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Die wichtigsten Werke von Julius Wolff. Julius Wolff
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Werke von Julius Wolff
Год выпуска 0
isbn 9788027225194
Автор произведения Julius Wolff
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Sie haben uns gesehen.«
»Hurtig! macht, daß ihr auf die Gäule kommt!« befahl Bock. »Wir müssen sie fangen. Hasenbart und Gutdünkel rechts herum, Feuerlein und Springwolf links! Nothnagel mit mir! Rupfer, du bleibst hier und gibst acht, ob ihnen nicht etwa ein Geleit aus der Stadt entgegenzieht. Vorwärts! springt zu, meine Wölfe!«
Schnell waren sie im Sattel, und die vier sausten staubwirbelnd dahin, nach rechts und links einen Haken schlagend, um den Reisenden von zwei Seiten in die Flanken zu fallen, indes Bock mit Nothnagel gerade auf sie lostrabte.
Die Nahenden merkten sehr bald, daß sie von Wegelagerern umzingelt wurden, und den Frauen ward bang zumute. Aber an Flucht war nicht zu denken, und da Bock sah, daß sie keinen Versuch dazu machten, erhob er die Hand, und die vier ausgeschwärmten Knechte hielten sich, getrennt voneinander, zu beiden Seiten in kurzer Entfernung von jenen, ohne sie anzugreifen. Bock ritt den Fremden nun gemächlich im Schritt entgegen.
»Eilika, was fangen wir an?« sprach die eine der Reiterinnen in zitternder Angst. »Sag' ich meinen Namen und daß ich zur Äbtissin aufs Schloß will, oder sag' ich's nicht?«
»Sagt es nicht, gnädiges Fräulein!« riet dringend einer der Reisigen.
»Gnädiges Fräulein, mir kommt ein Gedanke!« sprach schnell die mit dem Namen Eilika angeredete Begleiterin. »In unseren Reisekappen sind wir nicht zu unterscheiden. Laßt uns tauschen; ich will die Herrin spielen, macht Ihr die Zofe. Vielleicht bring' ich uns durch.«
»Alles, was du willst, Eilika!« sagte die erste wieder mit bebender Stimme. »O Gott, sei uns gnädig!«
»Dann die Schleier vor!« flüsterte die Zofe.
Einen halben Pfeilschuß vor den Fremden blieb Bock halten; ebenso Nothnagel etwas hinter ihm. Gutdünkel rechts und Feuerlein links hatte die Armbrust aufgezogen mit dem Pfeil auf dem Stege. Die anderen beiden hielten den Speer auf dem Schenkel, und alle sechs faßten die Umstellten so scharf ins Auge wie Raubtiere das beschlichene Wild.
Die Reisenden näherten sich im unveränderten, ruhigen Schritt ihrer Pferde, als machte ihnen ihre Lage durchaus keine Sorge.
»Nur Mut!« sagte die Zofe leise halb zur Herrin, halb zu sich selber. »Hier hilft nur die größte Keckheit oder gar nichts. Ich brauche mein Mundwerk!«
»Halt!« gebot Bock im nächsten Augenblick mitten auf dem Wege.
Die Reiterinnen hielten dicht vor ihm, die Gesichter verschleiert.
»Ich bedaure, holde Unbekannte,« sagte Bock in einem geziert spöttischen Tone, »daß ich euch Ungelegenheiten verursachen und euch zu einem kleinen Umwege bereden muß. Wir bleiben nun zusammen; wollt euch unsere Gesellschaft gütigst gefallen lassen.«
»Ei Herr Ritter, Ihr wollt uns gutes Geleit nach Quedlinburg geben?« sprach Eilika mit einem wahrhaft herausfordernden Übermut, der außerordentlich echt und natürlich klang. »Ist vielleicht die Straße nicht sicher vor schweifendem Raubgesindel?«
Daß dich der Bock stößt! dachte der so kühn Gehänselte, die hat's hinter den Ohren! und laut sagte er: »Jawohl, mein gnädiges Fräulein! ich nehme euch unter meinen Schutz und bringe auch in ein sicheres Losier. Kommt nur! hier rechts herum geht der Weg.«
»Wie meint Ihr das. Herr Ritter?« frug Eilika wieder. »Ich denke, wir sind nahe am Ziel.«
»Das will ich euch sagen, wenn wir am Ziele sind, Fräulein,« erwiderte Bock.
»So sind wir Eure Gefangene, Herr? Ach, Herr Ritter, wehrlose Frauen!«
»Ich will's Euch nicht verschweigen, und es tut mir aufrichtig leid, mein gnädiges Fräulein!« entgegnete Bock mit einem verbindlich sein sollenden Lächeln und einer steifen Verbeugung im Sattel. Seinen Knechten, die er herangewinkt hatte, befahl er auf die zwei fremden Reisigen deutend: »Nehmt den beiden Wehr und Waffen ab!«
Das war bald geschehen, und nun schwenkte der Zug, von Bocks Knechten umringt, nach rechts ab. Er selber ritt vorn neben den Frauen, die bitter enttäuscht und wehmütig nach dem winkenden Schlosse dort oben schauten, ihrem eigentlichen Reiseziel, von dem sie sich nun immer weiter entfernten.
