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Sprechstundenhilfe sein.«

      Sie hörte die Worte und wußte, daß sie es gewesen war, die sie ausgesprochen hatte, trotzdem war ihr, als stünde sie irgendwo außerhalb und würde diese ganze Szene nur beobachten.

      »Daran wollen wir noch gar nicht denken, Fräulein Sarina«, entgegnete Dr. Daniel und betrachtete sie dabei prüfend. Sie hatte in den vergangenen Wochen ja schon traurig und unglücklich gewirkt, doch ihr jetziger Zustand ging noch einen Schritt weiter. »Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, daß Sie mir als Sprechstundenhilfe erhalten bleiben.«

      Wie unter einem Zwang wandte sich Sarina wieder dem jungen Arzt zu. Sie hatte das dringende Bedürfnis, ihn zu berühren, sich bei ihm anzulehnen… in seinen Armen Schutz zu suchen. Sie spürte, daß ihr Herz wie rasend klopfte. Das Blut rauschte in ihren Ohren, und unwillkürlich taumelte sie ein wenig.

      Rasch griff Dr. Daniel an ihren Arm, um sie zu stützen.

      »Fräulein Sarina, ist alles in Ordnung?« fragte er besorgt.

      Sie nickte hastig. »Ja… ja, Herr Doktor, natürlich.« Dann betrat sie rasch das Labor… so rasch, daß es wie eine Flucht aussah. Und es war auch eine Flucht – eine Flucht vor der Reaktion ihres Herzens.

      *

      Sehr blaß, mit fest zusammengepreßten Lippen saß Sarina Stunden später auf dem steifen Sofa im weitläufigen Salon von Schloß Hohenstein. Prinz Klaus hatte sich neben sie gesetzt, trotzdem hatte es den Anschein, als seien sie meilenweit voneinander entfernt.

      »Ich werde dich nicht heiraten.«

      Die Worte standen fast feindselig im Raum.

      Prinz Klaus seufzte. »Ich habe dir doch schon gesagt…«

      »Daß es sein muß?« vollendete Sarina seinen angefangenen Satz. »Es muß nicht sein. Hör zu, Klaus, mir ist es egal, daß du mir dasselbe antust. Ich habe es dir schon vor ein paar Wochen gesagt – ich habe mit dem merkwürdigen Wettkampf, der zwischen dir und deinem Vater stattgefunden hat, nichts zu schaffen. Und wenn du nicht in der Lage bist, dich gegen ihn durchzusetzen, dann tust du mit leid.«

      Prinz Klaus stand abrupt auf und ging erregt im Zimmer hin und her.

      »Darum geht es nicht«, behauptete er.

      »Worum denn dann?« Sie wartete eine Antwort gar nicht ab. »Weißt du, wie ich es sehe? Dein Vater regiert hier oben wie ein hartherziger König, und du bist ihm total untertan. Er verlobt dich mit einer Frau, die du nicht willst, trotzdem setzt du dich nicht einmal zur Wehr. Klaus, du bist vierundzwanzig! Niemand auf der ganzen Welt kann dir vorschreiben, wen du heiraten mußt.«

      »Das Gesetz derer von Hohenstein schreibt es mir vor«, erklärte Prinz Klaus kühl. »Diesem Gesetz müssen wir uns beugen.«

      »Es ist ein hoffnungslos verstaubtes Gesetz!«

      »Was fällt dir ein, so mit meinem Sohn zu sprechen!« brauste der Fürst auf. Durch die angelehnte Salontür hatte er das Gespräch der beiden belauscht. »Ihr seid offiziell verlobt, nur das zählt.« Seine zornfunkelnden Augen richteten sich auf Sarina. »Meine liebe Komtesse, du magst zu Hause deine Launen durchgesetzt haben – hier auf Schloß Hohenstein wird dir das nicht gelingen. Und um dir eine Kostprobe meiner Strenge zu geben, verbiete ich dir ab sofort, deinem skandalösen Beruf nachzugehen. Ab morgen besuchst du eine andere Schule – nämlich die der Für-

      stin. Sie wird dich lehren, gehorsam zu sein, und dir beibringen, dich standesgemäß zu benehmen.«

      Erregt sprang Sarina auf. »Ich kann Dr. Daniel nicht einfach im Stich lassen! Außerdem hat Klaus versprochen…«

      »Schweig!« herrschte der Fürst sie an. »Schloß Hohenstein ist jetzt dein Zuhause, und das wirst du bis zur Hochzeit nicht mehr verlassen.« Er wandte sich um. »Johann!«

      Der Butler erschien, als hätte er draußen nur auf diesen Zuruf gewartet.

