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können.

      Im Gegenteil. Vielleicht hatte die Peitsche seinen Willen, eines Tages ein Schiff zu führen, nur noch bestärkt. Hasard wußte seit diesem Tag, daß er Männer führen konnte, ohne die Peitsche zu schwingen. Heute hatten ihm erfahrene Männer nicht nur gehorcht, sondern seine Befehle mit Begeisterung ausgeführt.

      Hasard war Ferris Tucker und Ben Brighton dankbar, daß sie ihm die Chance gegeben hatten, sich zu bewähren, und er schwor sich, daß er es den beiden Männern niemals vergessen würde.

      Hasard war sich darüber im klaren, daß er nur eine Prise unter Befehl hatte und nicht ein Schiff Ihrer Majestät Elisabeth I. Viel Wasser würde noch die Themse hinunterfließen, ehe die Admiralität ihm das Kommando über ein Schiff geben würde. Doch Hasard war entschlossen, mit allen Mitteln darum zu kämpfen. Und zwar, ohne den Namen seines Vaters in die Waagschale zu werfen, wie es viele junge Adelige taten.

      Nein, alles konnte Hasard vertragen, nur nicht, ein Verdienst wegen seiner guten Beziehungen zu erhalten. Er war jung und hatte einen klaren Verstand, eine harte Ausbildung und kräftige Fäuste. Damit mußte er es schaffen.

      Vielleicht war da noch etwas, das viel mehr wert war als alles andere. Er besaß die Sympathie Francis Drakes. Er wußte, daß Drake nur die Leistungen achtete, und es machte ihn Stolz, daß Drake gerade ihm, dem jungen Killigrew, die Aufgabe übertragen hatte, eine Prise in den Hafen von Plymouth zu bringen.

      Hasard dachte mit Schaudern daran, was geschehen wäre, wenn er in Cadiz mit seinen Männern den Spaniern in die Hände gefallen wäre. Er schüttelte den Kopf. Er wollte nicht daran denken. Das Glück ist mit dem Tüchtigen. Ohne Glück konnte ein Mann keine Siege erringen, und wenn er noch so klug und stark war.

      Hasard hatte in seinen jungen Jahren schon viele Kapitäne kennengelernt. Die meisten von ihnen wurden von ihren Mannschaften gehaßt und gefürchtet. Die Angst trieb sie zu außergewöhnlichen Leistungen.

      Hasard verachtete die Männer, die andere mit der Peitsche beherrschten. Auf seinem Schiff wollte er freie Männer haben, die einen Befehl ausführten, weil sie seinen Sinn verstanden oder den Mann, der sie gab, akzeptierten – und nicht, weil sie sich vor Strafe oder dem Tod fürchteten.

      Hasard wußte, daß auf einem Schiff, das mitten auf dem Meer auf sich allein gestellt war, nur ein Mann befehlen konnte. Er würde es auch entschlossen tun. Er konnte nur hoffen, daß er dabei nie so weit gehen würde, daß er sich vor sich selbst schämen müßte.

      Auf dem Quarterdeck erschien Batuti, der den Capitan bewacht hatte. Der Schwarze schüttelte den kantigen Wollschädel und schlug sich mit der flachen Hand gegen das linke Ohr. Wahrscheinlich hatte er die Nachwirkungen des donnernden Geschützlärms noch nicht überwunden.

      Batuti grinste breit, als er den Seewolf auf der Poop entdeckte.

      „Hast du deinen Wein schon ausgetrunken?“ fragte Hasard ihn.

      Der Schwarze entblößte seine strahlenden Zahnreihen.

      „Aye, aye!“ brüllte er. „Ein Schluck – Wein ist alle. Flasche viel zu klein für Mann wie Batuti.“

      „Warte ab, bis wir in Plymouth sind“, erwiderte Hasard grinsend, „dann werden dir die anderen zeigen, was ein englischer Seemann vertragen kann.“

      Batuti nickte.

      „Kleines O’Flynn hat schon erzählt. Batuti wird saufen wie ein Ochse.“

      Hasard hätte beinahe lauthals gelacht. Die Männer erzählten dem gutmütigen Schwarzen wahrscheinlich reine Schauermärchen, wie es im alten England in den Hafenstädten zuging. Hasard nahm sich vor, ein Auge auf Batuti zu halten, wenn sie daheim waren. Der Schwarze war das ideale Opfer für eine raffinierte Preßgang.

      Der Schrei einer Möwe lenkte Hasards Aufmerksamkeit zum Himmel, an dem sich unverändert hohe weiße Wolkenberge türmten. Er blickte nach Osten und kniff die Augen zu Schlitzen zusammen, aber er konnte über der Kimm kein Land entdecken. Nach seinen Berechnungen mußten sie zehn Meilen von der portugiesischen Küste entfernt sein. Es war gut möglich, daß sie von einem feindlichen Schiff entdeckt wurden. Einige Franzosen, die sich sonst in der Biskaya mit ihren schnellen Schiffen herumtrieben, waren auch schon an dieser Küste gesichtet worden. Für sie wäre eine einzelne Galeone eine willkommene Beute.

