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Seewölfe Paket 26. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe Paket 26
Год выпуска 0
isbn 9783954399949
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Der Profos regte sich noch mehr auf als über die drei Toten.
„Eins steht für mich fest. Wenn ich das gewußt hätte, dann wäre dieser Oberschnapphahn nicht mit einem blauen Auge davongekommen. Diese ganze Schwefelbande hätte das teuer bezahlt. So ein Scheiß! Aber hinterher ist man ja immer klüger.“
Er rannte voller Zorn zum Schanzkleid und blickte nach Süden, wohin die Schnapphähne gesegelt waren. In weiter Ferne waren jedoch nur noch zwei winzige Punkte zu erkennen, die sich zwischen dem Gewirr der zahlreichen Inseln bewegten.
Carberry schlug mit der Hand auf den zersplitterten Handlauf des Schanzkleides. Sein Blick war zornig auf die Punkte gerichtet.
„Jetzt ist es natürlich müßig, noch hinter den Kerlen herzusegeln“, sagte er. „Bis wir klar sind, haben die die Kimm längst hinter sich gebracht.“
Der Mann auf den Planken stöhnte laut. Wasser trat vor Schmerz in seine Augen.
Carberry wollte ihn aufheben und zur Gräting bringen, aber jede noch so leichte Berührung vertrug der Mann nicht.
„Dann lassen wir ihn am besten so liegen“, entschied er. Sie sprachen ein paar Worte Englisch, damit der Mann sie nicht verstand.
„Glaubst du, daß er das überleben wird?“ fragte Stenmark.
„Nein, ganz sicher nicht. Vielleicht noch ein paar Stunden, mehr bestimmt nicht. Er muß sehr schwer verletzt sein.“
Der Mann verstand sie nicht. Sein Gesicht entspannte sich ein wenig, seit ihm der Knebel nicht mehr die Luft abdrückte, aber der Schmerz stand nach wie vor in seinen Augen.
„Sven und Nils, ihr pullt hinüber und holt den Kutscher“, sagte der Profos. „Er soll sich beeilen. Wenn er dem Mann nicht mehr helfen kann, kann er vielleicht seine wahnsinnigen Schmerzen lindern. Schildert ihm kurz die Lage.“
Sven und Nils enterten ohne ein weiteres Wort ab und pullten zur „Empress“ hinüber. Von dort aus wurden sie immer noch mit den Spektiven beobachtet.
Carberry und Stenmark waren mit dem Sterbenden und den drei Toten allein.
Das Gesicht des Mannes veränderte sich auf erschreckende Weise. Es sah jetzt leichenblaß aus. Der Mund war etwas geöffnet, während er die Augen bis auf einen schmalen Spalt geschlossen hatte.
„Sind noch mehr von euch an Bord?“ fragte Carberry. „Kannst du mich überhaupt verstehen?“
Dem Mann bereitete es sichtliche Anstrengungen, zu sprechen. Aber er brachte ein paar Worte heraus, wenn auch sehr mühsam.
„Alle weg“, hauchte er. „Alle fort. Allein hier.“
Stenmark linste hinter das Schott, nahm die Pistole in die Faust und ging die paar Stufen hinunter. Er wollte sich nicht unbedingt darauf verlassen, daß alle weg waren. Vielleicht hatte der Mann auch nicht genau gewußt, was er sagte.
Er fand jedoch niemanden mehr vor. Das Logis war ein Haufen Dreck und Unrat, verlassen wie ein Saustall, in dem alles drunter und drüber ging.
Angewidert nahm er zwei löchrige Decken und einen seegrasgefüllten Beutel mit, der einem der Kerle mal als Kopfkissen gedient haben mußte. Damit kehrte er an Deck zurück.
Dann bewegten sie den Mann ganz vorsichtig auf eine der Decken, legten ihm das Kopfkissen unter und eine weitere Decke auf seinen so entsetzlich zugerichteten Körper.
Ein dankbarer Blick traf die beiden Männer.
„Schon gut“, sagte der Profos rauh. „Wir haben einen Feldscher an Bord, der wird gleich hier sein und dir helfen. Du brauchst wirklich keine Angst zu haben.“
„Vorsicht an Bord“, stammelte der Mann heiser. Er hustete und bäumte sich auf.
