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es geht um Svenja Birkert.«

      Dr. Scheibler nickte, dann lächelte er. »Es hat Wolfgang ganz schön gewurmt, daß Sie darauf bestanden haben, daß ich in diesen Fall mit einbezogen werde.«

      Dr. Daniel winkte ab. »Das ist doch Unsinn, Gerrit. Wolfgang hätte Sie ohnehin zu Rate gezogen. Das war bis jetzt noch immer so.«

      »Sie kennen ihn doch, Robert. Wenn es seine Entscheidung ist, mit mir darüber zu sprechen, dann ist das für ihn etwas völlig anderes, als wenn er dazu gezwungen wird.«

      »Diesen Eigensinn hat er von seinem Vater«, meinte Dr. Da-

      niel, dann schmunzelte er. »Manchmal ist Wolfgang als Chefarzt nur schwer genießbar, und er hat großes Glück, daß wir ihn so mögen, wie er ist, nicht wahr?«

      Dr. Scheibler mußte lachen. »Das hätte er jetzt aber nicht hören dürfen. Also, Robert, wir sehen uns dann.«

      »Ich bin in ein paar Minuten bei Ihnen drüben«, versprach Dr. Daniel, bevor er seinen Weg fortsetzte.

      Aus den paar Minuten wurde dann zwar fast eine ganze Stunde, doch auch Dr. Scheibler und Dr. Metzler waren während dieser Zeit nicht untätig.

      Jetzt hängte der Chefarzt die Röntgenbilder auf, die das Fußgelenk von Svenja Birkert zeigten.

      »Wer immer dieses Gelenk nach dem Bruch behandelt hat – es war jedenfalls ein Pfuscher«, urteilte Dr. Metzler hart. »Frau Birkert behauptet zwar, sie hätte in dem Fuß keine Schmerzen, aber das kann ich mir eigentlich kaum vorstellen.« Er deutete an zwei Stellen auf dem Röntgenbild. »Der Murks liegt hier und hier.«

      »Wenn wir nicht schnellstens handeln, dann wird das Gelenk über kurz oder lang steif werden«, fügte Dr. Scheibler nachdenklich hinzu. »Möglicherweise ist es sogar schon zu spät. Allerdings…« Er sah den Chefarzt an. »Wolfgang und ich haben durchaus noch Hoffnung.«

      »Dann sollten wir jetzt schleunigst mit Frau Birkert sprechen«, meinte Dr. Daniel und stand auf. »Das werde ich übernehmen.«

      Dr. Metzler nickte. »Genau darum wollten wir dich bitten. Gerrit und mir gegenüber verhält sie sich äußerst zurückhaltend. Offensichtlich hat sie nur zu dir das nötige Vertrauen.«

      »Hoffentlich«, erwiderte Dr. Daniel seufzend, dann kehrte er noch einmal zur Gynäkologie zurück und klopfte, bevor er Svenjas Zimmer betrat.

      Überrascht sah sie ihn an. »Herr Doktor, haben Sie vorhin etwas vergessen?«

      Er schüttelte den Kopf, wäh-rend er sich noch einmal zu ihr auf die Bettkante setzte. »Nein, Frau Birkert, es hat sich inzwischen etwas Neues ergeben.«

      Svenja erschrak. »Bin ich denn doch krank? Womöglich etwas… etwas Bösartiges?«

      »Nein, es geht um keine Krankheit«, entgegnete Dr. Daniel und beschloß ohne weitere Umschweife zur Sache zu kommen, auch wenn das bedeutete, daß er ein Thema anschneiden mußte, das Svenja noch immer tunlichst vermied. »Im Zuge der Untersuchung wurden mehrere Röntgenaufnahmen gemacht, un-ter anderem auch von Ihrem rechten Fußgelenk.«

      Svenjas Blick wurde abweisend. »Der Chefarzt hat heute schon so eine Andeutung gemacht, aber ich möchte darüber nicht sprechen.«

      »Das müssen Sie auch gar nicht, Frau Birkert. Es geht jetzt nicht um das, was damals passiert ist, sondern einzig und allein um die Verletzung an sich… besser gesagt, um deren Versorgung. Die Röntgenaufnahmen haben gezeigt, daß Ihr Fußgelenk in Gefahr ist, steif zu werden, wenn nicht sofort etwas dagegen unternommen wird.«

      Noch immer war Svenjas Gesichtsausdruck abweisend. »Ob es steif wird oder nicht, ist für mich völlig unmaßgeblich geworden.«

      Spätestens jetzt wußte Dr. Daniel, wie schwierig es werden würde, Svenja von der Notwendigkeit der Operation zu überzeugen.

