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Tat von deiner Burg Falkenstein ausgegangen ist.«

      »Ich hoffe es, Burkhard!«

      »Gott segne das Werk!« sagte der Mansfelder, und sie schüttelten sich die Hände und tranken auf gutes Gelingen.

      Den beiden Freundinnen war es ganz recht, dass die Herren sie allein gelassen hatten, denn sie sahen sich selten und hatten nun den Wunsch, sich wieder einmal gründlich untereinander auszusprechen.

      Auch Gräfin Irma war eine hübsche Frau, schlank, mit blondem Haar, graublauen, lustigen Augen und von zarter Gesichtsfarbe. Sie hatte, obwohl Mutter von zwei Kindern, nicht die liebreizende Fülle wie Gerlinde, die dennoch einen jugendlicheren Eindruck machte als die um zwei Jahre Jüngere. Die Blonde und die Schwarze bildeten einen anmutigen Gegensatz zwischen der norddeutschen und der südländischen Rasse, und auch in ihrem Wesen zeigte sich ein beträchtlicher Unterschied. Irma war leichtlebig, flink und beweglich, während Gerlinde die äußerlich gelassenere, innerlich aber tiefer angelegte, leidenschaftlichere Natur war.

      Fröhlich plaudernd wandelten sie aus dem Empfangsraum nach dem Gemach der Burgherrin. Hier aber, schon beim Öffnen der Tür, bekam Gerlinde einen Schreck und wollte über die Schwelle vorauseilen, um in dem Zimmer schnell etwas zu verdecken, was die Eintretende nicht sehen sollte. Zu spät; Irma schritt sofort auf den Stickrahmen zu, der am Fenster stand und von dem die gerade daran beschäftigt Gewesene bei der Meldung des überraschenden Besuches aufgesprungen war ohne an die Beseitigung der heimlichen Arbeit zu denken.

      »Ei wie schön!« rief Irma, »was soll das werden? Wohl ein Kursit? Und wie kunstvoll ist das beinah fertige Wappen, bei dessen Ausführung ich dich gestört habe, denn die Nadel steckt noch darin. Aber das ist nicht das gräflich Falkensteinsche; ist es das deines fränkischen Geschlechts?«

      »Nein, es ist das Wappen des Herrn von Repgow,« gab Gerlinde verlegen zur Antwort.

      »Ach, das ist euer Gast, der das Buch hier schreibt. Ja, reitet denn der noch in die Schranken? Ist er denn nicht ein Rechtsgelehrter, ein alter Herr, bei dem von Turnier und Lanzenrennen keine Rede mehr sein kann?«

      »Da irrst du, es ist kein alter Herr,« lächelte Gerlinde. »Im Gegenteil, er ist noch jung, ein stattlicher, streitbarer Ritter, der zu Fuß und zu Pferd, mit dem Schwert und mit der Feder seinen Mann steht. Sieh ihn nur erst und dann urteile selbst!«

      Das in den Rahmen Gespannte war allerdings ein Kursit von blauer Seide, d. h. ein kurzer, ärmelloser Wappenrock, wie ihn die Schildbürtigen bei festlichen Aufzügen oder Turnieren über dem Harnisch zu tragen pflegten.

      Irma hatte, die Stickerei betrachtend, Gerlindes Verlegenheit nicht bemerkt. Jetzt horchte sie jedoch auf und fragte, nachdem beide auf der Wolfsfellbank Platz genommen hatten:

      »Ist dieser Herr von Repgow dir ein willkommener Gast?«

      »Anfangs war er mir das nicht, und es wurde mir nicht leicht, mich mit ihm zu vertragen,« erwiderte Gerlinde. »Er huldigt kirchenfeindlichen Grundsätzen, die er auch in seinem Gesetzbuch zur Geltung bringt und über die wir mehr als einmal hart aneinander geraten sind. Aber als ich ihn allmählich näher kennen lernte, flößte er mir immer mehr Vertrauen, immer größere Achtung ein, die sich bald zu dem Gefühl der Bewunderung steigerte.

      Ich versichere dir, Irma, noch niemals ist mir ein Mann begegnet, bei dem Ritterlichkeit und Gelehrsamkeit, ernster Sinn und froher Lebensmut so herrlich vereint waren wie bei Herrn Eike von Repgow.«

      »Du singst sein Lob in hohen Tönen,« warf Irma ein.

      »Muss ich auch,« rief Gerlinde, »und es reicht noch lange nicht an das heran, was er wirklich ist. Wenn du ihn voll Begeisterung von seinem umfassenden Werke reden hörtest, würde er dir als ein sieghafter Held erscheinen, der sich mit seiner Willenskraft die halbe Welt erobern könnte.«

      Aus der Maßen erstaunt über die schwärmerischen Worte der Freundin fragte Irma:

      »Ja, sage mir, Gerlinde, — liebst du ihn denn?«

      »Ja! Ich liebe ihn,« bekannte Gerlinde errötend, doch frei und stolz.

