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Arm um Sarinas Schultern. »Sprechen Sie mit dem Prinzen, und seien Sie versichert, daß ich Ihnen helfen werde, wenn es irgendwie in meiner Macht steht.«

      »Danke, Herr Doktor«, murmelte Sarina, doch kein Lächeln erhellte ihr Gesicht. Im Augenblick lag ihre Zukunft nur grau und trostlos vor ihr.

      *

      Juliane schaute den Prinzen bei diesen Worten völlig verständnislos an.

      »Klaus…«, stammelte sie, als sie endlich ihre Sprache wiederfand.

      Resigniert ließ sich der Prinz auf das Sofa fallen, auf dem er so viele glückliche Stunden mit der Frau seines Herzens verbracht hatte. Schon vor ein paar Wochen war Juliane aus München weggezogen, damit sie und Klaus öfter zusammensein konnten. Von Schloß Hohenstein bis zu der kleinen Wohnung am Ortsrand von Steinhausen war es nur ein Katzensprung, und so war der junge Prinz beinahe täglich aus der allzu kühlen Steifheit des Schlosses in die Gemütlichkeit bei Juliane geflüchtet.

      »Mein Vater wußte genau, was ich… was wir beide geplant haben«, erzählte er niedergeschlagen. »Jetzt ist er mir zuvorgekommen. Meine Verlobung mit der Komtesse ist bereits offiziell. Heute nachmittag findet der große Empfang statt, bei dem der Hochzeitstermin bekanntgegeben wird. Alles weitere geht dann seinen normalen Gang. In einem halben Jahr werde ich mit Sarina vor dem Traualtar stehen.«

      »Aber… wir lieben uns doch!« begehrte Juliane auf. »Wir müssen irgend etwas tun, um…«

      »Wir können überhaupt nichts tun«, fiel Prinz Klaus ihr deprimiert ins Wort. »Nur ein Weltuntergang könnte diese Hochzeit noch verhindern.«

      »Du bist erwachsen, Klaus!« rief Juliane verzweifelt. »Niemand kann dich zu einer Ehe zwingen, die du nicht eingehen willst! Meine Güte, was ist denn so schlimm daran, diese Schein-Verlobung wieder zu lösen?« Plötzlich kam ihr ein anderer Gedanke. »Oder… willst du das vielleicht gar nicht, weil du in Wirklichkeit diese Komtesse liebst? War ich vielleicht nur ein Spielzeug für dich?«

      »Nein, Juliane, das ganz bestimmt nicht!« versicherte Prinz Klaus eindringlich. »Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt, aber… ich kann mich über dieses Gesetz unserer Familie nicht hinwegsetzen. Ich weiß, du verstehst das nicht… niemand versteht das, aber… ich kann es einfach nicht.«

      Julianes Gesicht versteinerte sich. »Du hast recht, Klaus, das verstehe ich wirklich nicht. Wie kannst du mir… nein, uns beiden nur so viele Schmerzen zufügen. Eine Verlobung ist noch keine Hochzeit. Ich würde verstehen, daß für dich als künftiger Fürst eine Scheidung nicht in Frage käme, aber eine Verlobung zu lösen… so etwas passiert doch laufend, und nur weil du ein Prinz bist…«

      »Ich bin der künftige Fürst von Hohenstein«, korrigierte sie Prinz Klaus. »Würde ich eine Verlobung lösen, um die nächste zu schließen – wer könnte mich denn dann noch ernst nehmen? Wer könnte noch Vertrauen in meine Entscheidungen ha-

      ben?«

      »Du bist kein König, der ein Volk zu regieren hat!« erwiderte Juliane. Noch war sie nicht bereit, auf ihr Liebesglück zu verzichten. Sie wollte um Klaus kämpfen… um ihn und ihre Liebe zu ihm. »Klaus, um Himmels willen, glaubst du nicht, daß ihr von Hohensteins euch zu wichtig nehmt? Kein Mensch könnte es dir verdenken, wenn du diese Verlobung lösen würdest… vor allem dann nicht, wenn du die Wahrheit sagen würdest.«

      Prinz Klaus seufzte. »Glaub nicht, daß ich daran nicht auch gedacht hätte. Das war sogar mein erster Gedanke, aber… das kann ich meinem Vater nicht antun. Was er gemacht hat, war niederträchtig und gemein, aber wenn ich ehrlich bin – ich hätte das gleiche getan. Ich hätte ihn mit meiner Entscheidung, dich zu heiraten, genauso überrumpelt, und du kannst sicher sein, daß mein Vater ein guter Verlierer gewesen wäre. Er hätte sich meiner Entscheidung gebeugt, auch wenn er zunächst darüber getobt hätte. Nun hat er mich mit meinen eigenen Waffen geschlagen, und auch ich muß mich dieser Entscheidung beugen. Ich darf ihn nicht bloßstellen, denn er hätte es im umgekehrten Falle auch nicht getan. Wir von Hohensteins haben unseren Stolz.«

      »Nein.« Juliane schüttelte den Kopf so heftig, daß ihr langes, dunkles Haar wie ein Schleier über ihr Gesicht fiel und damit die Tränen verdeckte, die in ihre Augen stiegen. »Ihr seid dumm und verbohrt.« Dann stand sie auf und drehte sich abrupt um. »Geh jetzt, Klaus! Ich ertrage es nicht, dich bei mir zu haben und gleichzeitig zu wissen, daß du doch meilenweit von mir entfernt bist.«

      Prinz Klaus stand auf, dann trat er zu Juliane und berührte mit einer sanften Geste das lange Haar, das ihr bis weit über den Rücken fiel.

