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daß du da hineingezogen worden bist«, erklärte er, und an seinen Augen erkannte sie, daß er es ehrlich meinte. »Ich wünschte, ich könnte es ungeschehen machen, aber… es gibt für uns beide kein Zurück mehr, Sarina. Wir können nur noch versuchen, das Beste aus der ganzen Sache zu machen, und ich kann dir zumindest eines versprechen: Es wird für dich keine schlimme Ehe werden. Ich werde mich dir gegenüber absolut korrekt verhalten, und vielleicht… vielleicht können wir beide sogar so etwas wie Harmonie… ein stilles kleines Glück finden.« Er zwang sich zu einem Lächeln. »Ich habe dich immer gemocht, Sarina.«

      »Ich mag dich auch, Klaus«, gestand sie, dann schluchzte sie auf. »Ich wollte aber noch nicht heiraten. Mein Leben… es war so erfüllt… ich war so glücklich… meine Arbeit…« Sie sah sich in der düsteren Bibliothek um. »Wie soll ich hier auch nur annähernd das finden, was ich in Steinhausen zurücklasse?«

      Noch immer hielt Prinz Klaus ihre Hand fest und spürte daher ihr verzweifeltes Zittern.

      »Wenn es dir hilft, dann werde ich mich dafür einsetzen, daß du bis zur Hochzeit in Steinhausen bleiben und deiner Arbeit nachgehen kannst«, versprach er, dann zuckte er hilflos die Schultern. »Mehr kann ich nicht für dich tun. Als künftige Fürstin von Hohenstein kannst du unmöglich in der Praxis eines Frauenarztes arbeiten. Schon als meine Verlobte wird es beinahe einem Skandal gleichkommen, wenn du deine Tätigkeit fortsetzt.«

      »Danke, Klaus«, hauchte Sarina. »Ich weiß dein Angebot zu schätzen, und ich möchte es annehmen – vielleicht nicht bis zur Hochzeit, aber zumindest so lange, bis Dr. Daniel für mich einen Ersatz gefunden hat. Ich kann ihn nicht einfach im Stich lassen.«

      Prinz Klaus nickte, dann sah er auf die Uhr. Er berührte Sarinas Arm und seufzte leise.

      »Der Empfang«, sagte er nur. »Man wird schon auf uns warten, und… ich fürchte, wir müssen zumindest so tun, als wäre diese Verlobung unser eigener Wunsch.«

      Sehr ernst sah Sarina ihn an. »Müssen wir das wirklich? Ist es nicht schon genug, wenn wir uns der Entscheidung unserer Eltern beugen?«

      Prinz Klaus zuckte die Schultern. »Ja, vielleicht hast du recht.«

      Doch als sie sich später zu einem formellen Verlobungskuß überreden ließen, sprach man überall davon, daß hier in einem halben Jahr eine Liebesheirat stattfinden würde. Dabei konnte es wohl kaum ein unglücklicheres Brautpaar als Prinz Klaus von Hohenstein und Komtesse Sarina von Gehrau geben.

      *

      Nach drei Wochen war Juliane Weber nur noch ein Schatten ihrer selbst. Nachts konnte sich nicht schlafen, tagsüber saß sie vor einer mittlerweile abgegriffenen Zeitschrift und sah immer wieder die Bilder von Prinz Klaus und seiner Verlobten an, obwohl ihr das glückliche Lächeln der beiden fast körperliche Schmerzen verursachte.

      Sie glaubte längst nicht mehr an die Geschichte, die Klaus ihr bei seinem letzten Besuch aufgetischt hatte. Die Bilder von ihm und Komtesse Sarina sprachen für sich. Diese Verlobung war nicht von Fürst Adalbert arrangiert worden, sondern von Klaus selbst.

      Er hat nur mit mir gespielt, dachte Juliane, und diese Gewißheit schmerzte noch viel mehr als die Bilder des reißerisch aufgemachten Artikels, die von Glück und Liebe zeugten.

      »Juliane, du solltest dich nicht so quälen.«

      Die sanfte Stimme ihrer Mutter riß sie aus ihren Gedanken. Karola Weber war für ein paar Tage zu ihrer Tochter gekommen, weil die Sorge um Juliane ihr keine Ruhe mehr gelassen hatte.

      Die junge Frau seufzte tief auf, dann schob sie die Zeitschrift zurück.

