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      »Deine bloße Anwesenheit vermag diverse Damen ja schon zu beruhigen«, feixte Dr. Metzler.

      Dr. Daniel drohte ihm mit dem Finger, obwohl er dem jungen Chefarzt natürlich überhaupt nicht böse war.

      »Mein lieber Wolfgang, reiß dich bloß zusammen«, erklärte er. »Ich habe vor gar nicht so langer Zeit zu Herrn Brunner gesagt, daß es mir manchmal recht schwerfällt, in dir den Arzt und nicht den Lausbuben von einst zu sehen, und gerade jetzt schlägt dieser Lausbub bei dir wieder ganz gewaltig durch.«

      »Du übertreibst«, urteilte Dr. Metzler. »So schlimm war ich als Junge doch gar nicht.«

      »Du hattest es faustdick hinter den Ohren«, stellte Dr. Daniel lächelnd fest. »Und daran hat sich bis heute nicht viel geändert.«

      Dr. Metzler verbeugte sich theatralisch. »Danke für die Blumen, werter Herr Direktor.«

      Dr. Daniel seufzte. »Den Direktor hättest du dir sparen können. So, und jetzt halte mich nicht länger von der Arbeit ab. Ich habe heute noch ein wenig mehr zu tun, als mit dir harmlose Späßchen auszutauschen.«

      Dr. Metzler wurde ernst. »Du solltest ein bißchen kürzertreten, Robert, sonst liegst du irgendwann selbst als Patient hier in der Klinik.«

      »So schnell bin ich nicht unterzukriegen«, behauptete Dr. Daniel, dann klopfte er dem Chefarzt auf die Schulter. »Im übrigen kenne ich da einen gewissen Lausbub… ich wollte sagen, einen erstklassigen jungen Arzt, der mich im ungünstigen Fall schon wieder aufpäppeln würde.«

      Jetzt war es Dr. Metzler, der tief aufseufzte. »Du bist wirklich unverbesserlich.«

      »Weiß ich«, meinte Dr. Daniel zufrieden, dann wandte er sich um und ging eiligen Schrittes in die Gynäkologie hinüber. Gerda Rauh wartete bestimmt schon auf ihn.

      Als Dr. Daniel ihr Zimmer betrat, fiel ihm sofort der gehetzte Ausdruck in ihren Augen auf. Besorgt runzelte er die Stirn.

      »Was ist los, Frau Rauh?« wollte er wissen. »Haben Sie wieder Kopfschmerzen?«

      Gerda schüttelte den Kopf. »Nein, Herr Doktor, Kopfschmerzen sind es nicht. Es ist… irgendwie so komisch… in meinem Bauch. In der letzten halben Stunde ist er mehrmals entsetzlich hart geworden. Dazu hatte ich ganz entsetzliche Rückenschmerzen.« Ängstlich schaute sie den Arzt an. »Ist das etwa wieder so etwas Gefährliches wie die Schwangerschaftsvergiftung?«

      »Ich hoffe, daß es nur die ganz normalen Senkwehen sind«, meinte Dr. Daniel. Insgeheim rechnete er allerdings mit etwas anderem. Gerdas Beschreibung nach waren es nämlich eher vorzeitige Wehen, doch damit wollte er sie lieber noch nicht erschrecken. Erst mußte er Gewißheit haben.

      »Ich werde Sie jetzt untersuchen«, erklärte er und stellte das Kopfteil des Bettes nach unten. »Das kann ich gleich hier machen. Anschließend werde ich Sie an den Wehenschreiber an-schließen.«

      Diese Maßnahme erübrigte sich allerdings nach der Untersuchung, denn Dr. Daniel stellte zu seinem Entsetzen fest, daß sich der Muttermund bereits vier Zentimeter geöffnet hatte. Damit war die Geburt nicht länger aufzuhalten.

      Gerda stöhnte leise auf. »Die Rückenschmerzen kommen wieder.«

      Dr. Daniel, der ja noch mitten in der Untersuchung war, fühlte, wie sich der Muttermund weiter öffnete. Sekundenlang schloß er die Augen. Für einen Transport nach München war es zu spät, aber hier in der Waldsee-Klinik standen die Chancen für die Drillinge auch jetzt noch ziemlich schlecht. Immerhin waren es noch fast fünf Wochen bis zum errechneten Termin.

      »Seit wann haben Sie diese Rückenschmerzen?« wollte er wissen, während er die Handschuhe abstreifte und nach der Stationsschwester klingelte.

      »Wie ich schon sagte – seit einer halben Stunde etwa«, antwortete Gerda, und in ihrem Blick lag nun offene Angst. »Was ist das, Herr Doktor?«

      »Es sind Wehen«, antwortete Dr. Daniel wahrheitsgemäß, dann setzte er sich auf die Bettkante und griff nach Gerdas Hand, um ihr ein wenig Sicherheit zu geben.