„Ja, ich weiß“, sagte Carberry. „Hier ist alles kaputt. Wir werden uns schon nicht die Knochen brechen.“
Er ahnte nicht, daß der Mann etwas ganz anderes meinte, aber er war für den Augenblick zu erschöpft, um weiterzusprechen.
3.
Das änderte sich erst, als Nils, Sven und der Kutscher bei der „San Jacinto“ anlegten und auf enterten.
Der Kutscher hatte seinen Kasten mit Salben, Tinkturen und dem Besteck dabei, seine „Knochenbrecherkiste“, wie der Profos sie immer gern bezeichnete.
„Gefesselt und geknebelt hat man ihn?“ fragte der Kutscher entgeistert. „Damit er ihnen mit seinem Geschrei nicht auf die Nerven ging, was?“
„So ist es“, erwiderte Carberry. „Schon das wäre ein Grund, den Strolchen hinterherzusegeln und sie kräftig durchzuwalken. Aber dazu ist es jetzt zu spät. Was hältst du von ihm, Kutscher?“
Der Kutscher kniete sich nieder, entfernte die Decke und schnitt dem Verletzten das Hemd auf. Bei jeder noch so leisen Berührung zuckte der Mann zusammen und verbiß sich nur mühsam das Schreien.
Der Kutscher ließ sich nichts anmerken, als er die fürchterlichen Wunden sah.
„Niemand kann ihm mehr helfen“, sagte er leise. „Selbst bei einer Operation würde er mir unter den Händen sterben. Hier kommt jede Hilfe zu spät.“
„Kannst du ihm nicht anderweitig helfen?“
„Doch, ich werde ihm Laudanum geben, damit er die Schmerzen nicht so spürt. Aber er hat nicht mehr lange zu leben.“
Der Kutscher holte ein Fläschchen mit einer harzig riechenden Tinktur aus seiner Kiste. Dann gab er dem Mann Laudanum.
Sie hockten um ihn herum und warteten die Wirkung ab, die erstaunlich schnell eintrat. Das Trübe in den Augen verschwand, die Pupillen erweiterten sich und der schmerzende Krampf, der seinen Körper befallen hatte, begann sich zu lösen.
„Geht es besser?“ fragte der Kutscher besorgt.
„Danke, viel besser. Aber es wird nicht mehr lange dauern. Ich weiß, daß ich sterben muß. Vorsicht an Bord“, wiederholte er dann.
„Weshalb Vorsicht?“ fragte der Kutscher mißtrauisch. „Habt ihr nicht alles abgesucht?“
„Doch, aber das hat er vorhin schon einmal gesagt. Es bezieht sich wohl auf die angeknackten Planken und Löcher im Schiff.“
„Nein, nicht das Schiff“, ächzte der Mann. „Acosta hat alles vergiftet – den Proviant, den Wein, den Rum. Sie ließen mich hier liegen und haben sich darüber unterhalten. Alles vergiftet. Nehmt nichts mit, wenn ihr weggeht.“
Die fünf Männer warfen sich einen langen Blick zu.
Carberry kratzte sich verlegen das Genick.
„Verdammt noch mal, du hattest wieder einmal recht, Kutscher“, sagte er dann tonlos. „Diese Strolche schrecken wahrhaftig vor nichts zurück. Wir hätten den Kerlen keinen Abzug gewähren sollen. Glaubst du, daß das stimmt?“
„Weshalb sollte uns der Mann anlügen? Er ist dankbar, daß wir ihm helfen, und er meint es nur gut. Laßt also um Himmels willen die Finger von Speisen und Getränken, und wenn sie noch so verlockend aussehen oder duften.“
„Ich rühre bestimmt nichts an“, versicherte Carberry hastig. Die anderen nickten bestätigend.
„Wir haben noch drei Tote entdeckt“, sagte Sten, „die haben sie hier auch einfach zurückgelassen. Ed meinte, wir sollten sie später an Land beerdigen.“
„Ja, das tun wir, es ist Christenpflicht, auch wenn es Schnapphähne waren.“
Der Kutscher wandte sich wieder dem Mann zu. Sein Gesicht war jetzt fast glatt und die Augen blickten ihn sehr wachsam an. Trotzdem sah der Kutscher, daß es mit ihm zu Ende ging. Bestenfalls gab er ihm noch eine oder zwei Stunden. Der starke Blutverlust hatte den Mann geschwächt und war nicht mehr auszugleichen, egal