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Empfang ist am frühen Nachmittag, und vorher mußt du dich noch passend kleiden.«

      Verständnislos starrte Sarina ihre Mutter an. »Ein Empfang? Aber… das ist völlig unmöglich, Mama. Falls du es vergessen haben solltest – ich arbeite hier, und Dr. Daniel wäre bestimmt nicht sehr erfreut, wenn ich jetzt einfach gehen würde. Abgesehen davon, daß ich mich auf derartigen Empfängen ohnehin meistens tödlich langweile. Die Silberhochzeit auf Schloß Hohenstein hat mir für die nächsten Monate, nein, für die nächsten Jahre gereicht.«

      Gräfin Henriette lächelte mokant. »Meine Liebe, ich fürchte, in nächster Zeit wirst du dich an derartige Empfänge und Gesellschaften gewöhnen müssen. Immerhin wird heute deine Verlobung mit Prinz Klaus von Hohenstein bekanntgegeben.«

      »Meine… was?« fragte Sarina entsetzt, dann brach sie in ein lautes Gelächter aus. »Mama, du phantasierst! Klaus hatte an mir noch nie auch nur das geringste Interesse. Und im übrigen würde ich den Mann, mit dem ich mich verlobe, vorher doch gern ein paarmal treffen. Ich kenne Klaus nur flüchtig, und auch wenn er mir durchaus sympathisch ist, so denke ich nicht im Traum daran, ihn zu heiraten, nur weil du mich unbedingt zur künftigen Fürstin von Hohenstein machen möchtest. Abgesehen davon hat Klaus hier wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden.«

      Statt einer Antwort holte Gräfin Henriette aus ihrer Tasche ein schmales Kuvert und reichte es ihrer Tochter wie eine Trophäe.

      Sarina öffnete den Umschlag und zog eine schmale weiße Karte mit dezentem Silberrand hervor.

      Meine Verlobung mit Komtesse Sarina von Gehrau erlaube ich mir anzuzeigen. Prinz Klaus von Hohenstein.

      Völlig perplex starrte Sarina auf die wenigen Zeilen. Die Karte begann sich vor ihren Augen zu drehen. Natürlich kannte auch sie das ungeschriebene Gesetz derer von Hohenstein. War eine Verlobung erst einmal offiziell bekanntgemacht, dann gab es kein Zurück mehr – weder für die Braut noch für den Bräutigam.

      »Aber… Klaus hat nie erwähnt…«, stammelte sie.

      »Was ist denn hier los?«

      Beim Klang von Dr. Daniels tiefer Stimme fuhr Sarina herum, und erst jetzt bemerkte sie auch den verständnislosen Blick ihrer Kollegin Gabi, die das Gespräch zwar mitbekommen, im Grunde aber nichts davon verstanden hatte.

      »Herr Doktor, man will mich verheiraten!« stieß Sarina hervor und reichte ihm die Karte, als wäre sie die Erklärung für alles.

      »Meine Tochter wird diese Praxis selbstverständlich auf der Stelle verlassen«, meldete sich Gräfin Henriette zu Wort, bevor Dr. Daniel auch nur einen Ton hervorbringen konnte. »Als künftige Ehefrau von Prinz Klaus ist ihre Berufstätigkeit natürlich untragbar geworden.«

      »Ich will aber gar nicht gehen!« begehrte Sarina auf. »Und ich will Klaus auch nicht heiraten!«

      »Augenblick, meine Damen, so kommen wir nicht weiter«, erklärte Dr. Daniel in seiner unerschütterlichen ruhigen Art, dann legte er einen Arm väterlich um Sarinas Schultern und begleitete sie in sein Sprechzimmer. »Warten Sie hier, Fräulein Sarina. Ich werde mich gleich um Sie kümmern.«

      Sarina sank in einen der beiden Sessel, die vor Dr. Daniels Schreibtisch standen, dann brach sie in Tränen aus. Erschüttert betrachtete der Arzt das junge Mädchen. So verzweifelt hatte er sie noch nie gesehen.

      Mit raschen Schritten kehrte er ins Vorzimmer zurück, wo Gräfin Henriette ärgerlich auf und ab marschierte. Man konnte ihr deutlich ansehen, wie wütend sie über die Einmischung Dr. Daniels war, obwohl sie ihn ansonsten sehr schätzte – jedenfalls als Arzt.

