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auf die heiratswütigen Prinzessinnen geworfen? Die sind ja längst alle jenseits von gut und böse. Das will ich weder Klaus noch mir selbst antun.«

      Fürstin Helene senkte pikiert den Kopf. »Es wird für Klaus ein großer Schock sein.«

      »Ganz sicher«, bekräftigte Fürst Adalbert. »Aber wäre es dir vielleicht lieber, wenn er selbst seine Verlobung mit diesem hergelaufenen Mädchen bekanntgegeben hätte? Das wäre dann nämlich für uns ein Schock gewesen, und wenn du mich fragst – umgekehrt ist es mir sehr viel lieber. Klaus wird sich schon wieder fangen und die Vorzüge seiner zukünftigen Frau erkennen.«

      Fürstin Helene nickte zwar, doch sie bezweifelte, daß ihr Mann recht behalten würde. Wenn Klaus dieses andere Mädchen wirklich liebte, dann würde er sich mit dieser arrangierten Hochzeit niemals abfinden, und für ein paar Augenblicke war sie sogar versucht, ihren Sohn zu warnen. Jetzt wäre noch Zeit für ihn, um auf die von seinem Vater eingefädelte Verlobung wirkungsvoll zu reagieren.

      Fürstin Helene wußte aber auch, was es für ihre eigene Ehe bedeuten würde, wenn sie ihrem Impuls nachgeben würde. Adalbert würde ihr diesen Vertrauensbruch niemals verzeihen, und der Gedanke, daß statt einer Komtesse dann ein bürgerliches Mädchen auf Schloß Hohenstein Einzug halten würde, tat ein übriges, um die Fürstin von dem Gedanken, der sie gestreift hatte, wieder abzubringen. So, wie Adalbert es eingerichtet hatte, war es das Beste – und zwar für alle Beteiligten!

      *

      Prinz Klaus hatte einen Entschluß gefaßt. Sein Geburtstag stand unmittelbar bevor, da wurde jedes Jahr eine große Gesellschaft gegeben. Bei dieser Gelegenheit würde er seine Verlobung mit Juliane bekanntgeben.

      »Dein Vater wird toben«, befürchtete Juliane, als Klaus von seinem Vorhaben erzählte.

      »Nicht vor den Gästen«, entgegnete der Prinz lächelnd. »Nach der Gesellschaft, ja, da wird er seinem Zorn freien Lauf lassen, aber das ist nicht viel mehr als Schall und Rauch, denn er kann die Verlobung dann auch nicht mehr rückgängig machen.«

      Juliane seufzte. »Ihr habt schon eigenartige Regeln, Klaus.« Dann schmiegte sie sich an ihn. »Hoffentlich geht alles gut.«

      »Bestimmt«, versicherte Prinz Klaus und nahm sie zärtlich in die Arme. »In einer Woche werden wir auch offiziell ein Paar sein, und dann wird niemand mehr etwas daran ändern können, daß wir heiraten.«

      Doch aus irgendeinem Grund gelang es Juliane nicht, sich von Klaus’ Optimismus anstecken zu lassen. Sie fühlte eine unbestimmte Gefahr, die sich zwar noch nicht greifen ließ, die aber trotzdem da war, und sie wünschte, Klaus’ Geburtstag wäre schon angebrochen. Wenn die Verlobung erst einmal bekanntgegeben war, konnte nicht ein-mal der Fürst mehr etwas dagegen unternehmen – auch wenn Juliane diese seltsame Einstellung noch immer nicht ganz begriff.

      *

      Das anzügliche Lächeln seines Vaters gefiel Prinz Klaus ganz und gar nicht. Der Fürst saß an dem üppig gedeckten Frühstückstisch und sah aus wie ein Mafiaboß, der seinen größten Coup gelandet hat.

      Normalerweise hätte der Prinz seinen eigenen Gedanken wohl insgeheim belächelt, doch danach war ihm jetzt nicht zumute. Er spürte die Gefahr, die von seinem Vater ausging.

      »Durchlaucht, die Karten sind verschickt«, meldete der Butler mit einer demütigen Verbeugung.

      Fürst Adalberts Lächeln vertiefte sich noch, und am liebsten hätte er sich jetzt die Hände gerieben. Aufmerksam betrachtete Prinz Klaus seinen Vater. Es drängte ihn zu fragen, von welchen Karten der Butler da gesprochen hatte, und er spürte auch, daß sein Vater nur auf diese Frage wartete.

      »Haben diese Karten etwas mit deiner guten Stimmung zu tun?« erkundigte er sich und bemerkte aus den Augenwinkeln, wie sich seine Mutter tiefer über die Kaffeetasse beugte.

      »Und ob, mein Sohn«, bestätigte Fürst Adalbert. »Heute ist für uns alle ein Tag der Freude.« Er machte eine flüchtige Handbewegung, woraufhin der Butler den Raum verließ und wenig später mit einem silbernen Tablett zurückkehrte, das er neben den Teller des Prinzen stellte.