»Herr Ritter,« fing Eilika wieder an, »ich sehe, daß wir in Eurer Gewalt sind, aber ich hoffe, Ihr werdet mir eine Bitte nicht versagen.«
»Gewiß nicht, Fräulein,« erwiderte Bock, »wenn Ihr nur nicht verlangt, Euch von mir zu trennen.«
»Ich habe in Quedlinburg einen Oheim, der mich mit Sehnsucht heut erwartet,« sprach Eilika nun. »Er würde in große Unruhe geraten, wenn ich nicht käme. Erlaubt wenigstens, daß meine Zofe hier in die Stadt hineinreitet und dem lieben Oheim von meinem Verbleiben Kunde gibt.«
»In Quedlinburg einen Oheim, so, so!« sagte Bock, »und zu dem wollt Ihr Euer schmuckes Ehrenwadel da schicken. Nein, mein gnädiges Fräulein, die Bitte muß ich Euch abschlagen. Ihr scheint mir eine verwöhnte Dame, die gewiß einer sorglichen Bedienung nicht entraten kann, und auf der Burg meines Herrn laufen die Zöfchen und Ehrenwadel nicht so herum, daß wir Euch eins abtreten könnten.«
Die junge Herrin seufzte und zitterte unter ihrem Schleier.
»Es ist nicht fein, Herr Ritter, daß Ihr mir das versagt,« bemerkte Eilika spitz.
Bock zog die eckigen Schultern hoch und schwieg.
Er führte die Gefangenen, nachdem sie die wilde Bode an einer seichten Stelle durchritten hatten, in weitem Bogen um die große Kleerswiese vor dem Gröper-Tore, die sieben Hufen genannt, herum und dann über eine Brücke bei der Brunlakenmühle, die der Äbtissin gehörte, und wo der Regenstein'sche Ritter allzugut bekannt war, als daß man hier einen Versuch zur Befreiung der Gefangenen gewagt hätte, die sich auf dem Gehöft vergeblich nach Rettung umsahen.
Der Müller stand in der Tür seiner klappernden Mühle, und Bock grüßte ihn: »Guten Tag, Meister Krage! hätt' ich Zeit, würd' ich Euch um ein Säcklein Mehl ansprechen, aber ich habe keine Zeit.«
»Ich bin auch so zufrieden, Herr Ritter!« antwortete der Müller, und Bock lachte.
Nun ritten sie unter dem Galgenberge hin, und Bock sagte: »Seht nicht hinauf, Fräulein! Da oben zappelt allerlei häßliches Zeug in der Luft; es ist mir nur Euretwegen lieb, daß wir vor dem Winde reiten.«
Den Jungfrauen grauste, und sie wandten sich ab. Nachdem sie, immer noch im Bogen um das Weichbild der Stadt herum, einige Hügel überschritten hatten, gelangten sie bald in flaches Feld, wo sich nach einiger Zeit der auf der Bockshornschanze zurückgebliebene Rupfer zu ihnen gesellte. Der Weg ging nun schnurgerade an einer zur Linken ausgestreckten Hügelkette entlang auf Haus und Dorf Westerhausen zu; zur Rechten war das offene Feld mit ein paar vereinzelt und entfernt liegenden Mühlen am Bache.
Die beiden Frauen sprachen leise miteinander; endlich frug Eilika: »Wie nennt Ihr Euch, Herr?«
»Ritter Bock von Schlanstedt,« erwiderte der Gefragte selbstbewußt und sich in den Bügeln hebend. »Habt Ihr den Namen nicht schon gehört?«
»Gott sei gedankt, noch nicht, Herr Ritter Bock von Schlanstedt!« erwiderte Eilika launig. »Und wie heißt Euer Herr?«
»Graf Albrecht von Regenstein!« sprach Bock noch stolzer.
Die vermeintliche Zofe machte eine rasche Bewegung, die ebensogut als Ausdruck der Freude wie des Schreckens gelten konnte. Den Namen und seinen Träger kannte sie. Sie schlug den Schleier zurück und blickte dem Ritter frei ins Gesicht.
»Daß dich der – hm! hm!« machte Bock. »Euer Ehrenwadel, gnädiges Fräulein, kann sich sehen lassen. Wollt Ihr mir nicht auch Euer holdseliges Antlitz enthüllen?«
»Hier ist es!« lachte Eilika und tat wie ihre Herrin.
»Auch nicht übel!« sagte Bock, »oder – oder eigentlich noch schöner, gnädigstes Fräulein! wollt' ich sagen. Nun möcht' ich aber noch gerne Euren hochgeborenen Namen wissen.«
»Den