Скачать книгу

      Seit Old O’Flynn seine über alles geliebte „Empress“ wieder gefunden hatte, war er wie ausgewechselt. Zudem beflügelte ihn immer noch das Bad im „Jungbrunnen“, der so jäh versiegt war.

      Aber die „Empress“ war wieder da, und das allein zählte für den kauzigen Alten.

      Heute morgen war die vom Sturm entführte Karavelle wiederaufgetaucht und der Alte vor Rührung fast zerflossen.

      Gewiß, ein bißchen hatte sie der Sturm gebeutelt und gerupft, aber das Wasser, das über der Bilge stand, war mit einem wahren Feuereifer gelenzt worden, nachdem sie ihr Schiffchen wieder besetzt hatten.

      Gleich danach hatte es sich der Alte nicht verkneifen können, die inzwischen aufgebrummte „San Jacinto“ von See her anzugreifen und sie sturmreif zu schießen. Jetzt, da er seine Karavelle wieder hatte, wollte er es den Halunken und Bastarden schon zeigen.

      Es war noch früher Vormittag an diesem neunten Juli, aber die Galeone sah aus, als stünde sie schon tagelang unter Dauerbeschuß.

      Old O’Flynn war mal wieder zu ganz großer Form aufgelaufen.

      „Und noch ein Ding!“ brüllte er. „Immer feste druff. Den Kerlen werden wir zum Piratentänzchen aufspielen.“

      Carberry grinste nur, wenn er Donegal ansah. Der steigerte sich in einen wahren Freudenrausch. Seine Augen blitzten, und aus seinem verwitterten Granitgesicht waren erstaunlicherweise wieder mal die Falten und Runzeln verschwunden. Daraufhin angesprochen, behauptete er stur, das läge allein am Wasser des Jungbrunnens, in dem er sein Bad genommen hatte. Die anderen ließen ihn mit seinem Glauben selig werden, denn es war witzlos, ihm den Unsinn auszureden.

      „Jawoll!“ brüllte er begeistert, wobei er die linke Faust kraftvoll in die rechte Handfläche schlug. „Das hat gesessen!“

      Mit blitzenden Augen sah er, wie sich eine angeschossene Rah vom Rack löste und mit fürchterlichem Getöse auf den Planken landete. Ihr Gewicht fetzte etliche Holzsplitter heraus und knackte die Planken an.

      Sie lagen mit der „Empress“ etwa fünfzig Yards achteraus der Galeone und hatten sie bereits in einen Trümmerhaufen verwandelt. Von drüben erfolgte keine Gegenwehr. Die Kerle waren heulend und zähneklappernd in Deckung gegangen, als die ersten Bleibrocken über die Decks rasten und solides Holz in Splitter und Trümmer verwandelten. Die Segel waren zerschossen. Ein paar Rahen lagen an Deck, ein Mast war geknickt und das Achterschiff teilweise voll Wasser gelaufen. Von den Bleiglasfenstern waren nicht einmal mehr die Rahmen übriggeblieben. Das Heck war verwüstet, zerschossen und übel zugerichtet.

      Die Galeone stand gewissermaßen schief. Vorn war sie auf den Grund gelaufen, achtern weggesackt und damit offen für die Drehbassen, die alles beharkten.

      Die Kerle befanden sich alle in Deckung. Von seiten der „San Jacinto“ fiel kein einziger Schuß. Nachteilig wirkte sich aus, daß sie achtern weder über Kanonen noch Drehbassen verfügten, und so konnten die Männer der „Empress“ voll draufhalten, was das Zeug hielt.

      „Die Halunken haben wir bald ausgeräuchert“, sagte Old O’Flynn. „Die sind mit ihren Nerven jetzt schon am Ende. Und feige ist diese Brut auch noch. Die sind immer nur stark, wenn ihr Gegner ihnen stark unterlegen ist.“

      „Den Schneid haben wir ihnen abgekauft“, meinte der Kutscher. „Ich bin gespannt, wann sie endgültig aufgeben. Aber was tun wir dann mit den Kerlen?“

      „Weiß ich noch nicht“, erwiderte der Alte. „Mir wird schon was einfallen. Inseln gibt es hier ja genug, wo sie ihr erbärmliches Leben weiterfristen können.“

      Nils Larsen gab den nächsten Schuß aus der Drehbasse ab. Dann feuerte der Schwede Stenmark.