      »Eines sollst du noch wissen, Juliane«, erklärte er leise. »Auch wenn ich Sarina heiraten muß – meine Liebe wird immer nur dir gehören.«

      *

      Sarinas Gesicht war leichenblaß, als sie mit ihren Eltern und ihrem Bruder Schloß Hohenstein erreichte. Fürst Adalbert erwartete seine zukünftige Schwiegertochter schon auf dem Portal – eine Ehre, die er sonst kaum jemandem erwies. Trotzdem fiel Sarinas Begrüßung mehr als kühl aus.

      »Ich möchte mit Klaus sprechen – allein«, verlangte sie mit ernstem Gesicht. »Immerhin sind wir ja verlobt, nicht wahr?«

      Argwöhnisch betrachtete der Fürst sie. »Wenn du dich der unsinnigen Hoffnung hingibst, an diesem Zustand könnte sich noch etwas ändern, dann laß dir gesagt sein…«

      »Ich gebe mich überhaupt keinen Hoffnungen hin«, fiel Sarina ihm ins Wort.

      Gräfin Henriette erbleichte vor lauter Schreck, während Graf Bernhard Mühe hatte, ein stolzes Lächeln zu unterdrücken. Das war seine Tochter! Die ließ sich nicht mal so leicht von einem Fürsten einschüchtern!

      Jetzt trat Prinz Klaus ebenfalls heraus, um seine junge Braut und seine künftigen Schwiegereltern zu begrüßen. Mit seinem langjährigen Freund Harro tauschte er nur einen kräftigen Händedruck, dann wandte er sich Sarina wieder zu.

      »In der Bibliothek können wir uns ungestört unterhalten«, erklärte er kühl, bot der Komtesse seinen Arm und geleitete sie ins Schloß.

      Er ließ Sarina zuerst in die Bibliothek treten. Mit sichtlichem Unbehagen sah sich die junge Frau um. Der ganze Raum wirkte schwer und düster – genau wie ihr Inneres im Augenblick aussah. Der Geruch nach Leder und Pfeifenrauch erfüllte den Raum und legte sich schwer auf Sarinas Lunge. Sie hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können, und war froh, als Prinz Klaus ihr einen Sessel zurechtrückte.

      »Diese ganze Verlobung ist doch eine Farce«, eröffnete Sarina das Gespräch.

      »Ich weiß«, entgegnete Prinz Klaus. »Ich kann dir auch versichern, daß es nicht meine Idee war.«

      »Dann sollten wir dieses Trauerspiel so schnell wie möglich beenden«, meinte Sarina, und ihr Herz klopfte dabei bis zum Hals. Sie gab sich stark und mutig, dabei hoffte sie nur inständig, daß Klaus ihrem Vorschlag zustimmen würde.

      »Das geht leider nicht«, entgegnete er und machte damit Sarinas letzten Funken Hoffnung zunichte. »Du kennst das Gesetz derer von Hohenstein.«

      »Aber wir werden zu dieer Ehe ja regelrecht gezwungen!« begehrte Sarina auf. »Wie kannst du zulassen, daß man dich zwingt, eine Frau zu heiraten, die du nicht willst!«

      Prinz Klaus seufzte, dann ließ er sich Sarina gegenüber in einen Sessel fallen.

      »Es ist nicht nur das Gesetz«, gestand er freimütig ein. »Es war fast eine Art Wettbewerb zwischen meinem Vater und mir… ein Wettbewerb, von dem ich nichts wußte. Er dagegen… er hat geahnt, daß ich…« Mit einer fahrigen Handbewegung fuhr er sich durch das dichte, dunkle Haar. »Ich liebe ein anderes Mädchen… Juliane Weber. Ich nehme an, du hast sie bei der Silberhochzeit meiner Eltern gesehen. Ich… ich habe mit ihr den Tanz eröffnet. Zumindest bei mir war es Liebe auf den ersten Blick, und an meinem Geburtstag wollte ich meine Verlobung mit ihr offiziell bekanntgeben. Nun ist mir mein Vater zuvorgekommen, das muß ich leider akzeptieren.«

      »Aber ich nicht!« rief Sarina verzweifelt. »Es war euer Spiel, ihr habt kein Recht,

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