      »Brauchen Sie etwas, Herr Doktor?« wollte Schwester Bianca wissen, die gerade zur Tür hereinkam.

      Dr. Daniel gab eine kurze Anweisung, dann wandte er sich Gerda wieder zu.

      »Ich werde Ihnen jetzt eine Infusion legen, Frau Rauh«, erklärte er. »Sie bekommen ein wehenhemmendes Medikament, weil Ihre Babys auf normalem Weg nicht geboren werden können. Anschließend bringe ich Sie in den Operationssaal, und dort werden wir dann einen Kaiserschnitt vornehmen.« Er lächelte und versuchte damit einen Optimismus an den Tag zu legen, den er gar nicht hatte. »In spätestens einer Stunde werden Sie Mami sein.«

      Gerda erschrak zutiefst. »Aber… es ist doch immer noch zu früh! Sie sagten, wenn die Babys zu früh kommen würden, müßte ich nach München zu Dr. Sommer.«

      Dr. Daniel nickte. »Das ist richtig, aber wir würden nicht mehr rechtzeitig in der Sommer-Klinik eintreffen. Ihr Muttermund öffnet sich wahnsinnig schnell. Das ist bei einer Erstgebärenden, wie Sie es sind, sehr ungewöhnlich, aber es kommt gelegentlich vor.«

      Gerdas Stimme zitterte, als sie die Frage stellte, die sich ihr unwillkürlich aufdrängte. »Werden meine Babys hier… ich meine… haben Sie überhaupt eine Chance?«

      »Ich werde alles für Ihre Babys tun«, versprach Dr. Daniel und umging damit eine direkte Antwort. Er wußte nicht, ob die Drillinge überleben würden, aber das durfte er Gerda in dieser Situation so nicht sagen. Die Empfindungen und Ängste der Mutter übertrugen sich auf die ungeborenen Kinder, und gerade um sie mußte Dr. Daniel jetzt mit allen Mitteln kämpfen. Dazu gehörte es, der Mutter Mut zu machen, denn wenn sie die Hoffnung verlor, würden damit vielleicht auch die Babys geschwächt werden.

      Inzwischen war Bianca mit dem Infusionsbesteck und der Infusionsflasche zurückgekehrt. Rasch und geschickt legte Dr. Daniel den Zugang, und während Bianca nun die Infusion anschloß und die Tropfengeschwindigkeit nach Dr. Daniels Anweisungen regelte, beugte sich der Arzt noch einmal zu seiner Patientin hinunter.

      »Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Rauh«, bat er. »Für Sie und Ihre Babys wird hier alles Menschenmögliche getan.«

      Gerda nickte, und auf ihrem Gesicht zeichnete sich neben Angst und Nervosität nun auch eine gewisse Hoffnung ab.

      »Ich vertraue Ihnen, Herr Doktor«, flüsterte sie und ahnte nicht, daß sie damit einen zentnerschweren Stein auf Dr. Daniels Herz legte.

      Was, wenn er dieses Vertrauen enttäuschen würde? Rasch schüttelte Dr. Daniel diesen Gedanken ab, doch er verfolgte ihn umbarmherzig.

      In fliegender Hast betrat er sein Büro, riß den Hörer von der Gabel und wählte die Nummer der Sommer-Klinik, dann ließ er sich mit dem dortigen Chefarzt verbinden.

      »Schorsch, ich bin’s«, gab er zu erkennen. »Ich brauche Dr. Senge, und zwar schnellstens.«

      Dr. Georg Sommer, seit Jahren Dr. Daniels bester Freund, wußte genau, was los war.

      »Die Drillinge«, vermutete er.

      »Frau Rauh hat seit einer gu-ten halben Stunde vorzeitige Wehen.«

      »Meine Güte«, stöhnte Dr. Sommer. »Ich schicke Senge zu euch hinaus, aber… du weißt hoffentlich, daß die Chancen für die Drillinge trotzdem nicht sehr gut stehen.«

      »Senge ist der beste Frühgeborenen-Spezialist, den es in München und Umgebung gibt«, entgegnete Dr. Daniel. »Abgesehen davon, daß die Drillinge keine wirklichen Frühgeborenen sind. Sie sind zum jetzigen Zeitpunkt Acht-Monats-Kinder. In spätestens drei Wochen hätten wir sie sowieso mit Kaiserschnitt geholt.«

      »Robert, du bist Gynäkologe«, erinnerte Dr. Sommer ihn. »Du weißt genau, was drei Wochen bei Mehrlingen ausmachen können. Senge ist zwar erstklassig, aber gib dich trotzdem keinen Illusionen hin. Es ist äußerst unwahrscheinlich, daß ihr alle drei Kinder durchbekommt.«

      Mit einem leisen Aufstöhnen ließ sich Dr. Daniel

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