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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Hochwürdigster Herr, sie sind noch drin,« erwiderte der Vogt.
»Das soll doch nicht etwa heißen, sie hätte das Schloß erstiegen?« schnob ihn der Bischof an.
»Doch, Herr! es ist so,« sagte Glefing. »Mit einem Male waren sie da, die fünf Grafen, Albrecht voran, bei zwanzig Pferde stark und mit ihrem reisigen Fußvolk vom Regenstein, von Derenburg, Schwanbeck und Crottorf und Bock von Schlanstedt mit den bösen Sieben. Das Tor zuschlagen und die Brücke abwerfen war ein; aber ehe wir die Armbrust aufbringen konnten, waren sie schon an der Mauer, und die Crottorfer hatten allerlei Kriegszeug zum Werfen mitgebracht, und damit fingen sie an, uns hart zu berennen. Das erste Mal fehlte es ihnen, und mancher von ihnen sank hin und stand nicht wieder auf; aber der Überdrang war zu groß gegen unser Häuflein. Als sie schon im Tore drin waren, gab es noch eine harte Schlacht, und Graf Albrecht rief mir zu, ich sollte zum Frieden mit mir handeln lassen, sonst würden wir schwerlich mit dem Leben davon kommen. Ich wies ihn ab, und da ging es ans Dreinhauen Mann gegen Mann, und als ich den Hieb auf den Arm kriegte, war's vorbei. Drei von den Unsern lagen tot, und vier waren verwundet; da mußten wir aus gedrungener Not klein beigeben. Sie warfen uns hinaus und haben eine starke Besatzung ins Schloß gelegt. Emersleben ist nun wieder Regensteinsch.«
Den Kopf in die Hand gestützt am Tische sitzend und an der Unterlippe nagend, hatte der Bischof den Bericht seines verwundeten Burgvogtes angehört, ohne ihn zu unterbrechen. »Der Herr der Hölle danke dir für deine Botschaft!« fuhr er dann mit einem Male heraus.
»Ihr habt sie ja noch gar nicht gehört, Herr!« erwiderte Glefing.
»Hast du noch mehr zu krächzen, Unglücksrabe?«
»Noch ein paar Worte vom Grafen Albrecht von Regenstein an Euch,« erwiderte der Vogt. »Ich soll Euch sagen, hochwürdigster Herr, das Schwert ließe den Krummstab grüßen, und was man mit einem Tausch mit einem ehrlichen Kaufbrief nicht kriegen könnte, das nähme man sich so wie Schwanebeck und Emersleben; das wäre weltlich Recht.«
»Scher' dich zum – Bader und laß dich verbinden!« knirschte der Bischof.
Der Vogt ging ohne Dank und Abschied davon. Der Bischof aber wandelte mit großen Schritten auf und nieder und murmelte Verwünschungen gegen den Grafen Albrecht. Schon etwas gefaßter sagte er in seinem zerrissenen Selbstgespräch: »Dahin wie daher! Was wir in Emersleben verloren, müssen wir in Wegeleben wieder aufbauen.«
Spät erst begab er sich zur Ruhe und warf sich noch lange auf dem Lager umher, bis sich der Schlummer seines aufgeregten, mit zahllosen Plänen zermarterten Gehirnes erbarmte und den macht- und ruhmbegierigen Mann dann doch noch mit beängstigenden Träumen quälte.
Fünftes Kapitel.
Leere Drohungen auszustoßen und im übrigen eine Sache auf sich beruhen zu lassen, war Graf Albrechts Weise nicht. Er hatte der Äbtissin gesagt, daß er sich erst Emersleben wiedernehmen und dann seine Rechnung mit dem Rate der Stadt Quedlinburg wegen des bischöflichen Aftergerichts begleichen würde. Das eine war vollbracht, jetzt sollte auch das andere geschehen. Er wählte dazu den Tag, an dem ihn Fürst Bernhard von Anhalt-Ballenstedt mit Burg und Gericht Gersdorf belehnte.
Nachdem die lehensrechtliche Handlung mit der hergebrachten Feierlichkeit an Ort und Stelle stattgefunden und Albrecht seinen zweitjüngsten Bruder Günther als Burgvogt daselbst eingesetzt hatte, ritt er mit seinem jüngsten Bruder Siegfried und einem kleinen Gefolge reisiger Knechte geradeswegs nach Quedlinburg. Dicht vor der Stadt kamen sie an den städtischen Vorwerken Tackenburg und Stumsburg und an dem hohen Baume unweit der vor dem Steinbrückentor belegenen Sankt Spirituskapelle vorüber. Der hohe Baum, eine mächtige Linde, war eine alte Dingstätte, an welcher über Fürsten und Grafen Gericht gehalten wurde, wo unter anderem auch im dreizehnten Jahrhundert die Teilung der Braunschweigischen Länder zwischen den Herzögen Albert und Johann, den Stammvätern der beiden nachmaligen Linien Braunschweig-Lüneburg und Braunschweig-Wolfenbüttel, vollzogen und förmlich ausgesprochen war.
