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erkennen, was wie ein Baby aussah.

      »Sehen Sie das, was da so pulsiert?« fragte Dr. Daniel, und als Gerda eifrig bejahte, fügte er hinzu: »Das ist das Herz des einen Kindes, und hier…« Er stockte, ließ den Schallkopf noch einmal über die Stelle gleiten und überprüfte das, was er sah, sogar noch ein drittes Mal, doch ein Zweifel war für ihn ausgeschlossen.

      »Frau Rauh, ich will Sie nicht erschrecken«, erklärte er, »aber es ist möglich, daß Sie nicht nur Zwillinge, sondern sogar Drillinge bekommen.«

      Im ersten Moment brachte Gerda kein Wort hervor, doch dann strahlte sie. »Drillinge!« Sie schüttelte den Kopf. »Damit können Sie mich nicht erschrecken. Ich sagte doch, daß Ferdinand und ich mehrere Kinder wollten.«

      »Ja, schon, aber nicht unbedingt auf einmal«, wandte Dr. Daniel ein, dann lächelte er. »Ich fürchte, da kommen stressige Zeiten auf Sie zu.«

      »Ferdinand wird mir beistehen«, erklärte Gerda voller Überzeugung. »Und in der ersten Zeit können meine Eltern bei uns wohnen. Mutti ist nicht der Typ, der vor der Arbeit davonläuft.«

      »Dann ist es ja gut«, meinte Dr. Daniel, führte Abmessungen der Babys noch durch und druckte drei besonders gute Ultraschallaufnahmen aus.

      Als sich Gerda wieder angekleidet hatte, legte Dr. Daniel die Bilder mit den grauen Schatten vor sich hin, zeigte ihr, wo sich welches Körperteil befand, und je länger Gerda die Aufnahmen betrachtete, um so mehr hatte sie das Gefühl, wirklich ihre Babys zu sehen.

      »Drillinge«, wiederholte sie in schwärmerischem Ton, dann sah sie Dr. Daniel mit plötzlichem Ernst an. »Haben die denn alle Platz da drin?« Dabei wies sie auf ihren Bauch.

      »Das ist tatsächlich ein kleines Problem, auf das ich Sie jetzt ohnehin noch angesprochen hätte«, erklärte Dr. Daniel. »Im Körper einer Frau ist eigentlich alles nur für ein Kind eingerichtet. Zwillinge sind schon manchmal etwas schwierig, aber bei Ihnen sind es nun sogar drei Babys, die da heranwachsen, und obwohl ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr damit rechne, muß ich Ihnen sagen, daß einer der Embryonen noch absterben könnte.«

      Gerda erschrak. »Wie groß ist die Gefahr?«

      »Nicht mehr sehr groß«, räumte Dr. Daniel ein. »Meistens passiert das schon in den ersten Wochen. Sie gehen bereits in den vierten Monat, also halte ich es für unwahrscheinlich. Allerdings muß ich Ihnen ebenfalls gleich sagen, daß bei Drillingen eine natürliche Geburt praktisch ausgeschlossen ist. Wir müssen die Babys mit Kaiserschnitt holen, und sie werden sicher nicht das Geburtsgewicht eines einzelnen Kindes erreichen. Das bedeutet, daß auch nach der Geburt der Kinder die Gefahr noch nicht gebannt ist. Die meisten Mehrlinge liegen bei einem Geburtsgewicht von unter zweitausendfünfhundert Gramm, und das kann manchmal recht problematisch werden.«

      Sehr ernst sah Gerda ihn an. »Das bedeutet, daß die Babys auch nach der Geburt noch sterben könnten.«

      »Die Medizin ist in dieser Hinsicht schon sehr weit«, entgegnete Dr. Daniel. »Überdies verfügt die Waldsee-Klinik über eine ausgezeichnete Entbindungs- und Säuglingsstation, aber es ist dennoch meine Pflicht, Sie über die möglichen Risiken aufzuklären.«

      Gerda nickte. »Ich bin froh, daß Sie mir das alles sagen. Das ist mit ein Grund, weshalb ich Ihnen von Anfang an blind vertrauen konnte.«

      »Das freut mich natürlich zu hören«, meinte Dr. Daniel, dann lächelte er. »Wir werden jedenfalls alles tun, um Ihre drei Babys gesund auf die Welt zu holen. Grundvoraussetzung dafür ist, daß Sie regelmäßig zu den Vorsorgeuntersuchungen kommen und zwar nicht nur alle vier Wochen, wie es bei normalen Schwangerschaften üblich ist, sondern am besten sogar alle zwei Wochen. Im übrigen würde ich Ihnen ab dem fünften Monat zu einer speziellen Geburtsvorbereitung raten.« Er nahm einen Notizzettel und schrieb eine Adresse auf. »Ich kenne Herrn Brunner zwar nicht persönlich, aber ich hatte schon etliche Patientinnen mit Zwillingsgeburten, die von ihm in den höchsten Tönen schwärmten.«

      Gerda nahm den Zettel entgegen.