      »Gräfin, ich glaube, es hat wenig Sinn, wenn Sie hier auf Ihre Tochter warten«, erklärte er in einer Bestimmtheit, die keinen Widerspruch zuließ. »Die Komtesse hatte einen massiven Kreislaufzusammenbruch. Ich werde mich jetzt um sie kümmern, und sobald ihr Zustand wieder stabil ist, werde ich sie persönlich nach Hause bringen.«

      Gräfin Henriette schnappte hörbar nach Luft. »Meine Tochter ist die Verlobte von Prinz Klaus – dem künftigen Fürsten von Hohenstein. Da gehört es sich nicht, daß ein anderer Mann als ihr Verlobter sie irgendwohin bringt. Und ich verbiete Ihnen auch, sich um meine Tochter zu kümmern. Falls Sarina tatsächlich einen Zusammenbruch erlitten hat, dann wird sich ein Arzt, der dem Fürstenhaus…«

      »Soviel Zeit haben wir nicht«, unterbrach Dr. Daniel ihren Redefluß. »Im übrigen können sowohl Sie als auch der Prinz versichert sein, daß ich mich nur als Arzt um Ihre Tochter kümmern werde. Ich werde der Komtesse selbstverständlich nicht zu nahe treten.«

      Gräfin Henriette lauschte diesen Worten nach und konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß eine Spur Sarkasmus in Dr. Daniels Stimme mitschwang. Er ließ ihr allerdings keine Gelegenheit mehr, seiner Anordnung zu widersprechen, sondern kehrte in sein Zimmer zurück, wo Sarina völlig zusammengesunken im Sessel kauerte.

      Fürsorglich griff Dr. Daniel nach ihrer Hand. »Fräulein Sarina, um Himmels willen, was ist denn nur passiert? Diese angebliche Verlobung kann sie doch nicht so sehr aus dem Gleis geworfen haben.«

      »Doch, Herr Doktor«, gestand Sarina leise, dann blickte sie ihn mit tränennassen Augen an. »Wissen Sie, was es bedeutet, mit einem Prinzen von Hohenstein verlobt zu sein?« Sie beantwortete ihrer Frage gleich selbst. »Es ist mehr als eine Ehe. Eine offizielle Verlobung mit einem Prinzen von Hohenstein kann nicht mehr gelöst werden.«

      »Wie bitte?« fragte Dr. Daniel verständnislos zurück, dann schüttelte er den Kopf. »So etwas ist völlig unmöglich.«

      Sarina seufzte tief auf. »Leider nicht. Es handelt sich um eine Art Ehrenkodex… wenn man das so bezeichnen will. Im Prinzip ist es ein ungeschriebenes Gesetz. Ein Prinz oder eine Prinzessin von Hohenstein verlobt sich im Leben nur ein einziges Mal. Sobald diese Verlobung offiziell ist, gibt es kein Zurück mehr.« Sie wischte sich mit einer fahrigen Handbewegung über die Stirn. »Bei diesem Empfang, zu dem ich heute nachmittag muß, wird bereits der Hochzeitstermin bekanntgegeben. Üblicherweise findet die Hochzeit ein halbes Jahr nach der Verlobung statt.«

      »Das klingt, als wäre es eine Geschichte aus dem finstersten Mittelalter«, erklärte Dr. Daniel, dann warf er einen Blick auf die Karte, die Sarina ihm gegeben hatte und die er noch immer in der Hand hielt. »Der Prinz selbst gibt hier seine Verlobung mit Ihnen bekannt. Wenn das für ihn ein so folgenschwerer Schritt ist – wie kann er den vollziehen, ohne auch nur ein einziges Mal mit Ihnen darüber gesprochen zu haben?«

      Hilflos zuckte Sarina die Schultern. »Ich habe keine Ahnung. Ich kenne Klaus ja kaum. Sicher, als Kinder haben wir gelegentlich miteinander gespielt. Gut Gehrau liegt von Schloß Hohenstein ja nicht allzu weit entfernt, außerdem waren mein Bruder Harro, Prinz Klaus und dessen jüngerer Bruder Thilo gut befreundet.« Sarina seufzte wieder. »Thilo ist übrigens mit einer entfernten Cousine von mir verheiratet. Sie waren anfangs sehr ineinander verliebt und haben dann ziemlich überstürzt ihre Verlobung bekanntgegeben. Doch danach kam es ständig zu irgendwelchen Differenzen. Trotzdem mußten sie heiraten, und heute führen sie eine Ehe, die man seinem ärgsten Feind nicht wünschen würde.«

      Fassungslos schüttelte Dr. Daniel den Kopf. »Ich glaube, dieses seltsame Gesetz derer von Hohenstein sollte dringend geändert werden.«

      Sarina erhob sich mit langsamen, müden Bewegungen. Es schien Dr. Daniel, als hätte er plötzlich eine völlig fremde Frau vor sich.

      »Selbst wenn das jemals geschehen würde«, entgegnete sie leise. »Mir würde es nichts mehr nützen. In einem halben Jahr werde ich bereits mit Prinz Klaus verheiratet sein.«

      Auch Dr. Daniel erhob sich. »Wo bleibt denn Ihr Kampfgeist, Fräulein Sarina? Sie haben sich Ihrer Mutter gegenüber durchgesetzt und einen Beruf ergriffen, der ihr überhaupt nicht gefällt. Warum versuchen Sie nicht erst einmal mit dem Prinzen zu sprechen? Ich meine… zwischen ihnen beiden besteht keine Beziehung, die einen so plötzlichen folgenschweren Entschluß rechtfertigen würde.«

      Sarina nickte zwar, doch es war klar, daß sie sich von einem Gespräch mit Prinz Klaus nicht viel erwartete.

      »Ich

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