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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Genügt Euch das, Herr Ritter?« schloss Wilfred seinen Vortrag.
»Vollkommen! Du scheinst bei dem Reppechower in der Kunst des Gesetzemachens etwas gelernt zu haben,« erwiderte Dowald. »Aber wird er das alles so Wort für Wort in sein Buch aufnehmen?«
»Um das durchzusetzen müsst Ihr Euch hinter die Frau Gräfin stecken,« sagte Wilfred. »Die vermag alles über den ihr jederzeit willfährigen Ritter von Repgow und kann von ihm verlangen, was sie will.«
Bis hierher hatte Eike die ungeheuerlichen Verrücktheiten, die der Ascharier schon bei seinem unwillkommenen Besuch hier in übermesslichen Wünschen zum Besten gegeben hatte, regungslos mit angehört. Als aber der unverschämte Schreiber es wagte, Gerlinde in so beleidigender Weise bei der Durchführung der ihm von dem alten Abenteurer eingetrichterten Maßregeln heranzuziehen, geriet er in kochende Wut, sprang herzu, packte den Steinkrug, ihn dem nichtswürdigen Gesellen an den Kopf zu werfen und — erwachte aus seinem wüsten Traum. Er hatte sich bei der heftigen Bewegung des Ausholens zum Wurfe mit der Hand an den Bettpfosten gestoßen, und der ihm dadurch verursachte Schmerz hatte ihn geweckt. —
Der Morgen graute, und so dunkel es noch in Eikes Schlafzimmer war, wo er die darin befindlichen Gegenstände noch nicht mal recht unterscheiden konnte, so düster und dunstig war es auch in seinem Kopfe. Ob er überhaupt das alles in seinem Traume genau wörtlich so gehört hatte, wie er es sich einbildete, oder ob die Erinnerung an Dowalds damals geäußertes Verlangen nach einem so beschaffenen ritterlichen Schenken- und Schuldenrecht dabei stark nachhalf, wusste er selber nicht, dachte auch nicht weiter darüber nach.
Aber jetzt schon aufstehen? Bewahre! Er hatte noch lange nicht ausgeschlafen; das wollte er nachholen, und wenn auch die helle Sonne ihn noch auf dem Pfühl bescheinen sollte. Seine von anstrengender Arbeit überreizten Nerven bedurften der Schonung, und die wollte er ihnen angedeihen lassen. Er reckte und streckte sich wohlig im Bette, schloss die Augen, um von dem mit jeder Minute mehr eindringenden Tageslichte nicht gestört zu werden und entschlummerte noch einmal.
Zwölftes Kapitel.
Früher als er gewollt war Eike auf den Beinen, und nicht der Burg und Berg überflutende Sonnenschein war es, der ihn vom Lager lockte, sondern die innere Unruhe, die ihm seit gestern im Blute gärte, hatte ihn aufgerüttelt, dass es ihn nicht mehr im Bette litt. Ein strahlender Morgen begrüßte ihn. Kaum halb bekleidet riss er ein Fenster auf und sog mit durstigen Zügen die jetzt noch kühle Luft ein, die ihn wie ein spülendes Bad erfrischte. Das Tal lag zum Teil noch im Schatten, aber hier auf der Höhe flimmerte und funkelte es um die Stämme und im Gebüsch wie züngelnde Flammen. Die Blätter in den Wipfeln der Bäume wurden von einem leichten Winde bewegt und blinkten noch feucht vom Tau, der ihrem spätsommerlichen Grün einen frühlingsartigen Glanz verlieh.
Eike begab sich in sein schon ganz durchleuchtetes Arbeitszimmer nebenan, und da, beim Anblick seiner vielen Schriftstücke auf dem Tisch und im Büchergestell, schüttelte er die dumpfen Träume der Nacht vollends von sich ab. Die Träume, ja! aber leider nicht zugleich die Gedanken und Zweifel, die ihn vor den Träumen bedrängt hatten.
Es war doch immerhin möglich, dass ihn seine Wahrnehmungen täuschten. Gerlindes Zerstreutheit beim Schachspiel und ihre überstürzte Flucht konnten andere Ursachen haben als seine sie erregende und verwirrende Nähe, und ihrem Liede konnte sie einen anderen, weit in die Ferne gehenden Weg gewiesen haben als den zu ihm.
Was sollte er nun glauben und was nicht? Über Schein oder Wirklichkeit von Gerlindes Liebe musste er sich unter allen Umständen Gewissheit verschaffen, und dazu musste er wieder mit ihr zusammen sein, draußen unter freiem Himmel auf versteckten Pfaden, wo kein Mensch sie sehen und hören konnte.
