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starrte Prado den selbsternannten Kapitän sprachlos an. Dann wurde sein Grinsen genauso dreckig.

      „Na klar“, sagte er begeistert, „was passiert dann wohl mit ihnen? Sie werden nicht mehr viel Freude am Leben haben. Sie werden ganz sicher das Schiff untersuchen, wenn wir abgezogen sind. Das ist eine wirklich großartige Idee.“

      „Einer nach dem anderen wird aus den Latschen kippen, sobald sie von dem Zeug getrunken haben. Später können wir dann abräumen, sind die Halunken los und haben noch dazu ein feines Schiffchen.“

      „Und wenn es nicht klappt?“

      „Dann werden wir sie bei Nacht und Nebel überfallen, so wie sie es mit uns getan haben. Irgendwie kriegen wir das Gold schon.“

      Alle beide waren von der Idee begeistert.

      „Ich gehe nach achtern, um das Zeug zu holen“, sagte Acosta. „Ich habe da noch ein feines, hochwirksames Pülverchen.“

      Kurz danach war er wieder zurück und grinste hinterhältig.

      Dann wurden die Weinfässer vorsichtig präpariert. Ebenso verfuhren sie mit dem Proviant, bis das Pulver verbraucht war.

      Acosta rieb selbst die Speckseiten in der Vorratslast ausgiebig mit dem Zeug ein.

      „Alles klar, dann guten Appetit, Freunde“, sagte er und kicherte.

      Kurz darauf gingen sie an dem gefesselten und geknebelten Mann vorbei, der im Vorschiff halb hinter einem angelehnten Schott lag.

      „Ich sehe von diesen Kerlen schon einen nach dem anderen tot umfallen“, sagte Acosta. „Die brauchen an dem Rum oder Wein nur zu nippen, und schon ist der Ofen aus. Bei dem Proviant geht es ihnen genauso. Das wird vielleicht ein Spaß!“

      Der Verletzte gab ein kaum hörbares Stöhnen von sich und wälzte sich ein Stück zur Seite. Mehr Bewegungsfreiheit hatte er nicht. Sein Hemd war jetzt blutdurchtränkt, und er rollte voller Angst mit den Augen. Dann versuchte er Acostas oder Prados Blick festzuhalten, doch die beiden taten so, als sei er nicht vorhanden.

      Er wußte, daß sie ihn hier hilflos zurücklassen würden. Niemand kümmerte sich um ihn. Sie hatten nur ihren eigenen Vorteil im Sinn und das Gold, auf das sie so gierig waren.

      Seine Schmerzen in der Brust wurden unerträglich und waren kaum noch auszuhalten, doch das kümmerte die Kerle nicht. Er haßte sie plötzlich alle, er verachtete sie und wünschte sie in die tiefste Hölle, während sie sich grinsend unterhielten und ihn nicht zur Kenntnis nahmen.

      „Dann verziehen wir uns jetzt“, hörte er sie murmeln.

      Er schickte ihnen einen unhörbaren Fluch nach. Selbst wenn es ihm gelang, sich von seinen Fesseln und dem Knebel zu befreien, würde er elend zugrunde gehen, denn er hatte ja eben gehört, daß sie alles Eßbare vergiftet hatten, auch den Wein. Vielleicht hatten sie auch das Trinkwasser vergiftet.

      Möglicherweise kamen die anderen Kerle aber überhaupt nicht an Bord, und dann war es aus mit ihm.

      „Ab auf die Flöße“, sagte Acosta. „Such dir fünf Kerle aus, Prado.“

      „Santos, Felipe, Normando, Morro und Senona. Ihr segelt mit mir.“

      Die fünf anderen Kerle übernahm Acosta. Prado hatte damit jetzt die Kerle an Bord, die etwas gegen Acosta hatten und ihn nicht ausstehen konnten.

      Die ersten enterten schon ab. Sie hatten auch Musketen dabei, doch die waren heimlich nach unten gebracht worden.

      Acosta ging als letzter von Bord. An der Jakobsleiter warf er noch einen letzten Blick über das zerschossene und zerstörte Deck. Jetzt, nachdem sie das Holz für die Flöße herausgesägt und gehackt hatten, sah das Schiff noch wüster und schlimmer aus.

      Da lagen die drei Toten und etwas weiter der gefesselte Mann, der ihn aus großen und weitgeöffneten Augen anstarrte. Acosta las unbeschreiblichen Haß in diesem Blick. Der Kerl hätte ihn auf der Stelle umgebracht, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre.

