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geübtem Blick erkannte sie, daß die meisten Gäste inzwischen gesättigt waren, so arrangierte sie an einem Ende des langen Büfetts eine Reihe Desserts, die großen Anklang fanden.

      Der Fürst erwähnte in seiner nachfolgenden Rede dann auch tatsächlich, wie beispielhaft diese Gesellschaft von Madeleine de Villeneuve und ihrer Kollegin organisiert worden sei.

      Während Juliane und Madeleine nahezu geräuschlos das große Büfett abräumten, fuhr der Fürst in seiner Rede fort.

      »Er macht gar nicht den Eindruck eines Adligen«, flüsterte Juliane.

      »Das ist alles gespielt«, erwiderte Madeleine ebenso leise. »Der Fürst ist durch und durch blaublütig. Für den sind wir nur niederes Fußvolk, auch wenn er uns das nicht direkt spüren läßt.« Sie lächelte mokant. »Du kannst ja mal seinem ältesten Sohn schöne Augen machen, dann wirst du sehen, wie der gute Fürst darauf reagiert.«

      »Ich habe nicht vor, hier irgend jemandem schöne Augen zu machen«, meinte Juliane.

      »Bei Prinz Klaus würde es sich aber lohnen. Er ist der begehrteste Junggeselle im Kreise dieser erlauchten Gesellschaft.« Madeleine seufzte leise. »Nun ja, welche junge Frau würde nicht gern die künftige Fürstin von Hohenstein werden.«

      Juliane und Madeleine beendeten jetzt ihre Arbeit, und auch der Fürst kam zum Ende seiner Ansprache.

      »Das Tanzbein können meine Frau und ich wegen unseres Unfalls im letzten Monat leider noch nicht wieder schwingen«, erklärte Fürst Adalbert und lächelte dabei bedauernd. »Mein Sohn Klaus wird daher den Tanz eröffnen, und ich bin sicher, daß er sich dafür eine besonders zauberhafte junge Frau aussuchen wird.«

      Dabei ging sein Blick zu der jungen Komtesse Sarina von Gehrau, die mit ihren Eltern und ihrem Bruder ebenfalls zu den Gästen zählte. Prinz Klaus schien die Wünsche seines Vaters jedoch nicht zu kennen, denn er ging an der Komtesse vorbei und steuerte geradewegs auf Juliane Weber zu.

      Mit einer formvollendeten Verbeugung bat er sie um diesen Tanz und schien das Entsetzen seiner Eltern und der anwesenden Gäste gar nicht zu bemerken.

      Juliane errötete bis unter die Haarwurzeln.

      »Aber… Sie können doch nicht mich…«, stammelte sie, und ihr Blick ging unwillkürlich zu Fürst Adalbert hinüber, der sie mit zornesfunkelnden Augen musterte.

      »Mein Vater hat gesagt, ich würde mir bestimmt eine zauberhafte junge Frau aussuchen, und in meinen Augen sind Sie die bezauberndste Frau hier«, entgegnete Prinz Klaus mit seiner tiefen, warmen Stimme, die Juliane innerlich vibrieren ließ. Dann lächelte er charmant. »Also, Fräulein Juliane, machen Sie mir das Vergnügen, und tanzen Sie mit mir.«

      »Von Herzen gern«, hörte sich Juliane sagen, und für einen Augenblick fragte sie sich, woher der Prinz wohl ihren Namen wußte. Doch dann streifte ihr Blick wieder das Gesicht des Fürsten. »Ihr Vater wird sehr zornig sein, Herr…« Sie stockte. Verflixt, wie sprach man denn einen Prinzen überhaupt an? »Hoheit.«

      Prinz Klaus lachte. »Sie sind süß, Juliane.« Dann bot er ihr seinen Arm und begleitete sie zum Tanzparkett. Die Kapelle spielte einen Wiener Walzer, und als sich Juliane mit dem Prinzen nach dem Takt der Musik drehte, fühlte sie sich wie Aschenputtel – nur mit dem Unterschied, daß sie kein Kleid aus Gold und Silber besaß und auch keine gläsernen Schuhe. Doch das hier war ja auch kein Märchen, sondern die Wirklichkeit – und in der Wirklichkeit heiratete ein Prinz kein Aschenputtel… auch wenn er mit ihr einmal den Tanz eröffnete.

      *

      »Klaus, ich will mit dir sprechen – auf der Stelle«, zischte Fürst Adalbert seinem Sohn zu.

      Klaus und Juliane kamen mit einer letzten Drehung zum Stehen, und nur zu deutlich wurde sich Juliane der neugierigen Blicke bewußt, mit denen die inzwischen ebenfalls tanzenden Gäste sie betrachteten. Aber sie sah auch die kaum unterdrückte Wut des Fürsten.

