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sind sie schlauer, als wir denken“, sagte Esposito, ein Glatzkopf mit wildem Schnurrbart, der ihn brutal und hinterhältig aussehen ließ.

      „Was heißt hier: Schlauer als wir denken?“ fuhr Acosta den Kahlköpfigen an. „Wenn ich mir etwas überlege, dann überlege ich es richtig, weil ich Kerle von der Sorte genau kenne. Nach einer Weile kippen die aus den Latschen.“

      Miguel, Dino und Esposito warfen Acosta einen Blick zu, der mehr als deutlich ausdrückte, was sie von ihm hielten.

      „Deine Pläne sind ja immer ganz gut“, meinte Miguel, „aber sie gelangen meist nicht zur Ausführung.“

      Auf Acostas Stirn schwoll eine Ader dick an. Sein Gesicht begann sich heftig zu röten.

      „Sei vorsichtig mit dem, was du sagst“, drohte er. „Ich kann auf dich ohne weiteres verzichten.“

      „Wenn du auf einen nach dem anderen verzichtest, dann hast du bald niemanden mehr, und es dürfte dir im Alleingang sehr schwerfallen, noch das Gold zu ergattern.“

      „Das sieht nicht nur Miguel so“, sagte Esposito, „das sehen wir anderen auch so. Bisher sind wir immer nur auf die Schnauze gefallen, mehr haben wir noch nicht erreicht.“

      Acosta merkte selbst, daß seine Führungsrolle immer mehr abbröckelte. Aber er konnte es sich nicht leisten, noch einen seiner Kerle kaltblütig umzulegen. Auf dem Floß hätte es einen Aufstand gegeben, und außerdem wußte er nicht genau, wie Prado reagieren würde.

      Acosta lenkte vorsichtig ein, denn auch die Kerle waren alle bewaffnet. Das Blatt konnte sich sehr schnell zu seinen Ungunsten wenden.

      „Viel haben wir nicht erreicht, das ist schon richtig“, sagte er. „Aber es wird sich bald einiges ändern, dann nämlich, wenn wir richtig zuschlagen.“

      „Wir haben schon oft zugeschlagen, aber leider immer ins Leere“, sagte Dino.

      „Immer – immer – i – i – ins Lee – re“, wiederholte Tartamudo.

      „Halt du lieber dein Maul!“ schrie Acosta den Stotterer an. „Bis du ein dämliches Wort gequasselt hast, haben wir längst das Gold.“

      Die Entfernung zur „San Jacinto“ wurde immer größer. Jetzt waren auch an Deck des Wracks keine Einzelheiten mehr zu erkennen. Sie sahen nur noch ganz undeutlich und klein zwei oder drei Gestalten, die aber auch bald aus ihrem Gesichtskreis verschwanden.

      Acosta versuchte sich weiterhin zu verteidigen, denn die gleichgültigen oder zweifelnden Blicke der Kerle ärgerten ihn maßlos. Sie taten so, als erzähle er Märchen, die sie schon hundertmal gehört hatten.

      „Wir sind zwölf Mann, haben zwei Flöße und sind alle gut bewaffnet“, zählte er auf. „Außerdem sind wir aus der Reichweite dieser Bastarde. Wir werden nachher eine der kleinen Inseln anlaufen und die Dunkelheit abwarten. Bei Nacht ist die Karavelle dann fällig. Wenn wir Glück haben, lebt von den Kerlen bis dahin keiner mehr.“

      Für Acosta war das alles immer sehr einfach – jedenfalls in seinen eigenen Vorstellungen. Er war stur entschlossen, sich das Gold doch noch mit Gewalt zu holen.

      Aber schon etwas später erlebte er eine herbe Enttäuschung, obwohl seine eigenen Kerle fast schon wieder überzeugt waren, doch noch in den Besitz des Goldes zu gelangen.

      Die Enttäuschung bereitete ihm Prado.

      Auch auf seinem Floß befanden sich außer ihm fünf Kerle. Da waren Santos, Normando, Felipe, Senona und der listige Morro, letzter ein dürrer, aber zäher Kerl, der etwas mehr Verstand hatte als die anderen und auch immer überlegte, wenn er etwas tat.

      Auch sie unterhielten sich, aber auf andere Weise, als Acosta sich das vorstellte.

      Prado, der frühere Bootsmann der „Viento Este“, blickte aus schmalen Augen zu dem anderen Floß, wo Acosta an der Pinne hockte.

      Acosta hatte offenbar wieder mal Schwierigkeiten mit seinen Kerlen, denn er brüllte herum und pfiff den Stotterer an. Da drüben regte sich offener Widerspruch.

