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Olympiastadion durch einen 2:1-Sieg gegen die Niederlande Weltmeister wurde. Gespielt haben im Finale allerdings nur Berti Vogts und Rainer Bonhof – Günter Netzer, Jupp Heynckes, Herbert Wimmer und Wolfgang Kleff saßen auf der Bank. Netzer, der später sagte, er fühle sich nicht als Weltmeister, weil er nur etwa 20 Minuten gegen die DDR bei der 0:1-Niederlage spielte, kam aber immerhin die Aufgabe zu, im Training vor dem Finale gegen die Niederländer Johan Cruyff zu imitieren, damit sich Vogts bestmöglich auf den Superstar einstellen konnte. Mit Ausnahme der ersten Minute, wo Cruyff dem Gladbacher bekanntlich entwischte, gelang das dann ja auch hervorragend.

      Johan Cruyff sollte übrigens auch eine große Rolle im Leben von Hennes Weisweiler spielen. Nach der dritten Meisterschaft und dem Gewinn des UEFA-Cups 1975 verabschiedete sich Weisweiler in Richtung Barcelona. Doch die Station bei den Katalanen wurde zu einem noch nicht einmal einjährigen Intermezzo für den Coach. Bei Barça verlor der Trainer den internen Machtkampf mit Cruyff und musste vorzeitig die Koffer packen. Anschließend trainierte Weisweiler den 1. FC Köln, dann von 1980 bis 1982 Cosmos New York und schließlich, obwohl ihm reichlich Angebote aus europäischen Top-Ligen vorlagen, die Grasshoppers Zürich.

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      Bärbeißiges Genie: Gladbachs legendärer Trainer Hennes Weisweiler.

      Hennes Weisweiler verstarb im Juli 1983 überraschend im Alter von nur 63 Jahren an einem Herzinfarkt in der Schweiz. Die Beerdigung im Kölner Dom glich einem Staatsbegräbnis. Rund 20.000 Menschen, Fans, Ex-Spieler und alles, was im deutschen Fußball Rang und Namen hatte, waren gekommen, um einem der größten Trainer der Bundesligageschichte das letzte Geleit zu geben. Rund 20 Jahre später wurde eine Straße am neuen Stadion der Borussia »Hennes-Weisweiler-Allee« getauft, und im April 2005 gab man der DFB-Trainerschmiede in Köln den Namen »Hennes-Weisweiler-Akademie«. Anlässlich des 100. Vereinsjubiläums im Jahr 2000 wurde Hennes Weisweiler von den Borussen-Fans zum Jahrhunderttrainer des Klubs gewählt.

      Drei legendäre Spiele

      Nach Weisweilers Weggang im Sommer 1975 hatte Udo Lattek, der im Dezember 1974 bei den Bayern entlassen worden war, die Borussia übernommen. Er setzte mit einer eingespielten Mannschaft den Erfolg seines Vorgängers fort. Mit der zweiten Generation der »Fohlen« gewann er 1976 und 1977 die Meisterschaft – den »Hattrick« verpasste er 1978 nur aufgrund des schlechteren Torverhältnisses gegenüber dem 1. FC Köln – der übrigens von keinem Geringeren als Weisweiler trainiert wurde. Mit Weisweiler und Lattek waren also legendäre Trainer für die Erfolge in den siebziger Jahren verantwortlich. Und unter ihnen lieferten die »Fohlen« gleich eine Reihe legendärer Spiele ab. Das Pokalfinale 1973, eines der besten und spannendsten aller Zeiten mit der ersten und einzigen Selbsteinwechslung eines Profis, gehört genauso dazu wie das 12:0 der Gladbacher gegen Borussia Dortmund am 29. April 1978, dem höchsten Sieg in der Geschichte der Bundesliga – der zugleich eine Niederlage war. Denn zeitgleich gewann der 1. FC Köln mit 5:0 gegen den FC St. Pauli, und Borussia Mönchengladbach musste dem Erzrivalen den Meistertitel überlassen.

      image Ein morscher Pfosten: Weitaus kurioser war das Bundesliga-Heimspiel am 27. Spieltag der Saison 1970/71 gegen Werder Bremen. Zu Beginn der siebziger Jahre waren die Trikots noch aus Baumwolle und die Torpfosten aus Holz. Und jedes Kind weiß, dass Holz mit der Zeit morsch wird, wenn es so bei Wind und Wetter draußen stehen muss. Das war auch am Mönchengladbacher Bökelberg nicht anders. Werder hielt gegen den klaren Favoriten Gladbach ein 1:1. In der 87. Minute segelte eine Flanke in den Bremer Strafraum: Herbert Laumen schraubte sich hoch, flog am Ball vorbei, rauschte dafür mit viel Schwung ins Tornetz. Es knirschte, es krachte, und Werders Keeper Bernard musste die Flucht nach vorne antreten, um nicht von der Querlatte erschlagen zu werden. Der morsche Pfosten war wenige Zentimeter über der Grasnarbe gebrochen. Die Zuschauer hatten ihre helle Freude an dem Szenario, so etwas hatte es noch nie gegeben. Während Werders Spieler, hochzufrieden mit der Punkteteilung, sich eifrig daran machten, das Tor wieder aufzurichten, um weiterzuspielen, übten sich die Gladbacher in Untätigkeit. Sie hofften auf ein Wiederholungsspiel, in dem sie dann möglichst zwei Punkte einfahren wollten.

