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fahren wird, wenn er sich –«

      »Wenn er sich den Hals endlich abgesoffen haben wird, willst du sagen,« unterbrach ihn Bock. »Aber nun ist's genug. Die Mönche von Huysburg brauen ein starkes Bier, und ich will keinen Teil an deiner Höllenfahrt haben; der Tausendlistige wird dich auch ohne mich holen. Du weißt Bescheid. Laß dich bald sehen, Hinze, oder schicke mir Botschaft, wo ich dich treffen kann.«

      Ich komme selbst auf den Regenstein, wenn Ihr mich heil wieder herauslassen wollt aus Eurer Mausefalle,« sprach der Alte.

      »Habe keine Sorge,« sagte Bock. »Dich können wir anderswo besser brauchen. Ich gelobe dir Sicherheit ein wie aus.«

      Damit erhob er sich, rief den Wirt und zahlte großmütig die Zeche für alle drei. Habernack wandte den Kopf rechts zu Nothnagel hin, der den Gäulen die Gurte festzog, während sein Blick links in Bocks kleinen Lederbeutel tauchte, worin leider nicht viel zu sehen war. Dann hing er seinen Ranzen um, reichte jedem die Hand und machte sich still auf den Heimweg.

      Bock schwang sich mit jugendlicher Leichtigkeit auf seinen Schecken, Nothnagel bestieg ebenfalls seine knochige Mähre, und Peter Rübenstreit verbeugte sich tief vor den Abreitenden, dankbar und zufrieden mit einem ganz ungerechterweise so übel berufenen Gaste, von dem er eine Zahlung nicht erwartet und nun doch ohne Abzug erhalten hatte.

      Nothnagels verwittertes und vernarbtes Gesicht mit dem grauen, struppigen Bart und Haupthaar, das ihm unter seiner Sturmhaube hervor auf die niedrige Stirn hing, lag in grämlichen Falten, als er neben seinem steif emporgereckten Ritter langsam dahinritt, der gar hoch und herrlich zu Roß saß, als käme er von einem glänzenden Siege.

      »Nothnagel,« begann Bock nach einer Weile, »dem Hinze Schabernack haben wir aber mal schlau die Würmer aus der Nase gezogen, he?«

      »Hm!« machte Nothnagel, »nach meinem dummen Verstande, Herr Ritter, will mich schier bedünken, als hätte er mehr von uns erfahren, als wir von ihm. Er weiß jetzt alles, und wir wissen gar nichts.«

      »Nothnagel, das verstehst du nicht,« sagte Bock großartig. »Da darfst du nicht hineinreden, denn du hast nicht wie unsereins die angeborene Gabe, dir das gehörig zurechtzulegen und darauf die bedeutendsten Schlüsse zu ziehen.«

      Dann drückte er seinem Schecken die Sporen in die Weichen und trabte ein Stück voraus. Nothnagel begriff ja doch nicht den höheren Sinn, in welchem der Ritter den wichtigen Auftrag seines Herrn so fein ausgeführt zu haben glaubte.

      Graf Albrecht war aber der Meinung Nothnagels, als ihm Bock nach seiner Rückkehr am Abend Bericht erstattete und sich sehr dick damit tat, nach was alle für Dingen er den Fahrenden ausgefragt hatte.

      »Ausgefragt!« hielt ihm der Graf ärgerlich entgegen, »ausgeschwatzt hast du, was der alte Botengänger nicht zu willen brauchte. Bock, ich bin nicht zufrieden mit dir!«

      Gesenkten Hauptes schlich der lange Ritter davon, und es ging allmählich ein Licht auf, daß ihn der pfiffige Alte rein ausgebeutelt und ihm Nachrichten entlockt hatte, die er zwar schon zu wissen vorgab, aber nur, um Bock sicher zu machen und zu genauerer Auskunft zu verleiten. Und dabei hatte er für jenen auch noch die Zeche bezahlt.

      »Daß dich der Bock stößt!« sagte er nun zu sich selber, »diesmal war's vorbei gestochen. Aber ich will's dem alten Saufaus gedenken, und Nothnagel ist ein Schafskopf, daß er mit keinen Wink gegeben hat; wozu habe ich den dummen Kerl denn mitgenommen?«

      Die einzige Neuigkeit, die Graf Albrecht von Bock erfahren hatte, war die Absicht des Bischofs auf die Stadt Aschersleben, die Albrecht aber nicht anders durchkreuzen konnte, als wenn er selber dem Bischof zuvorkam und die Stadt in seine Gewalt brachte. Dazu hatte er aber jetzt nicht Zeit, und so sehr ihn auch dieser neue Streich des Bischofs verdroß, der sich damit nach der Erwerbung von Schneitlingen noch fester im Schwabengau setzte und der Grafschaft Falkenstein noch näher rückte, beschloß er doch, keinen Einspruch dagegen zu erheben, um dadurch nicht den Ehebund der Fürstin Elisabeth mit dem Grafen von Orlamünde, die er beide lieb und wert hielt, zu verhindern oder zu verzögern. –

      Am andern Morgen stand Hinze Habernack vor dem Bischof von Halberstadt und erzählte diesem Wort für Wort alles, was ihm Bock von Schlanstedt unbewußt verraten hatte. Der Bischof war froh, von der ergangenen Fehdedrohung der Blankenburger gegen Graf Albrecht Kunde zu erhalten; endlich also hatten sie seinen unausgesetzten Mahnungen und Aufwiegeleien Folge gegeben.

