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Acosta – ist das der stiernackige Anführer, der schwarzbärtige Kerl mit dem groben Gesicht und den harten Augen?“

      „Ja, das ist er. Aber sie sind mittlerweile zerstritten, er, Prado und ein paar andere. Der Satan soll sie alle holen. Wir wollten das Gold, aber wir haben es nicht gekriegt. Die anderen werden es auch nicht kriegen.“

      „Ganz sicher nicht“, sagte der Profos grimmig. „Wenn die noch einmal unseren Kurs kreuzen, dann war es ihr letzter Törn.“

      Der Mann versuchte zu grinsen, doch es wurde nur eine verzerrte Grimasse daraus. Er entblößte ein paar schadhafte Zähne. Noch im Angesicht des Todes schien er sich darauf zu freuen, daß seine Kumpane nicht mehr an die Goldbarren herankamen.

      „Sie geben noch nicht auf“, flüsterte er, „sie werden es wieder versuchen, weil sie verrückt nach dem Gold sind. Ich war auf der ‚Viento Este‘ und habe das Zeug gesehen. Viel, viel Gold, und alles ist weg.“

      „Ja, es ist weg. Wir haben es jetzt“, sagte Carberry. „Was hatte es mit der Galeone auf sich?“

      Der Kutscher verabreichte dem Mann noch etwas Laudanum, denn allmählich schienen die Schmerzen wieder zurückzukehren. Er merkte das schon an dem wechselnden Mienenspiel.

      „Die ‚Viento Este‘ war ein Einzelfahrer. Ich werde euch alles erklären, solange ich noch Zeit dazu habe, denn ihr habt mir geholfen, während die anderen Kerle mich einfach im Stich ließen. Wir hatten die Goldbarren in Vera Cruz geladen. Vor einem Monat sind wir dann aus Havanna losgesegelt.“

      „Was habt ihr in Havanna getan?“

      „Proviant und Wasser genommen. Wir segelten bis zur Floridastraße, und da gerieten wir in einen höllischen Sturm.“

      „Der Sturm hat das Schiff entmastet und auf die Riffe der Cat Cays getrieben“, setzte der Profos hinzu.

      „So war es. Capitán Molina gab Befehl, das Schiff zu verlassen. Mit drei Booten segelten wir los, um Florida und an der Ostküste entlang Sankt Augustine zu erreichen. Molina wollte das Gold, das für die spanische Krone bestimmt war, nicht aufgeben. Es sollte abgeborgen werden, doch dann ging alles schief. Wir erreichten um den fünfzehnten Juni herum die Küste von Florida und segelten an ihr entlang nordwärts.“

      „Und dann gab es Ärger?“ fragte Carberry gespannt. Sie kannten nur einen Bruchteil der Geschichte und hatten sich meist auf Vermutungen gestützt.

      „Ja, dann gab es Ärger. Molina führte eins der Boote, das zweite sein Erster Offizier und das dritte Acosta, der als Steuermann fuhr. Acosta hat seine zwölf Männer zum Mord aufgestachelt, weil er das Gold später selbst bergen wollte. Er hatte sich auch schon ein paar Goldbarren eingesteckt.“

      „Feine Brüder“, meinte Stenmark. „Ein wirklich dankbares Völkchen.“

      Der Verletzte versuchte wieder vergeblich zu grinsen. Offenbar hatte er selbst einen gehörigen Anteil an der Sache gehabt.

      Dann redete er hastig weiter, als bliebe ihm nicht mehr viel Zeit.

      „Es war, als wir an der Küste nordwärts entlangsegelten. Da feuerten Acosta und seine zwölf Kerle auf die beiden anderen Boote, brachten sie zum Sinken und schossen auf die Schwimmenden, bevor sie sich ans Ufer retten konnten. Sie haben einen nach dem anderen abgeknallt. Zwölf Tage später erreichten sie dann Sankt Augustine.“

      „Und das fiel keinem auf?“ fragte der Kutscher. „Haben die Behörden denn nichts gemerkt?“

      „Nein, wir sind ganz unauffällig eingesickert. Dann hatten wir Gelegenheit, auf einer Galeone anzuheuern, die unterbemannt war und einen Ruderschaden hatte. Sie sollte mit Gewürzen nach Spanien segeln. Der Kapitän hat sich über den Zuwachs gefreut.“

      Später wohl kaum noch, dachte Carberry, aber das sagte er nicht. Statt dessen fragte er: „Diese Galeone war dann die ‚San Jacinto‘, wenn ich nicht irre. Das Wrack, auf dem wir jetzt stehen.“

      „Ja, sie war es. Acosta riß ganz plötzlich das Kommando an sich und erschoß den Kapitän. Zehn Mann der Mannschaft stimmten für ihn und entschieden sich, unter seinem Kommando zu segeln. Die restlichen Männer waren gegen ihn und mußten sterben. Danach waren wir insgesamt zweiundzwanzig Kerle. Dann wollten wir die ‚Viento Este‘ leichtern, aber es ging alles schief.“

      „Die Galeone war doch aber mit kostbaren Gewürzen beladen“, wandte der Kutscher ein.

