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      »Das will ich nicht hoffen«, entgegnete Dr. Daniel. »Aber allem Anschein handelt es sich ja nicht nur um ein bißchen Kopfweh, sondern um so starke Schmerzen, daß Sie nachts nicht mehr schlafen können.«

      Gerda errötete ein wenig. »Sieht man das?«

      Dr. Daniel nickte. »Sehr deutlich sogar.« Er stand auf. »Ich bin gleich wieder hier, Frau Rauh.«

      Eiligen Schrittes ging er ins Labor hinüber, wo seine junge Sprechstundenhilfe Sarina von Gehrau gerade dabei war, die Blut- und Urinprobe von Gerda Rauh auszuwerten. Dr. Daniel blickte ihr über die Schulter und nickte, als er das Ergebnis sah. Genau damit hatte er schon gerechnet, und es war so ungefähr das Schlimmste, was jetzt passieren konnte.

      Dr. Daniel kehrte ins Sprechzimmer zurück.

      »Es sieht tatsächlich sehr ernst aus, Frau Rauh«, erklärte er mit sorgenvollem Gesichtsausdruck. »Sie haben Eiweiß im Urin.« Er griff nach der Manschette des Blutdruckmeßgeräts und legte sie Gerda um den Oberarm. Dabei fiel ihm auf, daß ihre Finger aussahen, als seien sie ein wenig geschwollen. »Haben Sie das schon länger?«

      Erstaunt sah Gerda auf ihre Hände. »Nein, ich… ich denke nicht. Es ist mir jedenfalls noch nicht aufgefallen.« Ängstlich blickte sie zu Dr. Daniel auf. »Was ist das bloß?«

      »Ich fürchte, Sie leiden an einer sogenannten EPH-Gestose…, einer Schwangerschaftsvergiftung«, erklärte der Arzt, während er den Blutdruck kontrollierte. Das Ergebnis war nur noch eine weitere Bestätigung für seinen Verdacht. Gerdas Blutdruck war deutlich erhöht.

      »Eine… Vergiftung?« stammelte die junge Frau. »Aber… woher denn?«

      »Es gibt viele verschiedene Thesen über die Entstehung einer Schwangerschaftsvergiftung, aber meistens ist Streß ein maßgeblicher Faktor. Allerdings neigen auch Frauen, die Mehrlinge erwarten, zu Gestosen. Wichtig ist im Augenblick nur, daß Sie strikte Bettruhe halten. Möglicherweise bekommen wir das Problem damit schon in den Griff.«

      »Und… wenn nicht?« Es kostete Gerda eine Menge Mut, diese Frage auszusprechen.

      »Zuerst einmal werden wir etwas gegen Ihren hohen Blutdruck tun«, entschied Dr. Da-

      niel. »Außerdem bekommen

      Sie Magnesiumtabletten.« Er schwieg einen Moment. »Ich glaube, Sie sollten einer Einweisung in die Waldsee-Klinik zustimmen, denn nur wenn Sie wirklich Bettruhe halten, gehen die Symptome vielleicht von allein wieder zurück. Ansonsten müßten wir dieser Gestose mit Infusionen zu Leibe rücken.«

      Aufmerksam sah Gerda ihn an. »Man kann das also behandeln… ich meine, meinen Babys passiert doch wirklich nichts, oder?«

      Dr. Daniel atmete tief durch. Er stand jetzt vor einer schweren Entscheidung. Wenn er die Wahrheit sagte, nämlich, daß ein vorzeitiger Kaiserschnitt in einem solchen Fall durchaus im Bereich des Möglichen lag, dann konnte es passieren, daß sich Gerda in eine Angst hineinsteigerte, die in ihrem momentanen Zustand äußerst bedenklich sein würde. Würde er aber zu einer barmherzigen Lüge greifen und behaupten, daß die Gestose medikamentös behandelt werden könnte, mußte er berücksichtigen, daß die Gefahr eines vorzeitigen Kaiserschnitts damit durchaus nicht gebannt war. Wenn dieser dann nötig werden würde und Gerda bemerken müßte, daß sie belogen worden war, wäre ihr Vertrauen zu Dr. Daniel mit Sicherheit tief erschüttert. Der Arzt konnte es drehen und wenden, wie er wollte – es gab keinen anderen Weg für ihn als die Wahrheit.