      »Natürlich, Vater«, erklärte Prinz Klaus gehorsam, dann wandte er sich Juliane zu und drohte ihr lächelnd mit dem Finger. »Laufen Sie mir ja nicht davon. Ich komme wieder.«

      »Das glaube ich kaum«, entgegnete der Fürst scharf. Er sah Juliane fordernd an. »Fräulein Weber wollte sich gerade verabschieden, nicht wahr?«

      Juliane fühlte sich wie das Kaninchen vor der Schlange, und unwillkürlich fielen ihr Madeleines Worte wieder ein. »Du kannst sehen, wie der gute Fürst darauf reagiert.« Oh ja, das konnte sie jetzt sehen, dabei war nicht einmal sie es gewesen, die dem Prinzen schöne Augen gemacht hatte, sondern umgekehrt er.

      »Ja«, hauchte Juliane verschüchert. »Ich… ich muß wirklich gehen.«

      Doch bevor sie davoneilen konnte, hatte Prinz Klaus ihre Hand ergriffen und hielt sie fest.

      »Wir sehen uns wieder, Juliane, das verspreche ich Ihnen«, erklärte er, und sein Gesicht war dabei so ernst, daß sie versucht war, seinen Worten zu glau-

      ben.

      »Versprich nichts, was du nicht halten kannst«, mischte sich der Fürst ein, dann wies er zu dem großen Durchgang, der aus dem Ballsaal führte. »Du wartest in der Bibliothek auf mich.«

      Prinz Klaus zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann kam er dem Befehl seines Vaters nach. Auch Juliane wollte gehen, doch diesmal war es der Fürst, der sie zurückhielt.

      »Sie trifft keine Schuld an dem Fauxpas meines Sohnes«, erklärte er, und seine Stimme klang dabei hart und kalt. »Trotzdem verlange ich, daß Sie Schloß Hohenstein auf der Stelle verlassen, und seien Sie versichert, daß Sie meinen Sohn nicht wiedersehen werden – gleichgültig, was er gerade gesagt hat.«

      »Ja, Hoheit«, flüsterte Juliane ergeben.

      »Durchlaucht«, verbesserte der Fürst, dann drehte er sich um und verließ den Ballsaal mit energischen Schritten.

      »Bist du denn noch zu retten?« fragte Madeleine, die den ganzen Vorfall natürlich beobachtet hatte, und zog Juliane dabei aus dem Ballsaal hinaus in eine ruhige Ecke. »Wie konntest du nur mit dem Prinzen tanzen?«

      Juliane war den Tränen nahe. »Was hätte ich denn tun sollen? Er hat mich aufgefordert, nicht ich ihn. Hätte ich ihm da einen Korb geben sollen?«

      »Ja«, antwortete Madeleine kurz. »Schon aus Rücksicht auf unseren Partyservice hättest du das tun sollen. Weitere Aufträge kann ich jetzt nämlich durch deine Schuld vergessen. Oder glaubst du, irgend jemand von denen da drinnen wird mir noch einen Auftrag geben?«

      »Dann kündige ich eben!« stieß Juliane hervor. »Wenn du willst, verkünde ich es sogar noch laut vor allen diesen Gästen, damit du nur ja keinen Verlust erleidest.« Sie schluchzte auf. »Es war nicht meine Idee, mit ihm zu tanzen. Er wollte es.« Dann drehte sie sich abrupt um und flüchtete aus dem Schloß. Noch nie zuvor hatte sie sich so elend gefühlt wie in diesem Augenblick.

      *

      »Bist du noch zu retten?« fuhr Fürst Adalbert seinen Sohn an. »Wie konntest du deine Mutter und mich dermaßen blamieren?«

      »Du selbst hattest gesagt, ich solle mir eine zauberhafte junge Frau für diesen Tanz aussuchen«, entgegnete Prinz Klaus scheinbar ungerührt. »Gab es auf dieser ganzen Gesellschaft ein Mäd-chen, das bezaubernder gewesen wäre als Juliane Weber?«

      Fürst Adalbert donnerte die Faust auf den Tisch, daß die Blumenvase klirrte.

      »Du bist der künftige Fürst von Hohenstein, Klaus!« brauste er auf. »Du solltest wissen, was sich für einen Mann deines Standes gehört und was nicht!«

      Ein spöttisches Lächeln umspielte die Lippen des Prinzen. »Weißt du, Vater, du konntest mir einiges vererben, deinen Standesdünkel aber glücklicherweise nicht. Mir ist es vollkommen egal, ob meine zukünftige Frau einem Adelsgeschlecht entstammt oder nicht. Wichtig ist nur, daß wir uns lieben.«

      »Dir mag es egal sein – mir nicht«, entgegnete Fürst Adalbert eisig. »Und ich werde dafür sorgen, daß du dich standesgemäß verheiratest.

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