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daraus machen.«

      »Bettina, du hast doch genug andere Möglichkeiten. Laß es hier so, wie es ist.«

      »Damit es verrottet?«

      »So schnell verrottet nichts. Irgendwie habe ich das Gefühl, daß du das alles hier noch mal brauchen wirst.«

      »Das glaube ich nicht«, Bettina war wütend, nicht, weil ihr Vater in den Umbau so viel investiert hatte, sondern weil er – und das entsprach eigentlich so gar nicht seinem Naturell – nicht umsichtig genug gewesen war, die Rezeptur aufzuschreiben und wenn schon nicht ihren Brüdern, so doch ihr, zu hinterlassen. Schließlich hatte er ihr auch den Fahrenbach-Hof vererbt mit allem, was dazu gehörte.

      »Komm, reg dich nicht auf. Irgendwann und irgendwie reiht sich alles. Dein Vater hat die Rezeptur für unser Kräutergold nicht einfach weggeworfen.«

      »Aber er hat sie niemandem gegeben, auch der Notar wußte von nichts. Und aus dem Jenseits kann Papa sie mir unmöglich schicken.«

      »Bettina.«

      »Ist schon gut, entschuldige bitte, Arno. Gehen wir also wieder. Das Haus hier kann ich auf jeden Fall von der Liste streichen.«

      »Am besten fängst du mit dem alten Gesindehaus an. Das können wir selber herrichten, das sind acht Zimmer.«

      »Aber nur ein altes, unmodernes Bad, die Heizung muß auch erneuert werden.«

      »Bettina, du solltest jetzt nicht weiter darüber reden, du bist schlecht gelaunt und zerredest alles. Geh einfach spazieren. Aber zum Gesindehaus möchte ich dir noch sagen, daß der Flur weder unten noch oben so breit sein muß, da ließen sich beispielsweise Bäder einbauen. Schau dir die Pläne genau an, wir können es auch gemeinsam tun, aber nicht heute.«

      Bettina lachte.

      »Du hast recht, Arno… morgen ist auch noch ein Tag, ich fahr mal ins Dorf, Linde besuchen.«

      »Wir bekommen Besuch«, sagte Arno und deutete auf den großen Geländewagen, der in ziemlichem Tempo den Hügel heraufgerast kam.

      »Sicher jemand aus der Stadt. Jemand von hier würde nicht so rasen.«

      »Jemand von hier«, sagte Arno, »würde auch nicht so ein Angeber-Auto fahren.«

      Damit hatte er allerdings recht.

      »Ich seh mal nach, was ich noch an Unterlagen habe. Dein Vater hat mir mal einen ganzen Packen gegeben.«

      Mit diesen Worten trollte er sich, und Bettina sah erwartungsvoll dem Auto entgegen.

      Der Fahrer machte eine Vollbremsung. Staub wirbelte auf, dann stieg ein junger Mann aus. Er mochte ungefähr in ihrem Alter sein und tat unwahrscheinlich cool. Bettina konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.

      Der Mann kam auf sie zu.

      »Hi, können Sie mir sagen, wo ich Frau Fahrenbach finde?«

      Daß sie es sein könnte, darauf kam er wohl nicht. Na ja, sie hatte auch nur eine Jeans und ein T-Shirt an, war ungeschminkt und hatte ihre Haare lässig zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.

      »Worum geht es denn?«

      Er schnippte ein imaginäres Stäubchen von seiner gewiß immens teuren Designerjacke.

      »Das werde ich ihr schon selbst sagen. Also, wo finde ich Frau Fahrenbach?«

      Was bildete er sich eigentlich ein.

      »Ich bin Bettina Fahrenbach.«

      Offensichtlich konnte er es kaum glauben.

      »Die Besitzerin von allem hier«, er machte eine umfassende Handbewegung, »und von dem See?«

      Sie nickte.

      »Ganz recht.«

      Er griff in seine Jackentasche, holte eine Visitenkarte hervor, die er ihr herüberreichte.

      Feinstes Bütten und Stahlstich.