      »Ich hoffe sehr, daß wir die Schwangerschaftsvergiftung medikamentös in den Griff bekommen, ansonsten müßten wir Ihre Babys nämlich schon vorzeitig mit Kaiserschnitt holen.«

      Gerda erschrak zutiefst. »Aber… es wäre doch viel zu früh…«

      »Gerade deshalb möchte ich alles versuchen, um einen Kaiserschnitt zum jetzigen Zeitpunkt zu vermeiden.« Er lächelte Gerda beruhigend an. »Dar-über sollten wir uns aber erst Gedanken machen, wenn es soweit ist.«

      Gerda nickte zwar, doch die Angst war ihr dabei deutlich anzusehen. »Wenn bei dieser Schwangerschaft etwas schiefgeht, dann… dann kann ich vielleicht nie mehr ein Baby haben.«

      »Ich weiß, Frau Rauh«, entgegnete Dr. Daniel sehr ernst. »Deshalb können Sie auch sicher sein, daß ich alles tun werde, um diese drei Babys am Leben zu erhalten.«

      *

      Die Schmerzen in Svenjas Fußgelenk waren schier unerträglich, doch die junge Frau ertrug sie mit zusammengebissenen Zähnen. Gestern war die Operation erfolgt, und seitdem fragten die Ärzte und Schwestern, ob sie Wundschmerzen hätte, doch sie hatte jedesmal verneint. Sie wollte nicht eingestehen, daß ihr Fuß weh tat… sie wollte über den Fuß, der ihre Karriere zerstört hatte, überhaupt nicht mehr sprechen.

      »Guten Morgen, Frau Birkert.«

      Die Stimme des eintretenden Chefarztes unterbrach ihre Gedanken. Ihm folgten der Oberarzt Dr. Scheibler und die Gynäkologin Dr. Alena Reintaler. Außerdem war Oberschwester Lena Kaufmann wie immer bei der morgendlichen Visite mit dabei.

      »Guten Morgen«, grüßte Svenja mit gepreßter Stimme, was Dr. Metzler sofort bemerkte.

      Mit gerunzelter Stirn betrachtete er sie. »Sie haben ja doch Schmerzen.«

      Svenja schüttelte energisch den Kopf, doch diesmal glaubte ihr der Chefarzt nicht. Spontan setzte er sich zu ihr ans Bett.

      »Frau Birkert, es hat keinen Sinn, wenn Sie versuchen, die Schmerzen zu ignorieren. Damit tun Sie sich wirklich keinen Gefallen.«

      Svenja preßte die Lippen zusammen und schwieg.

      Dr. Metzler sah sie eine Weile an, dann stand er mit einem tiefen Seufzer auf, notierte irgend etwas im Krankenblatt und gab der Oberschwester Anweisung, Svenja ein Medikament in die Infusion zu geben, die sie heute noch bekommen mußte.

      Unmittelbar nach Beendigung der Visite kam Lena Kaufmann mit einer Spritze ins Zimmer und injizierte den Inhalt direkt in die Infusionskanüle. Es dauerte nicht einmal eine halbe Stunde, bis Svenja spürte, wie die Schmerzen allmählich nachließen und schließlich ganz verschwanden. Die Augen fielen ihr zu, und sie konnte endlich einschlafen.

      So fand Dr. Daniel sie, als er nach der Vormittagssprechstunde in die Klinik kam, um nach Gerda Rauh und Svenja Birkert zu sehen.

      »Sie ist total erschöpft«, erklärte Lena Kaufmann, die Dr. Daniel das Zimmer hatte betreten sehen. Früher war sie bei ihm Sprechstundenhilfe gewesen, doch seit Eröffnung der Waldsee-Klinik arbeitete sie hier als Oberschwester. Der Abschied von Dr. Daniel war ihr damals sehr schwergefallen, und wenn er in Sarina keinen gleichwertigen Ersatz gefunden hätte, wäre Lena ihrem Chef sicher treu geblieben. So aber hatte sie die Gelegenheit ergriffen, eine neue, reizvolle Aufgabe zu übernehmen, und die Tatsache, daß sie auch hier mit Dr. Daniel zusammenarbeiten konnte, hatte dafür gesorgt, daß sie sich hier wohl fühlte.

      »Das sehe ich«, entgegnete Dr. Daniel, dann sah er Lena ernst an. »War die Operation denn so belastend für sie? Wolfgang sagte doch, daß es kein besonders schwieriger Eingriff gewesen sei.«

      Mitleidig betrachtete Lena die schlafende junge Frau. »Sie hat ihre Wundschmerzen verschwiegen, und zumindest anfangs hat der Chefarzt ihr geglaubt…. Er dachte zumindest, daß sie nur leichte Schmerzen haben würde. Erst heute hat er gemerkt, wie es sich in Wirklichkeit verhält.«

      Auf Dr. Daniels Gesicht zeigte sich wachsende Besorgnis. »Ich fürchte, das Problem ist noch weit schlimmer, als ich angenommen habe.« Er seufzte leise. »Es wird viel Zeit und noch mehr Geduld beanspruchen, um ihr zu helfen.«

      Lena nickte, dann sah sie Dr. Daniel an. »Aber sie braucht dringend Hilfe.«

      »Da haben Sie völlig recht, Frau Kaufmann«, stimmte Dr. Daniel ihr zu. »Und die hätte sie schon vor Jahren gebraucht.«

      Lena wollte noch etwas erwidern, doch da sah sie, daß Svenjas Lider zu flattern begannen. Offensichtlich würde die Patientin in den nächsten Minuten erwachen.

      »Ich

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