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ablegen. Unmöglich, ein Soldat brauchte seine Montur, er war damit verwachsen.

      Noch boten die Felsen Schutz, die auf dem Pfad lagen. Ein riesiger Quader, an die vierzig Yards von der Brustwehr entfernt, blockierte den Pfad völlig. Der Teniente verharrte und spähte vorsichtig darüber hinweg.

      Er konnte nichts erkennen, keinen Gegner in der Dunkelheit. Diese Kerle waren wie Gespenster, mal tauchten sie wie ein Spuk auf, und mal verschwanden sie wieder. Sie schienen sich in Luft aufgelöst zu haben. Aber sie waren da, nicht weit entfernt. Hob er den Kopf zu sehr an, schossen sie.

      Der Sargento, der alte Soldat und die anderen trafen bei ihm ein.

      „Hier geht’s nicht mehr weiter“, sagte der Sargento.

      „Der Brocken muß weg“, sagte Gomez.

      „Aber auf dem Weg können allenfalls drei Mann nebeneinander stehen“, gab der alte Soldat zu bedenken. „Das wird ein schweres Stück Arbeit. Ich schätze, das schaffen wir kaum.“

      Der Teniente sah ihn an, sein Blick war flackernd und unstet. „Der Brocken muß weg, habe ich gesagt!“

      Drei Soldaten stemmten sich gegen den Quader. Sie drückten mit den Händen und Schultern dagegen, doch es war, wie der alte Mann prophezeit hatte: Der Block rührte sich nicht vom Fleck. Die anderen Soldaten versuchten mitzuhelfen, aber der Sargento geriet dabei in bedrohliche Nähe des Abgrunds. Fast glitt er aus und kippte hinunter.

      „Aufhören!“ keuchte er entsetzt, dann wandte er sich an Gomez. „So hat das keinen Sinn, Teniente.“

      „Wie denn?“ fragte Gomez. „Wie hat es Sinn?“

      „Wir müssen aufgeben“, sagte der alte Soldat.

      Gomez’ Gesicht begann sich in eine teuflische Fratze zu verwandeln.

      „Man kann über den Brocken hinwegklettern“, sagte er mit seltsam gequetscht klingender Stimme.

      „Ja“, sagte der Sargento. „Und wir werden abgeknallt wie auf dem Präsentierteller.“

      „Und angenommen, wir rollen den Klotz wirklich in die Tiefe“, sagte der Alte, „dann stehen wir hier ebenfalls im Freien, ungeschützt und zum Sterben bereit.“

      „Es sei denn, wir haben noch genügend Zeit, eine Deckung zu finden“, sagte ein anderer Soldat.

      „Schlag dir das aus dem Kopf“, brummte der Alte. „Die Kerle sind zu schlau. Du kannst es drehen und wenden, wie du willst, so oder so ist es ein Glücksspiel mit dem Tod.“

      Gomez stieß einen heiseren Laut aus. „Jetzt habe ich aber genug! Überklettert den Brocken! Stürmt vor! Das ist ein Befehl! Wir rennen und schießen diese Hurensöhne nieder!“

      „Wahnsinn“, sagte der Sargento.

      „Wie? Ich habe mich wohl verhört!“

      „Das ist Wahnsinn“, sagte der Sargento ruhig und mit fester Stimme. „Ohne Deckungsfeuer ist das, was Sie vorhaben, Selbstmord, Teniente.“

      „Über den Felsen hinweg!“ schrie Gomez ihn an.

      „Sie können nicht von uns verlangen, daß wir uns freiwillig niederschießen lassen!“ rief der Sargento.

      Gomez brüllte: „Das ist Feigheit vorm Feind! Ungehorsam! Sie haben meine Befehle auszuführen!“

      Hasard und seine Männer kauerten hinter der Brustwehr und lauschten diesem Dialog.

      „Hört euch das an“, sagte Hasard. „Es sieht wirklich so aus, als wolle er sie alle verheizen. Verdammt noch mal, das geht mir gegen den Strich.“

      „Wir können sie nicht abknallen wie die Hasen“, sagte Carberry. „Wenn ich diesem Scheiß-Teniente gleich in Potosi den Schädel eingeschlagen hätte, wär’s besser gewesen.“

      „Ich glaube, die Soldaten spielen nicht mehr mit“, sagte Stenmark. „Das hört sich verdammt nach Meuterei an.“

      „Vorwärts!“ brüllte der Teniente Alvaro Gomez.