      »Komtesse Sarina von Gehrau wird im Westflügel des Schlosses untergebracht«, ordnete der Fürst an. »Ohne Begleitung hat mein Sohn dort keinen Zutritt. Umgekehrt hat Komtesse Sarina den Westflügel nur dann zu verlassen, wenn sie gerufen wird.«

      »Ich lasse mich nicht einsperren!« begehrte Sarina auf.

      Mit einem Schritt stand der Fürst vor ihr, und seine kalten Augen jagten ihr Angst ein.

      »Du wirst gehorchen!« erklärte er hart. »Du wirst hier die Bedeutung des Wortes Gehorsam lernen.« Dann sah er seinen Sohn an. »Du wirst deine Verlobte in ihre Räume begleiten, anschließend kommst du dann unverzüglich wieder hierher. Es schickt sich für ein angehendes Ehepaar nicht, vor der Hochzeit miteinander allein zu sein.«

      »Ja, Vater«, stimmte Prinz Klaus zu, dann reichte er Sarina höflich den Arm, um sie in den Westflügel des Schlosses zu führen.

      »Ich lasse mir das nicht gefallen!« erklärte Sarina wütend.

      »Hör auf damit«, bat Prinz Klaus. »Du hast es mit deinen vorlauten Worten schon schlimm genug gemacht.« Er sah sie an. »Es tut mir leid, daß alles so gekommen ist.« Und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Ich werde Dr. Daniel Bescheid geben, daß du nicht mehr in die Praxis kommen wirst. Mehr kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für dich tun.«

      *

      Dr. Daniel war sehr erstaunt, als am nächsten Morgen anstatt der erwarteten Sarina Prinz Klaus in die Praxis kam und ihn zu sprechen wünschte.

      »Komtesse Sarina hat sich gestern zu einigen unbedachten Worten hinreißen lassen«, erklärte er kühl. »Daher hat mein Vater ihr verboten, weiterhin ihrem Beruf nachzugehen. Ich bin nur hier, um Sie davon in Kenntnis zu setzen.«

      Damit wollte er sich umdrehen und die Praxis wieder verlassen, doch Dr. Daniel hielt ihn zurück.

      »Finden Sie es eigentlich in Ordnung, was Sie da tun?« fragte er.

      Prinz Klaus wich seinem prüfenden Blick aus, dann zuckte er die Schultern. »Ich wurde so erzogen.«

      »Das ist keine Antwort auf meine Frage.«

      Der Prinz seufzte tief auf. »Nein, ich finde es nicht in Ordnung, und wenn ich es ändern könnte…«

      »Sie können es ändern«, erklärte Dr. Daniel entschieden.

      Doch Prinz Klaus schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht. Meine Verlobung mit Komtesse Sarina ist offiziell, und das bedeutet…«

      »Ich weiß, was das bedeutet«, fiel Dr. Daniel ihm ins Wort. »Sie verurteilen sich und die Komtesse zu einem einsamen, unglücklichen Leben. Und damit nicht nur Sie beide. Es gibt noch einen dritten Menschen, der unter Ihrem Verhalten leidet.«

      Prinz Klaus errötete. »Woher wissen Sie…« Er stockte. »Ach so, Sarina wird es Ihnen gesagt haben.«

      »Sie hat nur eine Andeutung gemacht«, entgegnete Dr. Daniel. »Ein Blick in Ihr Gesicht sagte mir, wie unglücklich Sie sind, und das liegt nicht nur an der Verlobung, die Sie nicht gewollt haben. Ihr Herz gehört einer anderen Frau, und ich frage mich, weshalb Sie nicht um Ihre Liebe kämpfen.«

      Abrupt drehte sich der Prinz um. »Das kann und will ich mit Ihnen nicht erörtern.« Damit verließ er rasch das Zimmer, bevor Dr. Daniel noch etwas sagen konnte.

      Der Arzt seufzte tief auf. »Das wird ein hartes Stück Arbeit, und der Himmel allein weiß, ob es mir gelingen wird, sie zu bewältigen.«

      *

      »Schwester Bianca, können Sie mir sagen, wann Dr. Daniel kommen wird?« fragte Juliane Weber, als die Stationsschwester ihr Mittagessen brachte.

      »Dr. Daniel ist schon im Haus«, antwortete Bianca lächelnd. »Ich glaube sogar, er ist bereits auf dem Weg zu Ihnen.«

      Als hätte er es gehört, stand der Arzt in diesem Moment auch schon im Türrahmen.

      »Ach, jetzt störe ich beim Mittagessen«, erklärte er bedauernd.

      Rasch

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