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      Die kleine Elten

       Inhaltsverzeichnis

       I.

       II.

       III.

       IV.

       V.

       VI.

       VII.

       VIII.

       IX.

       X.

       XI.

       XII.

       XIII.

       XIV.

       XV.

       XVI.

       XVII.

       XVIII.

       XIX.

       XX.

       XXI.

       XXII.

       XXIII.

       XXIV.

      I.

       Inhaltsverzeichnis

      Also heute war der große Tag!

      Eine bedeutsame Energie lag auf Valeska Eltens schönem Gesicht, während sie sich vor dem Spiegel des Hotelzimmerchens die Haare machte.

      Auf dem Teppich stand ihre irdische Habe. Ein großer Koffer mit kostbaren Theatertoiletten – ihr Schatz und Heiligtum, zu dem noch drei ähnliche, als Frachtgut nachkommende Ungetüme gehörten –, ein paar Hutkartons und ein kleines Kofferchen, das ihre »Zivilsachen«, Wäsche usw. barg.

      Auf dem Tisch lag der Bühnen-Almanach. Daneben ein Stoß Briefe von Agenten und Direktoren, ein Brenneisen, ein großer Bogen, auf dem sie in zierlicher Schrift ihr Repertoire verzeichnet hatte, einige Papilloten und ein Pack mit blauem Seidenband zusammengehefteter Zeitungsausschnitte.

      Das waren die Kritiken über ihre Tätigkeit am Bergheimer Stadt-Theater. Ein schöngeistiger Gymnasialoberlehrer hatte sie geschrieben. Das Herz des schwerverheirateten Mannes war in hoffnungsloser Liebe zu ihr entbrannt gewesen, und siegreich trug ihn in seinen Rezensionen der Schwung der Begeisterung über holperige Perioden und ciceronianische Schachtelsätze hinweg, wie feurige Pferde den Jagdwagen über den Knüppeldamm reißen.

      Sie hatte ihm denn auch zum Abschied freundlich die Hand gedrückt und versprochen, zu schreiben.

      Dabei kam sie sich sehr dankbar vor. Denn was brauchte sie jetzt in Berlin noch den Oberlehrer aus der Provinz, in Berlin, dessen Brausen und Tosen geheimnisvoll in ihr Hotelzimmer drang.

      Da stand es gedruckt im »Börsen-Courier«, dessen letzte Nummer neben ihr vor dem Spiegel lag, in der Rubrik »Hinter den Kulissen«:

      »Die Direktion des Westend-Theaters hat Fräulein Valeska Elten vom Stadt-Theater in Bergheim für die beginnende Saison verpflichtet. Den Abschluß vermittelte die Hasselsche Agentur.«

      Eine dürftige, kleine Notiz – aber wie inhaltreich für Fräulein Elten, die sich noch immer vor dem Spiegel mit ihren langen, kastanienbraunen Flechten abquälte.

      Natürlich – wenn man Eile hat, geht es erst recht nicht! Und wieviel hatte sie heute zu tun, an dem grosten Tag, der sie in den Berliner Kampf ums Dasein führte.

      Einige Haarnadeln zwischen die Zähne geklemmt, mit ungeduldig flackernden Augen, beendete sie die Frisur und stieß vorsichtig den langen silbernen Pfeil durch das hochgesteckte Nest.

      Dann stand sie auf, warf noch einen Blick auf die blau angestrichene Notiz des »Börsen-Couriers«, deren paar Worte sie schon auswendig konnte, und sah sich dann in dem Stehspiegel an.

      Es war, als hielte sie Musterung für den Kampf, der ihr bevorstand. Ihre feinen Nasenflügel blähten sich, die schmalen Lippen preßten sich fest aufeinander, und in den Augen zitterte wieder ein unstetes grünliches Licht, wie das einer lauernden Katze.

      Es war ein harter Kampf, das wußte sie.

      Was hatte sie für Waffen?

      Wieder blickte sie in den Spiegel.

      Kein Zweifel, sie war hübsch! Sehr hübsch sogar!

      Das vornehme Oval des Gesichts, über dessen schmaler Stirn die braunen Löckchen sich kräuselten, der kluge, etwas spöttische Ausdruck, der aus den lebhaften Augen sprach und um die Mundwinkel zuckte, die schlanke, mittelgroße Gestalt – gegen das alles war nichts einzuwenden.

      Freilich – der Teint! Etwas Puder war kaum mehr zu entbehren, wenn man sich acht Jahre hindurch in der Kulissenluft kleiner Provinzbühnen herumgetrieben hat.

      Jetzt zählte sie sechsundzwanzig. Für Berlin ist das kein Alter. Aber Zeit war es doch, hohe Zeit, den Erfolg zu packen.

      Mit Schönheit allein macht man das nicht. Dazu gehören – die Elten zählte sich das in ihrem Nachsinnen, während sie sich in eine Ecke des Sofas lehnte, gewissenhaft auf –, dazu gehören außerdem Konnexionen, Geld, Tatent und Glück.

      Konnexionen hatte sie keine! Wie sollte sie solche auch als fahrende Provinzschauspielerin anknüpfen? Und Geld sehr wenig. Die Koffer, etwas Schmuck und 412,50 Mark in der Tasche war alles, was sie ihr eigen nannte.

      Talent? Ja, sie hatte Tatent. Aber wie weit es für Berlin reichte, wußte sie nicht. Sie war klug genug, das einzusehen.

      »Ich glaube, ich bin überhaupt klug!« sagte die Elten für sich und trat wieder vor den Spiegel. »Wirklich ... Und wer in Berlin klug ist, macht sein Glück!«

      Das Glück ... ja! ... Das war es schließlich doch, wovon alles abhing. Was war es anders als Glück, daß Herr Hochmann, der Direktor des Westend- Theaters, zufällig auf einer Geschäftsreise in Bergheim übernachtete und abends ins Theater ging, und daß sie gerade an diesem Abend

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