      Prado grinste sich eins. Seit sie abgesegelt waren, hatte er lange überlegt und längst einen Entschluß gefaßt. Er wollte das Gold natürlich auch, aber nicht auf Acostas Art mit der Brechstange. Das war ihm viel zu riskant, denn auch er hatte vor den Kerlen auf der Karavelle einen höllischen Respekt. Zudem war es mehr als fraglich, ob Acostas „Vergiftungsmethode“ überhaupt klappen würde.

      Morro hockte neben ihm mit übergeschlagenen Beinen. Zwischen den Beinen hatte er einen geladenen Blunderbuss liegen, mit dem er hin und wieder spielte.

      „Der hat wieder mal Ärger, der Versager“, sagte er. „Das dauert nicht mehr lange, dann gehen ihm die anderen an den Kragen. Ich bin jedenfalls von dem Kerl restlos bedient. Wir sind sechs Mann und können selbst bestimmen, was wir wollen. Oder siehst du das anders, Prado?“

      „Du meinst – natürlich sehe ich das genauso. Mit anderen Worten: Ihr habt keine Lust mehr, euch Acosta unterzuordnen.“

      Er sah die Kerle der Reihe nach lauernd an.

      Santos schüttelte nur stumm den Kopf, ebenso Felipe. Normando sagte es gleich etwas drastischer.

      „Ich auf keinen Fall. Wenn der mich noch einmal schief anglotzt, knall’ ich ihm was in den Wanst, und das wird ein schönes rundes Stück Blei sein.“

      „Wie siehst du das, Senona?“

      „Mit dem Idioten haben wir nur Ärger gehabt, weiter nichts. Vom Gold sind wir immer noch so weit weg wie vom Mond. Alles nur großkotzige Versprechungen, und dann legt der Mistkerl auch noch die eigenen Leute um, wenn sie etwas sagen.“

      „Und du, Morro?“

      „Hab’ ich doch schon gesagt, oder? Beinahe hätte mich der Drecksack auch abgemurkst. Das liegt jetzt natürlich auch an dir, Prado“, fügte er hinzu. „Du hattest ja selbst schon genug Ärger mit ihm. Ich will mit ihm jedenfalls nichts mehr zu tun haben. Er ist allein schuld daran, daß alle Aktionen gescheitert sind und unser Schiff jetzt ein Trümmerhaufen ist. Wenn wir ihn los sind, können wir auf eigene Faust weitermachen. Der sitzt uns doch nur wie eine dicke Laus im Pelz und weiß alles besser.“

      Damit war Acosta schon ausgebootet. Er wußte es nur noch nicht.

      Prado hatte sich schon länger mit dieser Aussicht befaßt. Sollte der Kerl seinen eigenen Weg gehen, sie würden ihren gehen und damit wesentlich besser fahren.

      „Also sind wir alle einer Meinung“, sagte er. „Dann soll Acosta die Karavelle eben selbst entern. Daran werden sie sich sowieso die Zähne ausbeißen.“

      „Ganz klar“, sagte Morro eifrig. „Er glaubt nämlich, daß die Kerle auf der Karavelle so dämlich sind und sich einfach entern lassen. Die ahnen doch längst, daß wir nicht aufgeben. Die sind viel gerissener, als wir denken. Das haben sie ja bewiesen.“

      Prado nickte nachdenklich. Der dürre Bursche hatte recht, der fiel nicht auf jeden Schmus herein.

      „Wir werden jedenfalls anders vorgehen, aber das werde ich euch nachher erklären.“

      Der vorläufige Grund für Prados Schweigen war das andere Floß, das sich jetzt auf dem Törn nach Süden ihnen noch weiter näherte.

      Der Abstand betrug nur noch knappe zehn Yards.

      Acosta schien äußerst miese Laune zu haben, weil die Kerle nicht mehr so richtig nach seiner Pfeife tanzen wollten. Deshalb versuchte er jetzt, wieder alle unter einen Hut zu bringen.

      Acosta segelte noch ein bißchen näher an Prados Floß heran. Dann zwang er sich zu einem überlegenen Grinsen, obwohl ihm die Galle hochstieg, als er die abweisenden Gesichter der anderen sah.

      „Nur keine schlechte Laune!“ rief er hinüber. „Heute nacht haben alle unsere Sorgen ein Ende. Dann sind wir reich und haben Gold im Überfluß.“

      „Ich kann den Scheiß von dem Kerl nicht mehr hören“,

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