      Raimund Brunner, las sie, dann sah sie Dr. Daniel an. »Ist er so etwas wie eine männliche Hebamme?«

      »Nein, Frau Rauh. Herr Brunner ist Krankengymnast, hat sich aber auf außergewöhnliche Fälle spezialisiert. Wie gesagt, ich kenne ihn leider nicht persönlich. Meistens habe ich von ihm erst gehört, wenn die jeweiligen Patientinnen entbunden hatten. Aber vielleicht ergibt sich nun durch Sie eine Zusammenarbeit zwischen Herrn Brunner und mir.« Er lächelte wieder. »Wenn wir drei gemeinsam an einem Strang ziehen, werden diese drei Babys bestimmt gesund zur Welt kommen.«

      *

      Svenja Birkert war so nervös, daß sich auf der Fahrt zur Waldsee-Klinik wieder Atembeschwerden bei ihr einstellten. Mit der Sauerstoffmaske vor dem Gesicht und hektisch zukkenden Händen traf Svenja schließlich in Steinhausen ein und wurde dort von Chefarzt Dr. Wolfgang Metzler und Dr. Daniel in Empfang genommen.

      »Dr. Breuer spritzt ihr in diesen Fällen immer irgendein Vitaminpräparat«, raunte der Sanitäter Dr. Daniel zu, dann zuckte er die Schultern. »Es ist vollkommen harmlos, aber sie denkt, es würde ihr helfen.«

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Damit fangen wir hier gar nicht erst an.« Er sprach kurz mit Dr. Metzler, dann beugte er sich zu Svenja und nahm ihr die Sauerstoffmaske ab.

      Die junge Frau holte keuchend Atem, ihre Hände fuhren an den Hals.

      »Ich ersticke!« stieß sie angstvoll hervor.

      »Nein, Frau Birkert, Sie werden nicht ersticken«, erklärte Dr. Daniel eindringlich, und der Klang seiner tiefen, warmen Stimme zeigte wieder einmal die gewünschte Wirkung. Svenja wurde ruhiger, wenn ihre Hände auch noch immer bebten und sie keuchend atmete.

      In diesem Moment kehrte Dr. Metzler zurück und reichte Dr. Daniel ein feuchtes Tuch, das dieser Svenja vor das Gesicht hielt.

      »Atmen Sie tief ein, Frau Birkert«, erklärte er. »Der Lavendelduft wird Sie ein wenig beruhigen, dann fällt auch das Atmen wieder leichter.«

      Dr. Daniels bestimmtes Handeln gab Svenja Sicherheit. In ihr waren zwar noch immer Angst und Nervosität, trotzdem schaffte sie es, die Anordnung des Arztes zu befolgen.

      »Es geht wieder«, meinte sie nach einer Weile und brachte dabei sogar ein Lächeln zustande. »Dr. Breuer hat mir immer eine Spritze gegeben.«

      »Das hätte ich vielleicht auch getan, wenn sich die Atemnot nicht gebessert hätte«, entgegnete Dr. Daniel. »Aber ich wollte es erst einmal ohne Medikamente versuchen.« Mit besonderer Herzlichkeit reichte er Svenja die Hand. »Jetzt komme ich endlich dazu, mich vorzustellen. Mein Namen ist Robert Daniel. Ich bin Gynäkologe hier in Steinhausen und Direktor dieser Klinik.« Er wies auf den neben ihm stehenden Arzt. »Das hier ist Chefarzt Dr. Metzler, aber mit ihm werden Sie nur wenig zu tun haben. Er wird Sie morgen während der täglichen Visite besuchen. Ansonsten kümmere ich mich persönlich um Sie.«

      Dr. Daniel wandte sich den beiden Sanitätern zu und bedankte sich, bevor er Svenja ins erste Stockwerk und zu ihrem Zimmer brachte.

      »Was für eine herrliche Aussicht!« schwärmte Svenja und fühlte dabei eine Begeisterung wie schon lange nicht mehr. Ihr Blick ging über die Tannenwipfel, durch die man den Waldsee schimmern sah, und hinauf zum Kreuzberg, an dessen Gipfel bereits Schnee lag, dann sah sie Dr. Daniel an. »Dr. Breuer hatte recht. Ich glaube, hier werde ich mich wohl fühlen. Und wenn Sie mich noch von meinen Unterleibsschmerzen befreien können…«

      »Ich werde jedenfalls mein Möglichstes tun«, versprach Dr. Daniel. »Wenn Sie sich kräftig genug fühlen, kann ich Sie ja schon mal untersuchen. Sie können sich aber auch erst ein bißchen hier einleben.«

      »Nein, Herr Doktor, das ist nicht nötig«, wehrte Svenja ab. »Ich wäre froh, wenn Sie mich gleich untersuchen könnten.«

      »Gut«, meinte Dr. Daniel, dann setzte er sich ohne große Umstände auf die Bettkante. »Erzählen Sie mir etwas über Ihre Beschwerden, damit ich mir schon mal ein ungefähres Bild machen kann.«

      »Tja,

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