      „Das Zeug wurde über Bord geworfen, bis wir leer waren. So hatten wir die Laderäume frei für das Gold.“

      „Dann war es wohl eine herbe Enttäuschung, als ihr das Gold auf der ‚Viento Este‘ nicht mehr fandet“, meinte Carberry.

      „Acosta ist fast wahnsinnig geworden vor Zorn. Später entdeckten wir dann den Papagei und suchten nach euch. Aber ihr seid, immer unsichtbar geblieben. Schließlich hatten wir Angst vor euch, weil ihr dann zur Stelle wart, wenn es keiner vermutete.“

      Er dachte wohl daran, wie sie ihnen bei Nacht und Nebel die Beiboote abgenommen und später das Ruder verkeilt hatten, bis die „San Jacinto“ in den Riffen aufgebrummt war.

      „Jetzt kennen wir auch das Kapitel“, sagte der Kutscher. „Viel hat es ihnen bisher nicht eingebracht. Aber ich bin sicher, daß die Kerle immer noch nicht aufgegeben haben. Irgendwann werden sie zurückkehren, vielleicht in dieser Nacht noch. Dann werden sie versuchen, die ‚Empress‘ zu entern.“

      „Darauf werden wir allerdings gefaßt sein“, knurrte Carberry. „Ich kann es kaum erwarten, bis dieser Acosta mit seiner Mörderbande aufkreuzt. Den nehme ich mir höchstpersönlich zur Brust, diesen Satan, diesen hinterhältigen.“

      Stenmark beugte sich zu dem Mann hinunter und fragte: „Hat Acosta etwas von dem Überfall gesagt?“

      Er erhielt keine Antwort. Der Mann schwieg.

      Der Kutscher warf nur einen Blick auf ihn.

      „Er wird dir keine Antwort mehr geben, Sten. Er ist tot. Mich wundert nur, daß er noch so lange ziemlich klar und deutlich gesprochen und alles erzählt hat.“

      Der Schnapphahn, der jetzt sein Leben ausgehaucht hatte, starrte aus blicklosen Augen in den fast wolkenlosen Himmel. Noch im Tode hatte sich sein Grinsen verstärkt und war zu einer Fratze gefroren, die Schadenfreude ausdrückte. Wenigstens in seinen letzten Minuten hatte er seinen Kumpanen noch eins ausgewischt, indem er die Engländer vor dem vergifteten Proviant und dem Wein gewarnt hatte. Daß sie sowieso nichts angerührt hätten, wußte er nicht.

      Jetzt lag er still und reglos da und hatte ausgelitten.

      Der Kutscher sah sinnend auf den Toten.

      „Immerhin hat er uns noch gewarnt, obwohl wir von dem Zeug ganz sicher nichts angerührt hätten. Das konnte er aber nicht wissen. Wir werden ihn auch mitnehmen und an Land bestatten.“

      „Wir sollten auch noch etwas anderes tun“, sagte Carberry. „Ich habe mir gerade überlegt, daß es auch andere auf eine dieser Inseln verschlagen könnte. Schiffbrüchige etwa, die nichts mehr zu beißen haben. Wenn sie das Wrack entdecken, den Proviant, das Wasser, den Wein und all das Zeug, werden sie sich verständlicherweise davon bedienen. Es ist zwar kaum anzunehmen, daß das der Fall sein wird, aber die Möglichkeit besteht.“

      „Das ist richtig“, sagte der Kutscher. „Daher werden wir das ganze Zeug einfach über Bord werfen.“

      „Genau das hatte ich vor.“

      „Und danach das gründliche Händewaschen nicht vergessen“, mahnte der Kutscher. „Ich weiß nicht, um welche Art von Gift es sich handelt. Jedenfalls müssen wir uns vorsehen.“

      „Dann fangen wir gleich damit an.“

      „Ich hole inzwischen die Pulverfässer“, sagte Nils. „Es sind zwar nur zwei, aber Pulver können wir immer gebrauchen. Donegal hat eine ganze Menge davon verballert.“

      Mit dem Verbrauch von Schießpulver war Old O’Flynn wahrhaftig nicht

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