einen gewaltigen Lärm mit Klopfen und Rufen.

      Bald hörten sie eine verdrossene Antwort.

      »Wie lange wollt Ihr denn schlafen in Eurem Dachsbau?« rief Graf Albrecht. »Es ist nicht weit mehr von Mittag. Aufgemacht!«

      »Hoho! hoho! wer ist draußen!« klang es innen.

      »Der Schirmvogt unserer gnädigen Frau von Quedlinburg, Graf Regenstein!« rief Albrecht wieder. »Macht auf, ihr Tagediebe!«

      »Schirmvogt? Schirmvogt? oho! erst sehen!« gab der verschlafene Wächter zurück.

      Nun wurden mehrere Stimmen inwendig laut, aber niemand öffnete. Endlich steckte einer oben aus einer Luke des Torturmes den Kopf heraus, zog ihn aber schnell wieder zurück, als er die beiden Grafen auf der Brücke erkannte, die ihm zornig mit den Fäusten drohten.

      Jetzt entstand eine Bewegung hinter dem Tore, es gab ein Streiten und Schelten, und dann klangen die Riegel. Auch das Fallgatter hatten die Pflichtvergessenen nicht herabgelassen.

      Als sich nun der rechte Torflügel langsam auftat, schoben sofort die beiden Grafen kräftig nach, damit es schneller ging, und rasch eindringend versetzten sie den Knechten mit ihren Eisenhandschuhen so derbe Maulschellen, daß jene verblüfft zurücktaumelten und kaum so viel zur Besinnung kamen, um sich zur Wehr zu setzen. »Ihr verfluchten Schufte!« rief Graf Albrecht, »bewacht man so eine stiftische Burg? eine Burg der Frau Äbtissin?« Nun kamen die Regenstein'schen aus dem Gebüsch herzugelaufen, und jetzt gab es erst Hiebe, wie es vorhin noch keine gegeben hatte.

      Da erhoben die Überfallenen ein gellendes Notgeschrei und liefen immer schreiend dem Palas und Bergfried zu, aber die Verfolger waren ihnen auf den Fersen und drangen mit den Fliehenden zugleich ein, ehe diesen die aus dem Schlaf geschreckte wachfreie Mannschaft erfolgreichen Beistand leisten konnte. Plötzlich erschien auf der Treppe des Palas die wankende Gestalt des alten, siechen Burgvogtes im Nachtgewande, ein bloßes Schwert in der kraftlosen Rechten.

      Graf Albrecht rief ihm zu: »Bleibt da, Leutfried! Euch geschieht nichts; wir sind's, die Regensteiner!«

      Aber nur ein Ächzen und Stöhnen war die Antwort des Alten. Zuckend ergriff er mit der Linken nach dem Herzen, dann brach er, vor Schreck vom Schlage gerührt, zusammen, und sie trugen ihn als Leiche auf sein mit der höchsten, letzten Anstrengung eben verlassenes Bett.

      Darauf hatte aller Widerstand ein Ende. Die Regensteiner waren im Besitz der Burg.

      Graf Albrecht befahl, ein Frühmahl zu rüsten, und nachdem sich alle erquickt hatten, nahm er mit seinen Brüdern eine genaue Besichtigung der Burg vor, die zu seiner Zufriedenheit ausfiel.

      »Sieh da, Siegfried,« rief Günther, »wie frei und

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