Ihm fiel ein, dass sie ihn beim Schachspiel gefragt hatte, wann er einmal wieder auf die Berge stiege. Den Wunsch, ihn dann begleiten zu dürfen, hatte sie zwar nicht hinzugefügt, aber doch wohl im Stillen gehegt.
Heute schon wollte er ihn ihr erfüllen, obgleich er dann wieder kostbare Stunden verlor wie gestern, wo er den ganzen Vormittag müßig im Walde umhergestrichen war. An arbeiten war ja doch nicht zu denken, solange er von Zweifeln hin und her geworfen wurde wie ein steuerloses Schiff auf sturmbewegtem Meere. Wie aber, wenn sich Gerlinde weigerte, ihm in die Einsamkeit zu folgen? Nun, dann wusste er genug, dann getraute sie sich nicht mehr, mit ihm allein zu sein, weil sie sich vor ihm und wohl noch mehr vor sich selber, vor ihrer Schwachheit ihm gegenüber fürchtete.
Als Melissa kam und ihm sein Frühstück brachte, erkundigte er sich nach dem Befinden ihrer Herrin.
»Ich kann es nicht loben,« gestand Melissa mit bekümmerter Miene. »Die Frau Gräfin sieht blass und angegriffen aus wie nach einer schlaflosen Nacht, was ich gar nicht an ihr kenne. Sie ist überhaupt seit einiger Zeit anders als sonst, oft so schwermütig, als trüge sie ein heimliches Leid mit sich herum.«
Dabei blickte das kluge Mädchen Eike forschend an, der wohl merkte, dass Melissa mehr wusste als sie sagen wollte.
»So! Schlecht geschlafen,« sprach er, keineswegs überrascht von dieser Kunde. »Nun, da würde ihr eine kleine Wanderung durch den Wald gewiss gut tun. Bestelle ihr doch, ich ginge heute wieder auf die Berge, ob die Frau Gräfin mich begleiten wollte und ich sie dazu abholen dürfte. Und bringe mir Bescheid, Melissa!«
»Sofort, Herr!« erwiderte die gefällige Zofe, sichtlich froh über die ihr aufgetragene Botschaft, mit der sie leichtfüßig entschlüpfte.
Eike setzte sich zu seinem Morgenimbiss, ohne darauf zu achten, was und wie viel oder wie wenig er davon genoss, denn er war in zu großer Spannung, was Gerlinde beschließen würde. —
Bald kehrte Melissa zurück und meldete:
»Die Frau Gräfin ist sehr erfreut über den Vorschlag und erwartet den Herrn Ritter nach beendetem Frühmahl oder zu jeder ihm beliebigen Stunde.«
»Gut! Ich werde sie nicht lange warten lassen,« versprach er. —
In mindestens ebenso großer Erregung wie Eike befand sich Gerlinde nach Empfang seines Vorschlages, mit ihm auf die Berge zu steigen. Sie verhehlte sich nicht, dass sie sich ihm gegenüber auf dem Altan vergessen hatte, und sorgte, dass er sie durchschaut und ihren Gemütszustand richtig erkannt haben könnte. Zu welchem Zwecke wollte er sie nun sprechen? Entweder um sie als strenger Sittenrichter in die gebührlichen Schranken ihrer Pflicht zurückzuweisen oder, wenn das Herz auch ihm voll war von dem, was das ihrige erfüllte, um ihr das zu sagen und ihr seine Liebe zu gestehen. O Glück ohne Grenzen, wenn er das täte! Wenn er es nun aber nicht tat, sondern schwieg? — Mochte er kommen! Sie wollte ihn, wenn er nicht freiwillig beichtete, auf die Probe stellen, um zu erfahren, ob es heiß oder kalt in ihm war, und sie wusste auch schon, wo und wie sie das machen wollte.
Und Eike kam.
»Ein guter Gedanke, Herr von Repgow, mich auf Euren Waldgang mitzunehmen!«
Mit diesen Worten empfing ihn Gerlinde in der heitersten Weise und bot ihm die Hand, als er eintrat, aber das Herz klopfte ihr bei dem Wiedersehen nach dem gestrigen Abend.
»Ich konnte den Verführungskünsten dieses herrlichen Morgens nicht widerstehen und wollte auch Euch gern zu seinem vollen Genuss im Freien verhelfen,« erklärte er.
»Aber hat Euch denn Euer Studium Urlaub gegeben, Euch mir zu widmen, der Ihr doch so haushälterisch mit Eurer Zeit umgeht?« fragte sie.
»Gerade zu meinem Studium finde ich da draußen die beste Kraft,« erwiderte er.
»Ja, wenn Ihr allein geht und sinnt