      Hasard schickte Batuti in den Mars. Sie konnten nicht vorsichtig genug sein. Nicht nur die Ladung von dreißig Tonnen Silber stand auf dem Spiel, sondern etwas viel Wichtigeres. Hasard mußte die kostbaren Seekarten von der Neuen Welt um jeden Preis zu Francis Drake bringen, denn sie konnten den Beginn einer großen Epoche der englischen Flotte einleiten.

      Davon war Philip Hasard Killigrew fest überzeugt.

      6.

      Drei Tage war es nun schon her, seit sie mit der „Isabella“ den Ring der spanischen Kriegsgaleonen durchbrochen hatten und aus dem Hafen von Cadiz geflohen waren.

      Sie hätten es wohl nicht geschafft, wenn ihnen der Wettergott nicht gnädig gewesen wäre. Der steife Südost hatte ihnen die Spanier vom Halse geschafft, die ihnen sicher gefolgt waren.

      Kap da Roca lag hinter ihnen. Als Batuti Land gesichtet hatte, war Hasard auf Nordwestkurs gegangen, um die Berlenga-Inseln anzusteuern, wo er endlich die gefangenen Spanier absetzen würde, die eine beständige Gefahr für seine kleine Mannschaft bildeten.

      Der Seewolf hatte darauf geachtet, daß die Gefangenen von seinen Männern anständig behandelt wurden und genügend zu essen und trinken erhielten, denn nichts war gefährlicher als eine Meute verzweifelter Gefangener, die ihre einzige Rettung in einem Aufstand sahen. Die Spanier wußten, daß sie nicht mit nach England geschleppt, sondern auf den Berlengas ausgesetzt werden sollten. Hasard hoffte, daß sie seine Großmut anerkennen und sich dementsprechend verhalten würden.

      Ein Problem bereitete Hasard noch Sorgen. Sie hatten nur noch ein kleines Beiboot an Deck, das sie wahrscheinlich den Spaniern überlassen mußten. Jetzt fehlte ihnen das Dinghi, das sie nicht mehr hatten an Bord holen können, weil sie von den beiden Galeeren angegriffen worden waren.

      Es widerstrebte Hasard, sich der letzten Rettungsmöglichkeit zu entledigen. Aber er wußte nur zu gut, daß ihnen das Boot auch nichts mehr nutzte, wenn die Spanier sich endlich ihres Stolzes und Mutes besannen und einen Ausfall wagten.

      Hasard blickte zum Großmars hoch. Batuti hockte dort. Er hatte sich mit einem Tampen gesichert. Hasard hatte sich entschlossen, ab jetzt immer einen Mann im Mars zu lassen, denn vor der portugiesischen Küste herrschte ein reger Schiffsverkehr.

      An Deck waren nur Smoky und ein anderer Mann zu sehen, die sich an Steuerbord herumlümmelten. Hasard hätte sie ebenfalls unter Deck schicken können, um den anderen Männern beim Herstellen von Kartuschen zu helfen, denn der steife Wind blies mit einer fast schon unglaublichen Gleichmäßigkeit, so daß die Segel nur selten getrimmt werden mußten.

      Doch Hasard ging auf Nummer Sicher. Zu oft schon hatte er in seinen jungen Jahren erleben müssen, wie schnell ein Wind umschlagen konnte.

      Er dachte mit einem zufriedenen Grinsen an das Probeschießen vom Morgen. Viel besser waren selbst die Leute des alten Killigrew nicht aufeinander eingespielt – und die hatte der rothaarige Satan monatelang mit der Peitsche gedrillt.

      Am Nachmittag hatte er sich dann mit Ferris Tucker die vier Drehbassen vorgenommen, von denen zwei auf der Back und zwei weitere auf dem Achterdeck standen, Hasard liebte die kleinen Dinger, die gehacktes Eisen verschossen, nicht sonderlich, aber sie waren im Nahkampf unentbehrlich.

      Die Spanier hatten sich um ihre Kanonen in den letzten Wochen nicht viel gekümmert. Die Sicherheit des Flottenverbandes, in dessen Schutz sie über den Atlantik gesegelt waren, hatte sie sorglos werden lassen. Ferris Tucker und der Kutscher, der ihm zur Hand ging, brauchten eine ganze Weile, um die Drehbassen wieder auf Vordermann zu bringen.

      Hasard haßte nichts mehr als Schlamperei. Ein Schiff mußte auf jede nur erdenkliche Situation vorbereitet sein. Hasard wollte sich niemals so überrumpeln

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