      Aber Schiedsrichter Gert Meuser wollte die Partie unbedingt über die Runden bringen, und nachdem notdürftige Reparaturarbeiten gescheitert waren, schlug er doch tatsächlich vor, Ordner sollten den Pfosten in den verbleibenden zwei Minuten festhalten. Nachdem auch das überraschenderweise nicht klappte, brach der Unparteiische die Partie dann doch ab.

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      Ein Tor ist gefallen – aber leider nur der Pfosten. Vergebens mühen sich die Bremer Spieler, den Holzbalken wieder aufzustellen.

      Die Rechnung der Gladbacher ging jedoch nicht auf: Das DFB-Sportgericht entschied später, die Partie für Werder zu werten. Heute liegt der legendäre Pfosten im Museum der Gladbacher Borussia, ein Stück Holz zwischen all den glänzenden Pokalen aus dieser glorreichen Ära. Darunter auch die Meisterschale der Saison 1970/71, denn die holten die Gladbacher trotz dieser Niederlage am Grünen Tisch.

      image Boninsegna und die Büchse: Ein halbes Jahr später ging die Partie im Europapokal der Landesmeister gegen Inter Mailand als das »Büchsenwurfspiel« in die Fußballgeschichte ein. Die Borussia spielte die Italiener nach allen Regeln der Kunst an die Wand und gewann mit 7:1. Englands Trainerlegende Matt Busby sagte nach der Gala der Gladbacher: »Gegen diese Mannschaft hätte heute niemand auf der Welt gewonnen. Das war Fußball in höchster Perfektion.« Genützt hat es der Borussia herzlich wenig, was hauptsächlich an den Schauspielkünsten eines gewissen Roberto Boninsegna lag. Der Inter-Stürmer war in der 28. Minute beim Stand von 2:1 für Gladbach von einer Dose getroffen worden. Am besten beschreibt wohl der Augenzeugenbericht von »Luggi« Müller die Szene:

      »Ich habe gesehen, wie die Dose Boninsegna an der Schulter traf. Zunächst schaute er nur ganz verdutzt. Dann kam Inter-Kapitän Sandro Mazzola auf ihn zugestürmt und rief, er solle sich fallen lassen. Und schon sank er wie vom Blitz getroffen zu Boden. Dabei war die Dose so gut wie leer. Das habe ich gemerkt, als ich sie Richtung Bande gekickt habe. Boninsegna wollte aufstehen, doch ein Inter-Masseur drückte ihn immer wieder zu Boden. Dann ließ er sich auf einer Trage abtransportieren. Wir haben aber gesehen, dass er dabei noch seinen Mitspielern zugezwinkert hat. Es war eine große schauspielerische Leistung.«

      Boninsegna wurde attestiert, nicht mehr einsatzfähig zu sein. Ein Fall für die Disziplinarkommission der UEFA, die schließlich ein Wiederholungsspiel ansetzte, Gladbach eine Geldbuße von 10.000 Mark aufbrummte und zudem eine Platzsperre verhängte. Das Wiederholungsspiel in Berlin endete 0:0 – zu wenig nach der 2:4-Niederlage im regulären Rückspiel in Mailand. Zeugen des 7:1-Spektakels waren übrigens lediglich die rund 26.000 Zuschauer am Bökelberg, denn die Borussia und die ARD konnten sich wegen einer Differenz von 6.000 Mark (!) nicht einigen, und so wurde die Partie nicht im Fernsehen übertragen. Die Cola-Dose ist übrigens, im Gegensatz zum Pfosten, nicht im Borussia-Museum ausgestellt. Sie steht im Vereinsmuseum von Vitesse Arnheim, nachdem der niederländische Schiedsrichter Jef Dorpmans sie eingesammelt und mit nach Hause genommen hat.

      image Meisterschale statt Cognacschwenker: Dorpmans konnte nichts für das bittere Aus gegen Inter, ganz im Gegensatz zu seinem Landsmann Leonardus van der Kroft. Der verpfiff die »Fohlen« nach allen Regeln der Kunst im Europapokal-Rückspiel am 17. März 1976 bei Real Madrid. Nach dem 2:2 am Bökelberg gegen die »Königlichen« mit Netzer und Paul Breitner brachten Henning Jensen und Hans-Jürgen Wittkamp die Borussia auf die Siegerstraße. Dachten auch die über 100.000 Real-Fans im Bernabéu-Stadion. Nur van der Kroft hatte etwas dagegen, pfiff Abseits oder Handspiel – und die Borussia schied aus. Berti Vogts wetterte, der Europapokal sei »nichts mehr wert, weil er käuflich ist«, und beschloss zunächst, den Ärger mit einer Flasche Cognac herunterzuspülen. Er besann sich alsbald eines Besseren und schwor die

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