      »Frau Birkert, ein steifes Fußgelenk kann Ihnen ganz erhebliche Probleme bereiten, und wenn die Möglichkeit besteht, das zu verhindern…«

      »Vielleicht will ich es gar nicht verhindern«, fiel Svenja ihm ins Wort, dann senkte sie den Kopf. »Schmerzen habe ich ja ohnehin.«

      Dr. Daniel erkannte immer deutlicher, wie schlimm es um Svenjas Psyche stand. Ihre wirklichen Beschwerden gab sie nur widerwillig zu, während sie in ihren an sich gesunden Körper immer andere Krankheiten hineininterpretierte.

      »Ich bin sicher, daß Dr. Metzler und Dr. Scheibler Ihnen diese Schmerzen nehmen könnten«, meinte Dr. Daniel, ohne auf die Tatsache, daß Svenja dem Chefarzt gegenüber diese Beschwerden zuerst geleugnet hatte, näher einzugehen. »Die beiden sind großartige Chirurgen.« Er legte eine Hand auf Svenjas Arm. »Bitte, Frau Birkert, lassen Sie sich doch helfen.«

      Lange sah die junge Frau ihn an, dann nickte sie, schränkte jedoch gleich ein: »Ich bin zwar nicht sicher, das Richtige zu tun, aber wenn Sie eine Operation für nötig halten…« Sie zuckte die Schultern. »Im Grunde ist es mir völlig gleichgültig, was mit meinem Fuß passiert.«

      *

      »Sie gibt ihrem Fuß die Schuld an dem, was geschehen ist«, erklärte Dr. Daniel, als er wenig später mit Dr. Metzler und Dr. Scheibler wieder zusammensaß. »Das hat sie zwar nicht direkt gesagt, aber es klang so durch. Wenn das Gelenk steif werden würde, sähe sie es wohl als gerechte Strafe für ihren Fuß an.«

      Dr. Metzler seufzte. »So etwas habe ich noch nie erlebt.«

      »Aus diesem Blickwinkel betrachtet, ist es allerdings um so erstaunlicher, daß Sie es geschafft haben, ihr die Einwilligung in die Operation abzuringen«, stellte Dr. Scheibler fest, und dabei schwang Bewunderung für Dr. Daniel in seiner Stimme mit.

      »Ich habe es mir nun mal in den Kopf gesetzt, ihr zu helfen«, meinte Dr. Daniel, dann seufzte auch er. »Allerdings sehe ich schon jetzt, daß ich mir da eine ziemlich schwere Aufgabe eingehandelt habe. Vor ein paar Jahren… besser noch gleich nach ihrem Unfall wäre es vielleicht etwas leichter gewesen, aber jetzt…« Er schwieg eine Weile. »Sie hat zuviel Kummer in sich vergraben, und es würde eigentlich einen erfahrenen Psychiater verlangen, sie aus diesem Tief herauszuholen.«

      »Du hast selbst gesagt, daß das nur Sinn hätte, wenn sie von sich aus dazu bereit wäre«, wandte Dr. Metzler ein.

      »Vielleicht gelingt es Ihnen ja, die Patientin von der Notwendigkeit einer Psychotherapie zu überzeugen«, meinte Dr. Scheib-ler. »Ich glaube, das wäre in diesem Fall die größte Hilfe, die Sie ihr bieten könnten.«

      Dr. Daniel nickte. »So sehe ich es auch.« Dann stand er auf. »Ich muß aufpassen, daß ich allmählich nach Hause komme.«

      Dr. Metzler und Dr. Scheibler blickten ihm nach.

      »Er wird es nie schaffen, einmal pünktlich Feierabend zu machen«, meinte der Chefarzt. »Irgendwann arbeitet er sich noch zu Tode.«

      »Oder er reibt sich in der Sorge um seine Patientinnen völlig auf«, ergänzte Dr. Scheibler.

      Die beiden Ärzte wußten nicht, daß Dr. Daniels Feierabend noch in weiter Ferne lag. Allerdings wußte er selbst auch nichts davon. Der fremde Wagen, der auf dem ansonsten leeren Patientenparkplatz stand, fiel ihm jedoch sofort auf, und spätestens in diesem Moment war ihm klar, daß noch Arbeit auf ihn warten würde.

      »Sie scheinen ja ein äußerst vielbeschäftigter Mann zu sein.«

      Dr. Daniel fuhr beim Klang der ihm unbekannten Stimme herum und sah sich einem großen, breitschultrigen Mann gegenüber. Jetzt zeigte dieser ein breites Grinsen und streckte die rechte Hand aus.

      »Raimund Brunner«, stellte er sich vor. »Ich wollte Sie endlich mal kennenlernen.«

      Dr. Daniel erwiderte den fe-sten Händedruck. »Damit sprechen Sie mir aus der Seele, Herr Brunner. Von meinen Patientinnen habe ich nur Gutes über Sie gehört.«

      Raimunds Grinsen vertiefte sich. »Das erstaunt mich aber. Ich dachte immer, ich würde als mittleres Schreckgespenst gelten.«

      Erstaunt

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