      Er grinste mitleidlos zurück und enterte dann ab.

      Kurz darauf segelten die beiden Flöße in südlicher Richtung davon.

      Auf der „Empress“ hatte man alles genau verfolgt. Nur daß Musketen auf die Flöße gebracht worden waren, entging den Männern.

      Auf dem ersten Floß hockte der stiernackige Anführer, der den weißen Fetzen geschwenkt hatte. Er drehte sich um und hob wie grüßend die Hand, aber es war eine höhnische Geste.

      Carberry hatte schmale Augen, als er den Flößen nachsah.

      „Wir pullen nachher mal rüber“, sagte er, „und sehen uns den Kasten an, ob auch wirklich alle Mann von Bord verschwunden sind. Ich werde das Gefühl nicht los, daß die Halunken noch etwas auf der Pfanne haben. Dieses ungewaschene Rübenschwein gab sich ein bißchen überheblich. Vielleicht haben sie doch noch etwas ausgebraten.“

      „Zum Beispiel?“ fragte Nils Larsen.

      „Na, zum Beispiel könnten sie eine Lunte an die Pulverkammer gelegt haben. Sie rechnen damit, daß wir uns auf der Galeone umsehen, und dann bläst es uns in die Luft.“

      Der Kutscher sah den Profos nachdenklich an.

      „Die Zeit können sie nicht berechnen, weil sie nicht wissen, ob und wann wir an Bord gehen. Aber wir liegen nur knapp fünfzig Yards von dem Kasten entfernt. Sollte der wirklich mit einer Pulverladung hochgehen, dann kann Old Donegal seine Karavelle vergessen. Ich empfehle dir also …“

      Der Kutscher brauchte nichts mehr zu empfehlen. Old O’Flynn geriet fast wieder aus dem Häuschen, als er das hörte. Gerade jetzt hatten sie ihr feines Schiffchen wieder – und dann … No, Sir!

      „Hievt den Anker, und dann nichts wie ab!“ rief er schrill. „Und beeilt euch damit, zur Hölle!“

      Sie beeilten sich wahrhaftig, denn jetzt war auch der Profos von seiner Vermutung überzeugt. Noch während sie in aller Eile die Segel setzten, warfen sie immer wieder einen mißtrauischen Blick zu der zerschossenen Galeone. Einmal glaubte Martin Correa auch eine winzige Rauchwolke aufsteigen zu sehen, doch das erwies sich als reiner Irrtum.

      Inzwischen war eine halbe Stunde vergangen, bis sie in sicherer Entfernung von der Galeone wieder vor Anker lagen. Weit im Süden segelten die beiden Flöße mit den Schnapphähnen.

      Sie gaben noch einmal eine Viertelstunde zu.

      „Fehlanzeige“, murmelte Carberry. „Da war wohl nichts mit einer Lunte und Pulverladung. Vielleicht haben sie kaum noch Pulver an Bord. Ich denke, wir sollten jetzt einmal nachsehen.“

      Der Kutscher glaubte ebenfalls nicht daran, daß jetzt noch etwas passieren würde.

      „Nun, man kann sich ja auch mal irren“, sagte Carberry. „Vorsicht war in diesem Fall jedenfalls angebracht.“

      Old O’Flynn nickte bekräftigend. Er hatte sich wieder beruhigt, als er sah, daß nichts passierte.

      „War ganz gut, daß wir verholt haben. Später hätte ich mir die größten Vorwürfe gemacht, wenn es wirklich geknallt hätte.“

      Die Jolle war abgefiert und lag längsseits.

      „Stenmark, Nils und Lars gehen mit mir“, sagte Carberry. „Jetzt werden wir dem Schiffchen mal auf den Zahn fühlen.“

      „Nehmt Waffen mit“, riet Old O’Flynn. „Ich habe immer noch das verdammte Gefühl, als würde da drüben etwas passieren.“

      Sie bewaffneten sich mit Blunderbussen und Pistolen. Dann enterten die vier Männer in die Jolle ab.

      Hasard und Philip junior hatten die aufgebrummte „San Jacinto“ unterdessen fast pausenlos mit dem Kieker beobachtet.

      „Da drüben rührt sich nichts“, meldete Philip. „Aber das heißt deshalb noch lange nicht, daß auch alles in Ordnung ist.“

      Carberry nickte

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