      Aber es war der alte Soldat, der ihm Paroli bot.

      „Señor Teniente!“ rief er höhnisch. „Warum gehen Sie nicht selbst voran und beweisen Ihren Mut? Wir folgen Ihnen gern, vorausgesetzt, es geschieht nichts Bedenkliches!“

      Hasard rief zu ihnen hinüber: „Sehr richtig, Señor! Lassen Sie Ihrem Teniente den Vortritt, wir werden uns dann um ihn kümmern!“

      „Da haben Sie’s“, sagte der Sargento. „Sie sind nur einen Steinwurf von uns entfernt.“

      Alvaro Gomez war außer sich vor Haß. Jetzt verspottete ihn auch der Feind, und seine eigenen Leute fielen ihm in den Rücken. Er war versucht, dem Alten und dem Sargento die Faust ins Gesicht zu schmettern, bezwang sich aber doch im letzten Moment.

      „Zum letzten Mal!“ brüllte er. „Vorwärts!“

      „Nach Ihnen, Señor Teniente!“ schrie der Alte.

      Da zog Gomez die Pistole.

       7.

      Er hatte jetzt vollends die Beherrschung verloren und war kaum noch Herr seiner Sinne. Er sprang zurück, riß die Pistole hoch und schwang sie hin und her.

      „Ihr Bastarde!“ brüllte er. „Ich werde euch standrechtlich erschießen!“

      „Überlegen Sie sich, was Sie tun, Señor“, sagte der Sargento. „Nehmen Sie doch endlich Vernunft an.“

      „Er verliert den Verstand“, sagte der Alte.

      „Ihr Feiglinge!“ stieß Gomez hervor. „Ihr Ratten! Euch mache ich fertig, wenn ihr nicht gehorcht! Ihr kehrt nicht nach Potosi zurück!“

      „Das tun wir auch nicht, wenn wir Ihre Befehle befolgen, Teniente“, sagte der alte Soldat. „Jedes Ding hat seine Grenze. Wir wären bereit gewesen, über den Stein zu klettern und die Brustwehr da oben zu stürmen, wenn wir wenigstens ein Deckungsfeuer gehabt hätten. Aber doch nicht so!“

      Sie standen empört und in lauernder Haltung vor ihm, den Rücken dem Felsquader zugewandt. Zwei oder drei von ihnen schienen auch verwirrt zu sein, aber die Mehrheit war eindeutig gegen ihn.

      Dummerweise hatte Gomez seine Muskete gegen den Quader gelehnt, so daß er sie jetzt nicht zur Verfügung hatte. Sie war nicht mehr erreichbar für ihn. Der Sargento brauchte nur die Hand auszustrecken, dann hatte er sie.

      Gomez richtete die Pistole langsam auf den Sargento.

      „Wenn ihr feiges Pack euch einbildet, ihr könnt mich reinlegen, dann habt ihr euch getäuscht!“ zischte er.

      Hasard hatte Ribault und Carberry unterdessen ein Zeichen gegeben.

      „Wir müssen da eingreifen“, sagte er gedämpft. Den anderen Männern warf er noch einen raschen Blick zu. „Ihr wißt ja, was ihr zu tun habt.“ Dann verließ er die Brustwehr und huschte über den Pfad, gefolgt vom Profos und dem Franzosen.

      Sie schlichen am Rand des Plateaus entlang, gelangten an die Felsen und arbeiteten sich vorsichtig darin vorwärts. Immer noch waren die Stimmen der Spanier zu vernehmen und rückten allmählich etwas näher.

      Der Sargento sagte genau in diesem Moment: „Sie haben nur eine Kugel, Teniente, vergessen Sie das nicht.“

      Gomez wollte lachen, aber es wurde nur ein Krächzen daraus. „Ich denke daran. Und ich denke auch, wie es aussehen wird, wenn du Hund ein häßliches Loch in deinem Schädel hast.“

      „Wen von uns Sie auch erschießen“, fuhr der Sargento fort, „gegen die neun anderen haben Sie nicht die geringste Chance.“

      „Ich lege dich um!“ zischte Gomez.

      Der alte Soldat versuchte, sich vor den Sargento zu stellen. „Das ist noch nicht

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