      »Ingo Gerstendorf von Gerstendorf Immobilien und Grundbesitz.«

      »Und was kann ich für Sie tun, Herr… Gerstendorf?«

      »Ich möchte Grundstücke von Ihnen kaufen, ganz speziell Seegrundstücke – genauer gesagt, die Westseite.«

      »Ich verkaufe nicht.«

      »Tja, meine Liebe, inzwischen haben wir die Zusage von sehr solventen Investoren. Wir planen ein Luxushotel mit angegliedertem Golfplatz und großem Spa-Bereich. Das macht es mir möglich, Ihnen ein noch besseres Angebot zu machen.«

      »Was heißt das? Noch besser? Sie haben mir noch kein Angebot gemacht.«

      Er räusperte sich.

      »Nein, Ihnen nicht, aber dem verstorbenen Herrn Fahrenbach. Ihr Vater, vermutlich?«

      »Ganz recht. Und mein Vater hat Ihr Angebot abgelehnt, nicht wahr?«

      »Ja, aber…«

      Bettina unterbrach ihn.

      »Tut mir leid, Herr Gerstendorf. Ich verkaufe nicht. Fahrenbach ist in der fünften Generation im Familienbesitz, und es ist noch niemals etwas verkauft worden. So wie meine Vorfahren, so wie mein Vater werde auch ich es handhaben. Ich fühle mich verpflichtet, es zu erhalten.«

      »Meine Liebe, alles schön und gut. Aber die Situation ist doch jetzt eine andere. Was früher Wiesen und Äcker waren oder nichtsnutziges Seeufer ist jetzt Bauland oder wird es in Kürze. Da wäre es doch töricht, sich einen dicken Batzen Geld entgehen zu lassen. Außerdem wertet ein solches Luxusobjekt Ihren übrigen Besitz nur noch weiter auf.«

      »Sparen Sie sich alle weiteren Worte. Ich verkaufe nicht.«

      »Wenn Sie sich das erlauben können.«

      Wenn du wüßtest, dachte Bettina insgeheim, laut aber sagte sie: »Ich kann es mir erlauben.«

      Sie wollte ihm die Visitenkarte zurückgeben.

      »Nein, nein, behalten Sie die bloß. Falls Sie es sich doch noch überlegen.«

      »Da gibt es nichts zu überlegen. Schade um Ihre Karte, die bestimmt teuer war, feinster Stahlstich, feinstes Bütten.«

      »Man tut, was man kann«, lächelte er geschmeichelt. »Ach, was ich Sie noch fragen wollte, sind Sie zufällig mit Herrn Fahrenbach vom Weinkontor Fahrenbach verwandt?«

      »Er ist mein Bruder.«

      »Ein reizender Mensch, ich habe ihn zufällig in New York kennengelernt, wir wohnten beide im Waldorf… kleiner Wochenendtrip mit unseren Frauen, übrigens auch eine sehr nette Person, Ihre Schwägerin. Hm, ja, Ihr Bruder und ich planen auch ein Projekt. Vielleicht kann er Sie dazu überreden, zu verkaufen. Ich denke, Anteile an unserem Projekt hier könnten auch für ihn interessant sein.«

      »Herr Gerstendorf, mein Bruder hat mit alldem hier nichts zu tun, so wie ich nicht mit dem Weinkontor. Es hat deshalb überhaupt keinen Zweck, mit ihm darüber zu reden, im Gegenteil, ich würde es als eine Indiskretion betrachten.«

      »O nein, ich will es mir doch mit Ihnen nicht verderben. Nichts für ungut, und, wie gesagt, ich würde mich sehr darüber freuen, wenn Sie Ihre Meinung ändern würden.«

      »Sicher nicht, aber bitte entschuldigen Sie mich jetzt. Ich habe noch zu tun.«

      Er reichte ihr seine Rechte, und im Gegensatz zu seiner vorgespielten Dynamik war sein Händedruck ausgesprochen schlaff.

      Er winkte ihr nochmals zu.

      »Nicht vergessen, ein Anruf genügt«, mit diesen Worten stieg er in sein Auto und raste mit quietschenden Reifen davon.

      Kopfschüttelnd wandte Bettina sich ab.

      »Was war das denn für ein Spinner?« wollte Leni wissen, die über den Hof kam.

      »Er wollte Grundstücke von mir kaufen, um an unserem See ein Luxushotel mit Golfplatz zu bauen.«

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