      »Es ist gleichgültig, ob ich die Bilder vor meinen Augen habe oder nicht – sie haben sich mir ins Herz gebrannt.« Mit zitternden Fingern strich sie ihr langes, dunkles Haar zurück. »Noch nie in meinem Leben war ich so unglücklich.«

      Besorgt sah ihre Mutter sie an. »Du bist so mager geworden, Kind, und auch ganz blaß. Vielleicht solltest du zum Arzt gehen. Seit ich hier bin, hast du ja kaum etwas gegessen.«

      Juliane winkte ab. »Mir wird schon übel, wenn ich nur ans Essen denke, aber da kann mir kein Arzt der Welt helfen. Ich bin krank vor Liebe… krank vor Sehnsucht nach Klaus. Dabei… er verdient meine Liebe im Grunde gar nicht.« Sie tippte auf ein Bild, das Prinz Klaus und Komtesse Sarina zeigte. »Das war es, was er von Anfang an wollte – eine standesgemäße Frau.«

      Karola Weber sah ihrer Tochter über die Schulter. »Ich weiß nicht so recht, Juliane. Die beiden lächeln zwar, doch ihre Augen sind viel zu ernst, als daß sie wirklich glücklich sein könnten.«

      Störrisch schüttelte Juliane den Kopf. »Du irrst dich, Mama, die beiden sind bestimmt ineinander verliebt.«

      Noch einmal betrachtete Karola Weber die Bilder und machte sich darüber so ihre eigenen Gedanken, dann nahm sie ihre Tochter entschlossen bei der Hand.

      »Komm, mein Kind, wir beide machen jetzt einen kleinen Spaziergang«, schlug sie betont munter vor. »Du wirst sehen, ein bißchen frische Luft wird dir guttun.«

      Juliane verspürte zwar überhaupt keine Lust zu einem Spaziergang, doch sie wußte, daß es keinen Sinn hätte, ihrer Mutter zu widersprechen.

      Die Herbstluft war kühl und feucht, was noch deutlicher wurde, als die beiden Frauen den Wald erreichten. Die hier herrschende Stille legte sich drückend auf Julianes Gemüt. Sie fühlte sich müde und ausgelaugt, die Waldluft schien sie irgendwie zu betäuben.

      »Was ist mit dir, Juliane?« fragte Karola Weber besorgt, als ihre Tochter plötzlich taumelte.

      »Nichts, Mama«, behauptete Juliane und strich mit einer Hand über ihre Stirn. »Ich fühle mich im Moment nur… ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Ein wenig unsicher… schwindlig…«

      Erneut taumelte sie, dann sackte sie mit einem Seufzer zusammen und blieb reglos auf dem weichen Waldboden liegen.

      »Juliane!« rief ihre Mutter erschrocken. »Um Himmels willen…« Wie gehetzt blickte sie sich um, doch sie war völlig allein mit ihrer bewußtlosen Tochter.

      »Hilfe!« schrie sie verzweifelt. »Hilfe!«

      Sie beugte sich über Juliane und rüttelte sie. »Kind, was ist mit dir! Wach doch auf!«

      Aber die junge Frau bewegte sich nicht. Karola fühlte Panik in sich aufsteigen. Sie wußte nicht, was sie tun sollte. Juliane brauchte dringend ärztliche Hilfe, andererseits konnte sie sie hier auch nicht ganz allein liegenlassen, um einen Arzt zu alarmieren.

      In diesem Augenblick sah sie etwas Weißes durch die Bäume schimmern und lief ein paar hastige Schritte darauf zu.

      »Das ist ja…«, stieß sie atemlos hervor. »O Gott!« Sie rannte zum Waldrand und über die Wiese. »Hilfe!«

      Im nächsten Moment wurden die Doppeltüren des hufeisenförmigen, weißen Gebäudes aufgerissen, und eine junge Frau im hellblauen Kittel lief heraus und Karole entgegen.

      »Meine Tochter!« rief Karola schon von weitem. »Sie ist zusammengebrochen!« Aufgeregt wies sie hinter sich. »Sie liegt dort im Wald!«

      Die Krankenschwester machte kehrt, rief durch die Doppeltüren irgend etwas ins Innere des Gebäudes, das ganz offensichtlich eine Klinik war. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis zwei Krankenpfleger mit einer Tragbahre herauseilten und der Schwester folgte.

      Karola Weber war inzwischen schon wieder zum Waldrand geeilt. Sie sah kurz zurück, erkannte, daß die Schwester und die beiden Krankenpfleger ihr folgten, und lief rasch die wenigen Schritte bis zu ihrer Tochter, die noch immer bewußtlos auf dem Boden lag.

      Kurz nach ihr kamen die Krankenpfleger und die Schwester. Juliane wurde auf die Trage gelegt und eilig zur Klinik gebracht. Hier wartete denn auch schon ein Arzt auf sie. Die Krankenpfleger legten die junge Frau im Untersuchungszimmer auf die Liege, dann ließen sie den Arzt mit ihr allein. Dieser untersuchte Juliane, kontrollierte Puls und Blutdruck. Letzteren mußte er zweimal messen, bevor er überhaupt ein brauchbares Ergebnis erhielt.

      »Der

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