      »Weiß er das?«

      »Ja!«

      »Und — liebt er dich wieder?«

      »Ich glaube es, aber — —«

      »Nun? Was aber? Sprich weiter! Weshalb der bange Seufzer?«

      »Wir sollen unserem Glück entsagen, verlangt er,« gestand Gerlinde.

      »Verlangt er, dein turnierfähiger Gast, der willensstarke Held?« lachte Irma hell heraus. »Du, auf diesen geharnischten Büßer mit der Dornenkrone der Entsagung in den Locken bin ich neugierig.«

      »Seine Liebe ist eine so selbstlose, dass er mir um meiner Herzensruhe willen das Opfer strenger Zurückhaltung bringt.«

      »Ein seltsames Mittel, Herzensruhe zu schaffen und Sehnsucht zu stillen,« spöttelte die Mansfelderin. »Von stummer Verehrung wird ein hungriges Herz nicht satt. Hauche dem Marmorbilde warmes Leben ein, dass es aus seiner Starrheit erwacht und von dem hohen Sockel unbeweglicher Tugend mit offenen Armen herabsteigt. Frauen wie wir vermögen über die Männer alles, was wir wollen.«

      »Ich darf aber nichts wollen und wagen, was wider Gottes Gebot wäre. Die heilige Jungfrau würde zürnend ihr Angesicht von mir abkehren, und ich wäre eine Verlorene.«

      »Du sollst dich nicht verlieren, sollst deinem Herrn Gemahl nicht Hals über Kopf untreu werden,« sprach Irma. »Aber,« fuhr sie fort, »in eurem trübseligen Eulennest hier, wo hinreichend dafür gesorgt ist, dass die Bäume der Lustbarkeit nicht in den Himmel wachsen, darfst du dir wohl einmal ein kurzweiliges Minnespiel erlauben, das deiner unsterblichen Seele keinen Schaden zufügen wird. Wenn dein nachsichtiger Gewissenspfleger, der Abt von Gröningen, im blütenprangenden Wonnemond wiederkommt, dir die Beichte abzunehmen, wird er dich für das Beten von drei Rosenkränzen gern von dem fröhlichen Sündenfall absolvieren.«

      »Irma!« begehrte Gerlinde empört gegen die Spötterin auf, »wenn du das ein kurzweiliges Minnespiel nennen kannst, so begreifst du den furchtbaren Ernst meiner Lage nicht, in der ich mich verzweifelnd abquäle, in der ich mit mir ringe und kämpfe, dass es fast über meine Kräfte geht. Ich ertrag’ es nicht länger, und – «

      Stürzende Tränen erstickten ihre Stimme.

      Nun endlich sah die leichtherzige, aber keineswegs gefühllose Freundin, dass es sich hier doch um eine echte, große Liebe handelte, eine Angelegenheit so verhängnisvoller Art, dass guter Rat dabei teuer war. Sie zog die Weinende in ihre Arme und redete ihr tröstlich zu:

      »Ruhig, Linde, ruhig! Ihr werdet euch beide schon auf den richtigen Fuß miteinander zu stellen wissen. Suche eine offene, trauliche Aussprache mit dem Ritter, damit ihr eine Form des Umganges findet, an dem ihr eure Freude haben könnt. Ich kann mir denken, was du dagegen einzuwenden hast, aber jetzt nichts mehr davon! Du bist schon aufgeregt genug. Komm’ hinaus ins Freie, lass dir vom frischen Herbstwind die heißen Wangen kühlen und schöpfe Atem, gewinne Ruhe. Komm’! Wir gehen auf den Altan.«

      Das taten sie. Auf dem Altan sagte Gerlinde:

      »Hier war es, wo uns Eike von Repgow zuerst Plan und Inhalt seines Buches offenbarte; nie vergesse ich jenen Frühlingsabend.«

      Dann standen sie an der Brüstung und schauten sinnend in das friedliche Tal hinab. Was der Wind Gerlinde in die Ohren raunte, verriet sie nicht.

      Statt Eike durch Folkmar zum Mittagessen rufen zu lassen, holten ihn die beiden Grafen selber aus seinem Zimmer dazu ab.

      Schon über diese ihm erwiesene Ehre war er hoch erfreut, noch weit mehr aber über die ihm vom Grafen von Mansfeld zuteilwerdende Anerkennung seines unbeirrten Strebens, Rechtseinheit im Sachsenlande zu schaffen.

      »Kann ich Euch bei Eurer schwierigen Arbeit einen Dienst oder irgendwelche Hilfe leisten, Herr von Repgow, so bitte ich, über mich zu verfügen,« schloss Graf Burkhard seine Begrüßung, während er Eikes Hand fest in der seinen hielt.

      »Ich

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