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ist. »Sie werden sehen«, hatte Cramer mir gesagt, »heute sucht alle Welt Stürmer, und ein Verteidiger ist nichts wert. Aber in ein paar Jahren wird es wieder eine Weiterentwicklung und Gegenbewegung geben. Dann werden Verteidiger hoch im Kurs stehen, die taktisch so geschult sind, dass sie defensiv hervorragend funktionieren und doch zusätzlich die Offensive initiieren.« Ich frage mich heute, ob er damals schon die »revolutionäre« Viererkette im Kopf hatte? Man kann sich vorstellen, dass das seinerzeit viele gar nicht hören wollten. Aber so ist das mit der Wahrheit ja ganz oft. Cramer landete jedenfalls mit der Mannschaft wenigstens noch auf Platz zehn der Bundesliga, was Sepp Maier wie gewohnt mit dem ihm eigenen Humor nahm: »Wir verlieren halt öfter, damit uns die anderen wieder lieber haben.«

      Grund zum Lachen hatten die Bayern dennoch am Ende der Saison – trotz Platz zehn in der Liga, der zweitschlechtesten Platzierung aller Zeiten. Denn im Pariser Stadion Parc des Princes verteidigten sie ihren Europapokaltitel durch ein allerdings glückliches 2:0 nach Toren von »Bulle« Roth und Gerd Müller gegen Leeds United.

      Mit kaum verändertem Kader schaffte es der »Fußball-Professor«, sein Team auf Platz drei in der Bundesligasaison 1975/76 zu führen und zum dritten Mal in Folge ins Finale im Cup der Landesmeister. Einer der Neuen im Team war der junge Stürmer Karl-Heinz Rummenigge, der ausnahmsweise nicht aus Bayern, sondern aus dem westfälischen Lippstadt stammte. Rummenigge war vor dem Endspiel gegen den AS St. Etienne in Glasgow so nervös, dass ihm Cramer einen Cognac genehmigte. Rummenigge trank gleich deren zwei und machte ein Superspiel. Während der Youngster Lob von allen Seiten bekam, mäkelte die Presse am Rest der Mannschaft nach deren glanzlosem 1:0-Erfolg herum. Beckenbauer, so schrieb die »Times«, sei »über den Rasen gewandert wie ein Bouevardflanierer, der auf seinen Morgenaperitif wartet«. Andere Zeitungen behaupteten gar, die Bayern hätten sich den Titel »wie ein Dieb geangelt«, und nannten die Münchner »Fußballparasiten«.

      Die Münchner ließ das kalt. Sie wähnten sich noch längst nicht am Ende ihrer Erfolgsserie, und Präsident Neudecker fürchtete gar, die Mannschaft werde »sich zu Tode siegen«. Aber dieses Mal irrten sie sich gewaltig. Die Bayern gewannen 1976 nach einem 2:0-Erfolg über Belo Horizonte zwar noch als erste deutsche Mannschaft den Weltpokal, doch auf den wichtigsten Titel in Europa mussten sie nach dem Triumph von Glasgow 25 Jahre warten – eine Ewigkeit.

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       PLATZIERUNGEN DES FC BAYERN 1966–2012

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      102 Sekunden in Barcelona

      Dabei hatten die Münchner am 26. Mai 1999 schon mehr als eine Hand am Pokal, bevor die wohl brutalsten Minuten in der Geschichte der Bayern anbrachen. Durch einen Treffer von Mario Basler war man im Champions-League-Finale gegen Manchester United in Führung gegangen. Basler, kurz vor dem Abpfiff ausgewechselt, hatte schon die Siegerkappe auf dem Kopf, der Champagner war bereitgestellt. Doch 102 Sekunden stellten alles auf den Kopf, der berühmte Bayern-Dusel hatte offenbar keinen Einlass ins Estadio Nou Camp zu Barcelona gefunden.

      Es war unfassbar, und ausnahmsweise dürfte auch der eine oder andere »Bayern-Hasser« Mitleid mit der Mannschaft gehabt haben, spätestens bei den Bildern des hemmungslos schluchzenden Sammy Kuffour. Die Münchner trafen in der Schlussphase Pfosten und Latte, Manchester das Tor. Teddy Sheringham glich aus, und Ole Gunnar Solskjaer schoss die Engländer mit dem 2:1-Siegtreffer in den Fußballhimmel, die Bayern in die Hölle.

      Der Rekordmeister verlor nach dem Drama von Barcelona auch noch das anschließende DFB-Pokalspiel gegen Werder Bremen, und so blieb »nur« der Meistertitel statt des »Triples«. Dieses Trauma hätte kaum eine andere Mannschaft verwinden können. Doch die Bayern wären nicht die Bayern, wenn sie sich nicht bald wieder berappelt hätten. Nur zwei Jahre später, am 23. Mai 2001, bezwangen sie im Finale der Champions League den FC Valencia im Elfmeterschießen.

      Der FC Bayern ist nach wie vor das Maß aller Dinge im deutschen Fußball, der Titel in der Bundesliga ist geradezu Pflicht. Klappt das nicht, führt es in der Regel dazu, dass Uli Hoeneß eine seiner berühmt-berüchtigten Wutreden hält und beim FC Hollywood wieder mal der Baum brennt. Und obwohl der Verein alles andere als ein Skandalklub ist, lassen sich mit ihm bestens Schlagzeilen machen und Quotenrekorde im Fernsehen erzielen. Das hat vor allem auch mit dem Anspruchsdenken der Bayern zu tun, die logischerweise nicht nur in der Bundesliga, sondern auch in Europa nicht nur mit-, sondern möglichst auch die erste Geige spielen wollen. Das ist ihnen zuletzt allerdings nicht wirklich gelungen, aber immerhin zweimal, 2010 und 2012, schaffte der Rekordmeister den Einzug ins Champions-League-Finale, wo er erst an Inter Mailand und dann, im tragischen »Drama dahoam«, am FC Chelsea scheiterte.

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      Nicht immer stimmt das Prädikat »Forever Number One«. 2012 wurden die Bayern dreimal »Vize«: Im Kampf um Meisterschaft und DFB-Pokal unterlagen sie Borussia Dortmund, in der Champions League im eigenen Stadion dem FC Chelsea. Nach dem »Finale dahoam« waren die Spieler untröstlich.

      Seit dem Bestehen der Bundesliga standen dem FC Bayern lediglich fünf Präsidenten vor. Auch das ist ein Zeichen für die Seriosität und Nachhaltigkeit der Arbeit in diesem Klub: Wilhelm Neudecker von 1962 bis 1979, Willi O. Hoffmann von 1979 bis 1985, Prof. Dr. Fritz Scherer von 1985 bis 1994, Franz Beckenbauer von 1994 bis 2009 und seit 2009 schließlich Uli Hoeneß. Er hat den Verein als Manager zu einer Weltmarke gemacht, Karl-Heinz-Rummenigge ist seit 2002 Vorstandsvorsitzender der FC Bayern München AG, und Paul Breitner ist hinter den Kulissen ein weiterer wichtiger Mann an der Säbener Straße, um nur einige zu nennen, die dort über Jahre ihr großes Fachwissen mit einbringen. Der Kreis hat sich geschlossen, wenn man so will. Es ist kein Wunder, dass heute die Protagonisten der goldenen siebziger Jahre die Geschicke dieses einzigartigen Vereins lenken. Dahinter stecken Weitsicht und hohe Kompetenz, sowohl sportlich als auch wirtschaftlich. Und so sind die Stars von damals heute als Funktionäre mindestens genau so erfolgreich wie einst auf dem Fußballfeld.

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