      Argwöhnisch betrachtete Prinz Klaus die schlichte weiße Karte mit dem dezenten Silberrand. Er warf seinem Vater noch einen kurzen Blick zu, dann griff er nach der Karte und öffnete

      sie.

      Meine Verlobung mit Komtesse Sarina von Gehrau erlaube ich mir anzuzeigen. Prinz Klaus von Hohenstein.

      Völlig fassungslos starrte der Prinz auf die Worte, dan hob er den Kopf. Seine sonst so sanften, blauen Augen funkelten vor Zorn.

      »Was fällt dir ein, in meinem Namen…«, begann er wütend, während er die Karte zerriß.

      Fürst Adalbert lachte. »Diese Mühe hättest du dir sparen können, mein Sohn. Ich habe noch ein paar Reservekarten, und die übrigen sind bereits verschickt.« Er wischte sich mit der Serviette den Mund ab, dann stand er auf. »Deine Verlobung mit der Komtesse ist damit offiziell, und in einem halben Jahr wird Hochzeit gefeiert.«

      Prinz Klaus hatte das Gefühl, als würde eine eisige Hand nach seinem Herzen greifen und es erbarmungslos zusammendrücken.

      »Nein«, flüsterte er verzweifelt. »Das kannst du nicht…« Auch er erhob sich. Das Frühstück schmeckte ihm plötzlich nicht mehr. »Du kannst nicht einfach mein Leben zerstören.«

      »Tue ich das?« fragte Fürst Adalbert, und in seiner Stimme lag ein spöttischer Unterton. »Mein lieber Klaus, du wolltest doch genau dasselbe tun, was ich jetzt getan habe. Du wolltest deine Verlobung mit dieser Juliane offiziell bekanntgeben, und dann hätte ich vor einem Scherbenhaufen gestanden. Nun war ich allerdings etwas schneller als du. Also – sei ein guter Verlierer und füge dich in dein unvermeidliches Schicksal.« Er lächelte überheblich. »Im übrigen kannst du froh sein, daß ich Komtesse Sarina für dich ausgewählt habe. Sie ist hübsch, charmant und außerordentlich intelligent.«

      »Und sie ist das schwarze Schaf der gräflichen Familie«, fügte Prinz Klaus hinzu. »Sie arbeitet bei einem Arzt, falls du das noch nicht wissen solltest.«

      »Natürlich weiß ich das«, betonte Fürst Adalbert. »Die Komtesse engagiert sich sehr im sozialen Bereich. Was ist dagegen einzuwenden? Und was ihren Starrsinn und ihren Hang zu primitiv-bürgerlichen Kreisen betrifft – das wird ihr auf Schloß Hohenstein ganz schnell ausgetrieben. Sie wird gar keine Zeit mehr haben, über irgendwelche Flausen nachzudenken, weil sie hier zur künftigen Fürstin getrimmt wird.« Wieder lächelte er in dieser überheblichen Art, die Prinz Klaus so in Rage brachte. »Gräfin Henriette von Gehrau ist glücklich, weil ihrer Tochter nun in absehbarer Zeit ein standesgemäßes Verhalten beigebracht wird.«

      »Das kann ich mir vorstellen!« entgegnete Prinz Klaus bissig. »Die Gräfin und du – ihr würdet ausgezeichnet zusammenpassen!« In diesem Augenblick dämmerte ihm der tiefere Sinn von Fürst Adalberts Worten. »Heißt das… Sarina ist im Moment noch genauso ahnungslos, wie ich es war?«

      »Selbstverständlich«, betonte Fürst Adalbert mit unüberhörbarem Stolz in der Stimme. »Das ganze haben die Gräfin und ich arrangiert – zu eurem Besten. In ein paar Jahren werdet ihr ein wundervolles Fürstenpaar abgeben.«

      *

      Die Sprechstunde bei Dr. Robert Daniel war gerade in vol-lem Gange, als es lang und anhaltend an der Praxistür klingelte.

      »Da glaubt wieder jemand, ich sei taub«, grummelte die junge Empfangsdame Gabi Meindl ärgerlich, während sie auf den Türöffner drückte.

      In einem eleganten Modellkleid, einen dazu passenden überdimensionalen Hut auf dem Kopf und das sicher sündhaft teure Pelzcape um die Schultern, stürmte Gräfin Henriette von Gehrau ins Vorzimmer.

      »Wo ist meine Tochter?« fragte sie und nahm sich dabei nicht einmal Zeit, Gabi Meindl zu begrüßen.

      »Mama, mußt du denn immer wie eine Furie hier hereinstürzen?« fragte Sarina, die die Ankunft ihrer Mutter sogar bis ins Labor hinein gehört hatte, wo sie gerade beschäftigt gewesen war.

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