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Bernhard das alles mit angehört!

      »Gnädigste Fürstin, nehmt meinen übervollen Dank!« sprach er, freudig ihre Hand ergreifend.

      Aber sie entzog sie ihm und sagte mit einem liebenswürdigen Schmollen: »Abbitten müßt Ihr mir, daß Ihr mir anderes zugetraut habt! – überhaupt, halt! Ehe Ihr dankt, sollt Ihr bitten. Ich will um die Lauenburg gebeten sein. Ich habe noch nie eine Bitte aus Eurem Munde gehört und möchte doch einmal sehen, in welcher Art und Gestalt es sich ausnimmt, wenn ein Graf Albrecht um etwas bittet.«

      O mein Gott! dachte Albrecht, ich soll noch um die Burg bitten, und Siegfried sitzt schon darin mit seinen sechzehn Mann! Aber es half nichts.

      »Achtbare Fürstin, ehrwürdige Domina, lobesame, gnädige Frau und Äbtissin des freiweltlichen Stiftes zu Quedlinburg! Ich bitte Euch ganz freundlich und dienstlich, so ich am besten weiß und kann, um Belehnung in Gunst und Gnaden mit Burg Lauenburg!« sprach er mit ritterlicher Höflichkeit.

      Worauf sie mit hoheitlicher Anmut erwiderte: »Hochgeborener Herr Graf, ehrsamer Schirm-, Schutz- und Edelvogt! Wir Jutta, von der Gnade Gottes Äbtissin des Gotteshauses zu Quedlinburg, geloben und bekennen und werden nachmals zu Stetigkeit und Urkund in einem offenbaren Briefe bezeugen und besiegeln, daß wir Euch in Gunst und Gnaden unsere Burg Lauenburg zu einem rechten Lehen leihen wollen. Stehet auf, mein Lehensmann!«

      Er hatte gar nicht gekniet, und sie hatte auch die letzten Worte mit einem schalkhaften Lächeln gesprochen. Nun ergriff er ihre Hand und führte sie mit zärtlicher Ehrerbietigkeit an seine Lippen, indem er sagte: »Ich danke Euch noch einmal, gnädige Frau und Fürstin!«

      Der Graf atmete sehr erleichtert auf, aber in seinem Gewissen fühlte er sich doch nicht frei.

      Die Äbtissin klingelte und befahl der aufwartenden Kammerfrau, den Stiftsschreiber herzusenden.

      »Florencius,« sprach sie darauf zu dem Eintretenden, »stellt für den Herrn Grafen einen Lehensbrief über die Lauenburg aus.«

      »Hab' ich schon im Vorrat fertig und bereit, gnädige Frau!« erwiderte Florencius mit selbstgefälliger Genugtuung; »nur der Name des hochgeborenen Lehensträgers fehlt noch in dem Briefe.«

      »So füget ihn schleunig hinzu, mein fürsorglicher Schriftling,« sagte die Äbtissin gnädig, »und dann bringt mit das Pergament zur Unterschrift.«

      Florencius entfernte sich wieder, um den erhaltenen Auftrag zu vollziehen.

      Nun trennten den Graf Albrecht nur noch Minuten von dem rechtlich verbrieften Besitz der Lauenburg. Wenn er den Lehensbrief aus Juttas Händen nahm und schwieg, so war die Sache damit entschieden und über Wunsch und Erwarten schnell erledigt. Vielleicht, ja wahrscheinlich erfuhr die Äbtissin dann niemals, daß die Besitzergreifung der Burg schon vor der Belehnung stattgefunden hatte, sondern blieb zeitlebens in dem Glauben, daß die erstere die berechtigte Folge der letzteren gewesen sei. Aber es kam ihm doch wie eine Täuschung des Vertrauens vor, wenn er der Äbtissin nicht vorher gestand, daß er die Burg wider Fug und Recht bereits genommen hatte. Tat er dies jedoch, wer bürgte ihm dann dafür, daß die Äbtissin ihm seine eigenmächtige Handlung billigte und mit ihrem Namen deckte? Würde sie nicht die kühne Tat als eine handgreifliche Verletzung ihrer Hoheitsrechte betrachten und darum der vorweggenommenen Wirklichkeit die nachträgliche Bestätigung versagen? Geschah dies aber, so war die Gunst des Augenblicks verscherzt und verloren und die Hoffnung auf einen gütlichen Ausgleich mit der beleidigten Fürstin für längere Zeit eine sehr geringe.

      Während Graf Albrecht noch zwischen Schweigen und Reden schwankte, kehrte Florencius zurück, überreichte der Herrin die schön geschriebene Urkunde und ging dann wieder ab.

      Die Äbtissin bereitete das Pergament auf dem Tische aus, setzte sich und griff zur Feder.

      Da trat Graf Albrecht schnell herzu, legte seine Hand auf die ihrige, mit der sie die Feder eben ansetzte, und sprach: »Schreibt noch nicht, Domina! Hört mich erst!«

      Sehr verwundert blickte sie zu ihm auf. »Wollt Ihr die Lauenburg nicht?« frug sie lächelnd.