An dieser Stelle vor dem hohen Baume wollte Albrechts Pferd nicht vorbei. Er zwang es mit fester Hand und sagte zu Siegfried: »Seltsam! Brun scheut vor dem Blutgeruch, als witterte er etwas von den harten Sprüchen, mit denen hier schon über manchen tapferen Mann der Stab gebrochen ist. Gott verhüte, daß jemals ein Regensteiner als Verklagter unter dieser Linde stehen muß!«
»Das verhüte Gott!« wiederholte Siegfried, »Albrecht, wie kommst du nur darauf?«
»Ich weiß es nicht,« sprach Albrecht, »aber die Tiere merken oft Dinge, von denen ein Mensch nichts ahnt, und ich achte gern auf die kleinen, stummen Winke von Roß und Hund, unseren guten Gesellen, die mich noch selten betrogen haben.«
Sie ritten durch das tiefgewölbte Tor in die Stadt hinein, und die Bürger wunderten sich über den unverhofften Besuch. Die Männer warfen dem Grafen Albrecht finstere Blicke zu, obwohl sie es an einem dienstlichen Gruße nicht fehlen ließen; die Frauen und Mädchen aber hatten ihre Freude an den beiden ritterlichen Gestalten, besonders Siegfrieds blühende Jugendkraft fand viel Gunst und Gnade in den Augen der Schönen. Dieser ritt nur durch die Stadt hindurch nach der Gunteckenburg, wo er auf den älteren Bruder warten wollte.
Aus dem Markte vor dem Rathause stieg Graf Albrecht ab, übergab sein Roß einem Knechte und schritt die breite Steintreppe hinan und durch die Tür, über welcher an der Außenseite des stattlichen Gebäudes ein großer gemeißelter und bemalter Reichsadler prangte.
Er hatte in Erfahrung gebracht, daß heute nachmittag eine Ratssitzung stattfinden würde, und war darum gerade heute gekommen. Den Ratsdiener, der seine Ankunft dem versammelten Rate melden wollte, schob er mit kräftigem Arm beiseite und betrat dröhnenden Schrittes den Sitzungssaal, wo sein plötzliches Erscheinen keine geringe Überraschung und keine große Freude hervorrief.
»Verzeihet, Wohledle und Wohlweise, daß ich eure gewiß sehr wichtige Beratung so jählings unterbreche; aber ich habe in Frieden und Freundschaft ein paar ernste Worte mit euch zu reden,« begann er zu den sich schnell erhebenden Ratsherren. Den Stuhl nicht benutzend, den ihm der Stadtschreiber herbeitrug, blieb er mitten vor der Versammlung stehen und fuhr, ohne eine höfliche Aufforderung dazu abzuwarten, in einem entschiedenen Tone fort: »Ihr wißt, Bürgermeister und Rat, wie ich über das vom hochwürdigsten Bischof von Halberstadt hier in der Stadt eingesetzte geistliche Gericht denke, und wer von euch es etwa noch nicht weiß, dem sage ich hiermit, daß ich diesen Eingriff in mein Recht als Schirmvogt und Gerichtsherr des Stiftes auch nicht einen Tag mehr zu dulden gewillt bin. Ist einem Bürger eurer Stadt von einem an meinen Malstätten gehegten Gerichte unrecht geschehen, das Recht verweigert, ein scheltbares Urteil gefunden, ein zu harter Spruch gefällt? Das frage ich euch!«
»Hochachtbarer Herr Graf,« sprach nun der erste Bürgermeister, »nicht wir haben das geistliche Gericht eingesetzt, sondern, wie Ihr selber sagt, der hochwürdigste Bischof von Halberstadt hat es getan.«
»Aber Ihr habt es geduldet!« erwiderte der Graf heftig und schlug mit der behandschuhten Eisenfaust klirrend und krachend auf die hölzerne Schranke vor dem Sitzungstische.
»Nur über geistliche, nicht über weltliche Dinge hat der Bischof hier einen Richter bestellt, Herr Graf,« erwiderte der Bürgermeister.
»Was geistlich und weltlich!« rief der Graf. »Wer das Gericht anruft, Pfaff oder Laie, der hat Recht zu nehmen von einem echten und gerechten Ding. Jeder arme Sünder mag in seiner heimlichen Gewissensnot zum Beichtmönch schleichen, und Pfaffengezänk mögen sie vor den Bischof bringen, aber in des Kaisers Namen Recht sprechen, das tu' ich oder die von mir bestellten Richter. Gebt Ihr das zu? oder wagt Ihr es zu leugnen?«
»Wir müssen es zugeben,« sagte de Bürgermeister nach einem raschen Blick über die Versammlung, die mit einem leisen Gemurmel zustimmte.
»Nun dann wißt Ihr auch, was Ihr zu tun habt,« sprach der Graf. »Ich belege Euch mit einer Buße von dreihundert Mark Stendalisch Silber