      »Woher hast du das alles?« frug er den Schieläugigen.

      »Hochwürdigster Herr, ich roch den Braten,« erwiderte der Verschlagene, »und bin tagelang um den Regenstein herumgeschlichen, bis ich einen nach dem andern von dem gräflichen Volk auffangen und ausforschen konnte. Dabei ist aber auch mein bißchen Bares davongeflogen wie die Störche vor Bartholomä, denn ich mußte mir die Gesellen auf die Wirtsbank locken und ihnen auf meine Kosten brav einschenken lassen, daß sie mit beiwohnender Bierfeuchte ihre Weisheit auskramen sollten von allem, was ich für Euch, hochwürdigster Herr, zu wissen begehrte.«

      »Ich verstehe!« lächelte der Bischof, tat einen Griff in den Schrein und ließ klimpernd ein Häuflein Silbermünzen in die schnell ausgestreckte Hand des grinsenden Alten gleichen. »Komm' wieder, wenn du Neues weißt,« sprach er, »ich wiege dir's auf mit dem, was da im Kasten liegt.«

      Habernack kroch mit vielen Bücklingen rückwärts wie ein Krebs zur Tür hinaus. Draußen auf dem Gange beim Schein der Lampe zählte er gierig seinen Verräterlohn.

      »Hihihi!« kicherte er, »soll mich doch wundern, wer besser bezahlt, der Bischof oder der Graf, aber blechen sollen sie beide.«

      Vierzehntes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Bocks unbedachte Geschwätzigkeit gegen Habernack, besonders daß er dem alten Landstreicher die Absicht der Regensteiner auf die Lauenburg verraten hatte, war dem Grafen Albrecht ein sehr ärgerlicher Zwischenfall, denn es war mehr als wahrscheinlich, daß der Bischof sowohl wie die Blankenburger von seinem Plane Kunde erhielten und ihm dann mindestens große Schwierigkeiten bereiten würden. Jetzt konnte er ihre Fehdedrohung und ihr Verlangen, ihnen selbst zur Lauenburg zu verhelfen, nicht mehr unbeachtet lassen, sondern mußte ihnen eine gebührende Antwort darauf geben, und damit dieselbe den gehörigen Nachdruck hätte, beschloß er, ihnen einen Besuch abzustatten.

      Er entbot auf den nächsten Tag die Besatzungen der Heimburg, der festen Häuser Westerhausen und Derenburg und der Vorwerke Benzingerode und Börnecke, vereinigte sie mit der gesamten Mannschaft des Regensteins und ritt an der Spitze dieser ansehnlichen Schar mit seinen Brüdern Bernhard und Siegfried nach Blankenburg. Der nur wenig geschützte Burgflecken wurde besetzt, das Schloß umstellt, und Albrecht forderte mit Bernhard Einlaß in dasselbe, nachdem er Siegfried den Befehl über das reisige Volk übergeben hatte mit der Weisung, das Schloß zu berennen und den Burgflecken in Brand zu stecken, wenn sie von oben mit dem Schwerte winkten oder binnen einer Stunde noch nicht wieder heraus wären.

      Der Einlaß wurde den beiden in voller Rüstung erscheinenden Grafen unter sotanen Umständen nicht verweigert, aber ihr Empfang seitens der Blankenburger, Vater und Sohn, war nicht der zuvorkommendste.

      »Wir sind den Herren Vettern noch eine Antwort schuldig und wollen sie zu mehrerer Klarheit der Sache selber bringen,« begann Albrecht, als er mit Bernhard zu ihnen in den Saal trat. »Ihr habt uns abgesagt mit Euren Gesellen wegen Gersdorf, wenn wir Euch nicht die Lauenburg verschafften. Denkt Ihr noch heute so?«

      »Allerdings tun wir das!« entgegnete barsch und finster Graf Berthold, ein untersetzter, stämmiger Mensch in den fünfziger Jahren von trotzigem und wüstem Aussehen.

      »So möcht' ich Euch auf andere Gedanken bringen, Vetter,« sprach Albrecht. »Gersdorf ist unser, und die Lauenburg wird unser.«

      »Das wollen wir abwarten,« sagte Berthold.

      »Dazu rat' ich Euch auch,« erwiderte Albrecht. »Was geht Euch Gersdorf an? und wie könnt Ihr eine stiftische Burg

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