      »Domina, – ich habe sie schon.«

      »Ihr meint, mein Wort genügt Euch? es bedarf keines Briefes zwischen uns?« sprach sie freundlich.

      »Ich meine, daß ich die Lauenburg heute früh bei Sonnenaufgang erstiegen und genommen habe,« erwiderte er.

      »So habt Ihr geträumt, und mit diesem Federzuge ist Euer Traum aus, das heißt erfüllt,« sagte sie und fügte mit einem innigen Blick hinzu: »Ich glaub' es Euch; wie leicht, wie gern träumt man, was man wünscht!« Und aufs neue tauchte sie die Feder ein.

      »Nicht geträumt, – getan hab' ich's!« rief er nun fast ungeduldig. »Ich habe die Lauenburg diese Nacht mit meinen Brüdern und einer Handvoll Reisigen erritten, erstiegen, überfallen, eingenommen und besetzt. Ich kann es Euch doch nicht deutlicher sagen, und Ihr solltet es wissen, ehe Ihr schriebet.«

      Jutta warf die Feder auf den Tisch und rief mit scharfer, lauter Stimme: »Und meinen Burgvogt erschlagen?«

      »Nein,« erwiderte der Graf, »den hat niemand angerührt; er starb vom Schreck. Und, Domina, es war Zeit, daß er starb. Die Burg war bei dem todkranken Alten in schlechten Händen; die Brücke war nieder, die Wache schlief; jedem Feinde wäre die Burg auf den ersten Anlauf zugefallen.«

      »Und das wußtet Ihr?«

      »Nein; sonst hätt' ich's Euch gesagt oder die Burg schon früher genommen,« entgegnete er.

      »Und jetzt habt Ihr sie wirklich genommen? Und es ist kein Scherz?« frug sie noch immer sitzend und noch immer zweifelnd.

      »Nein! ich habe sie wirklich genommen,« erwiderte er.

      Da schnellte sie auf. Wie eine gereizte Löwin vor dem Sprung auf den Feind stand sie da mit funkelnden Augen, mit wogender Brust. Die Stimme versagte ihr. Mit langen Schritten rauschte sie durch das Zimmer an ihm vorüber, als sähe sie ihn nicht. Dann blieb sie weit von ihm stehen, verschränkte die Arme und warf den Kopf in den Nacken, daß ihr das Haar in breiten Wellen um die Schultern flutete.

      »Verrat und Friedensbruch übt Ihr an mir, Herr Schutzvogt? Und führt dann einen elenden Possen vor mir auf? Schmachvoll, ganz schmachvoll ist das, Herr Graf von Regenstein!«

      »Laßt Blitz und Donner los! ich bin gepanzert,« erwiderte der Graf. »Wenn Ihr wieder hören könnt und wollt, so sagt es!«

      Er umspannte mit der Linken den Schwertgriff, um einen Halt zu haben und blickte, ohne sich von der Stelle zu bewegen, durch die Fensteröffnung starr in die Weite.

      »Ich will nichts hören!« rief sie in Trotz und Grimm. »Glaubt Ihr, daß ich mit mir spielen lasse? Nehmt Kindern ihren Tand und belügt sie zu ihrem Heile! Aber mich zu bitten, mit falschen, lächelnden Lippen zu bitten und mit dem schlechten Gewissen, schon hinterlistig geraubt zu haben, was mein ist, was ich Euch in der Lust und Hoffnung meines Herzens zugedacht hatte sei Jahr und Tag, womit ich Euch ehren und erfreuen wollte, das mir, Eurer Fürstin, wegzunehmen, wie ein Dieb in der Nacht den blinkenden Goldreif von der Stirn der sorglos Schlummernden stiehlt! Ist das ritterlich, Herr Graf von Regenstein?«

      Albrecht schwieg und rührte sich nicht.

      »Antwortet! ich frage Euch, ob das ritterlich ist!« wiederholte sie bebend und mit einer raschen Bewegung nähertretend.

      »Weibessinn begreift nicht Rittersinn,« sprach er kalt und von ihr abgewendet.

      »Eine höfliche Antwort! wie das Tun, so das Reden!« grollte die Äbtissin.

      »Das Tun solltet Ihr loben,« erwiderte Graf Albrecht nun nachdrücklich und sich lebhaft umkehrend. »Es war Gefahr im Verzuge; nur so konnte ich Euch und dem Stifte die Burg erhalten, daß ich sie selber als Lehen nahm, rasch nahm. Meinetwegen tat ich's auch, ich will's nicht verhehlen, denn ich brauche sie zu meiner eigenen Sicherheit. Die Blankenburger streckten die Hände danach aus, die Quedlinburger wollen sie haben, und der Bischof spannt seine Netze immer weiter und greift mit List und Gewalt nach Burgen und Städten. Als ich zuletzt hier

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