      Die Bleikugeln – grobes Schrot – zerhackten das Holz. Ein paar größere Splitter flogen fast zwanzig Yards hoch in die Luft.

      Von der Galeone her war Gebrüll zu hören. Dann wurde aus einer Luke plötzlich ein grauweißer Fetzen heftig hin und her geschwenkt.

      „Was soll das denn bedeuten?“ fragte Martin Correa. „Wollen die etwa doch aufstecken und sich ergeben?“

      „Jedenfalls soll das ein Hemd sein“, sagte Old O’Flynn. „Zwar kein weißes Hemd – aber immerhin. Nicht weiterschießen, Nils. Wir stellen das Feuer vorerst ein.“

      Nils, der gerade wieder die Drehbasse abfeuern wollte, trat zur Seite und nickte.

      Das Hemd wurde jetzt noch wilder geschwenkt.

      „Nicht schießen!“ brüllte eine Stimme. „Wir wollen mit euch verhandeln!“

      „Aha, jetzt haben sie die Hosen doch voll“, triumphierte Old Donegal. „Oder es steckt eine List dahinter. Den Kerlen traue ich absolut nicht über den Weg.“

      Er richtete sich aus seiner etwas gebückten Haltung auf und ging ein paar Schritte nach vorn.

      „Wenn ihr verhandeln wollt, dann zeigt euch an Deck!“ brüllte er zurück. „Wenn ich auch nur eine Waffe in euren Pfoten sehe, dann kracht es wieder! Verstanden?“

      „Verstanden!“ wurde zurückgerufen.

      Einer der Kerle – es war Acosta – erschien gleich darauf an Deck. Er schwenkte immer noch das Hemd durch die Luft. Drei weitere Kerle tauchten neben ihm auf. Dann erschienen noch mehr.

      „Ungefähr ein Dutzend“, schätzte der Profos. Er stellte sich hinter eine der Drehbassen und paßte scharf auf. Doch die Schnapphähne trugen keine Waffen bei sich.

      „Was wollt ihr?“ fragte Old O’Flynn kampfeslustig.

      „Wir ergeben uns!“ rief Acosta, wobei die anderen Kerle aufgeregt nickten. „Wir bitten um freien Abzug.“

      Old Donegal sah die Männer fragend an.

      „Sollen wir die Bastarde ziehen lassen?“

      „Das wird wohl die beste Lösung sein“, erwiderte der Kutscher. „Was sollen wir sonst mit ihnen tun?“

      „Soll der Teufel sie holen“, sagte Carberry. „Ich habe auch nichts dagegen. Dann sind wir sie endlich los.“

      Die anderen stimmten ebenfalls zu. Sie hatten von den Kerlen genug.

      „Ihr könnt abziehen!“ rief Old O’Flynn. „Verschwindet und fahrt zur Hölle!“

      Dann folgte eine Unverfrorenheit, die dem Alten und den anderen fast die Stiefel auszog.

      Acosta legte seine Hände trichterförmig an den Mund.

      „Gut, wir verschwinden. Aber ihr müßt uns dann die beiden Jollen wieder zurückgeben, sonst können wir nicht fort!“

      „So ein Rübenschwein“, empörte sich der Profos. „Verlangt mit der größten Unverschämtheit die Jollen zurück, was, wie? Dem Kerl sollte man die Jollen um die Ohren schlagen.“

      „Wollt ihr nicht auch noch die Karavelle, ihr Bastarde?“ rief Old O’Flynn mit Donnerstimme. „Hier gibt’s keine Jollen zurück. Ihr könnt abziehen, das haben wir versprochen.“

      „Wie gelangen wir dann von Bord?“ fragte Acosta.

      „Baut euch Flöße, ihr triefäugigen Kakerlaken! Das könnt ihr doch so gut. Wenn ihr die gebaut habt, dann empfehle ich euch, so weit wie nur möglich abzuhauen. Und laßt euch hier nie wieder blicken, sonst gibt’s was an die Ohren.“

      Von Dankbarkeit war nichts zu spüren. Die Kerle nahmen den freien Abzug als selbstverständlich hin. Sie waren nur nicht sonderlich von der Aussicht begeistert, Flöße bauen zu müssen.

      Dabei hatten sie gerade ein Floß gebaut, um die Wassertiefe auszuloten, damit sie die Galeone näher zum Strand legen konnten.

      „Mistkerle!“ brüllte Acosta zum Dank.

      Der Profos lief vor Wut rot an.

      „Am liebsten würde ich

Скачать книгу