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dauern wird.«

      Der Ansatz eines Lächelns huschte über Natalies Gesicht. »Es ist schön zu wissen, daß es noch Ärzte gibt wie Sie.«

      *

      Dr. Daniel wollte die Waldsee-Klinik gerade verlassen, als er vom Chefarzt Dr. Metzler zu-rückgehalten wurde.

      »Die Bewerbungsunterlagen von diesem Dr. Köhler sind heute gekommen«, erklärte er. »Ich habe sie kurz überflogen und in dein Büro gelegt.«

      Dr. Daniel nickte knapp. »Ich bin in Eile. Heute abend komme ich noch einmal her, dann werde ich sie mir in Ruhe ansehen.«

      »Das glaube ich nicht«, entgegnete Dr. Metzler. »Ich bin überzeugt davon, daß du sie gleich anschauen wirst.«

      Verständnislos sah Dr. Daniel ihn an. »Du sprichst in Rätseln, lieber Wolfgang.«

      »Des Rätsels Lösung wird sofort geliefert«, versprach Dr. Metzler. »Ich habe mitbekommen, daß du aus gegebenem Anlaß gegen einen gewissen Dr. Kreutzer vorgehen willst. Als ich nun die Bewerbungsunterlagen von Dr. Köhler durchgeschaut habe, stach mir sofort der Name der Münchner Privatklinik ins Auge, an der er bis vor kurzem gearbeitet hat. Klingelt’s jetzt bei dir?«

      »Du meinst…«, begann Dr. Daniel.

      Der Chefarzt nickte. »Genau.«

      Daraufhin machte Dr. Daniel auf dem Absatz kehrt und ging mit langen Schritten in sein Büro. Hastig blätterte er die Unterlagen von Dr. Rainer Köhler durch, dann griff er nach dem Telefonhörer und wählte die angegebener Nummer. Der junge Assistenzarzt meldete sich schon nach dem zweiten Klingeln.

      »Daniel«, gab sich der Arzt zu erkennen. »Ich habe gerade Ih-

      re Bewerbungsunterlagen angeschaut, und dabei fiel mir unser Gespräch wieder ein. Die Patientin, wegen der Sie entlassen wurden – war das Natalie Meinhardt?«

      »Ich bin nicht ganz sicher, ob ich das sagen darf.«

      »Kommen Sie zu mir in die Klinik, Herr Köhler. Fräulein Meinhardt wird Sie von der Schweigepflicht entbinden, und ich glaube, danach werden wir beide ein äußerst interessantes Gespräch führen.«

      Mit dieser Hoffnung täuschte sich Dr. Daniel nicht. Was Rainer Köhler ihm über die Operation an Natalie Meinhardt mitteilen konnte, würde mit Leichtigkeit ausreichen, um Dr. Kreutzer den Prozeß zu machen.

      Doch die Nachforschungen er-gaben noch sehr viel mehr. Was an Belastungsmaterial vorlag, kostete nicht nur Dr. Kreutzer seine Zulassung als Arzt – auch Siegfried Hilgert durfte seine Heilpraktikertätigkeit nicht fortsetzen. Es zeigte sich im Verlauf der Verhandlung, daß die angeblich pflanzliche Salbe, mit der er beispielsweise auch die Hautkrankheit von Natalies Schwester Tanja behandelt hatte, hohe Mengen von Cortison enthielt, und auch in vielen anderen Fällen konnte ihm nachgewiesen werden, daß er mit viel zu starken Medikamenten sehr sorglos verfahren war.

      »Bei dieser Gelegenheit kann ich Ihnen gleich sagen, daß Sie die Assistentenstelle hier in der Klinik bekommen werden, sobald mein Sohn seine Assistentenzeit beendet hat«, erklärte Dr. Daniel, als er sich nach der Gerichtsverhandlung von Rainer Köhler verabschiedete, der einer der wichtigsten Zeugen im Prozeß gewesen war.

      Der junge Arzt strahlte, doch dann wurde er plötzlich ernst. »Bekomme ich die Stelle nur, weil ich Ihnen geholfen habe, gegen Dr. Kreutzer vorzugehen?«

      Da schüttelte Dr. Daniel den Kopf. »Nein, Herr Köhler, das hat damit überhaupt nichts zu tun. Sie bekommen die Stelle, weil Sie einmal ein ausgezeichneter Arzt sein werden, an dessen Ausbildung die Waldsee-Klinik sehr gern beteiligt sein will.«

      Da kehrte Dr. Köhlers Lä-cheln zurück. »Danke, Herr Dr. Daniel. Ich freue mich schon auf die Arbeit hier.«

      *

      Es ging bereits auf Mitternacht, als Patrick nach Hause kam. Mit einem Ruck sprang Tobias auf.

      »Patrick! Endlich!« stieß er hervor. »Ich muß… ich meine…« Nervös strich er durch seine Haare. »O Gott, wie soll ich nur anfangen?«

      Verständnislos sah Patrick seinen Bruder an. »Was ist denn los, Tobias?«

      Tobias’ Hände zitterten, und sein ganzer Körper fühlte sich so heiß an, als hätte er Fieber, doch er wußte, daß das nur die Angst war. Trotzdem konnte er nicht länger lügen – jetzt nicht mehr.

      »Patrick, das alles ist nicht wahr«, brachte er endlich hervor. »Dieser Graf Thorsten… und daß du für Sabrina nur

      ein Lückenbüßer gewesen sein sollst… es ist nicht wahr. Mareike und ich haben das erfunden, um… um dich und Sabrina auseinanderzubringen.«

      Minutenlang herrschte eisiges Schweigen. Es war wie die Ruhe vor dem Sturm, und Tobias wußte, daß dieser unweigerlich losbrechen würde. Was er gerade gestanden hatte, konnte Patrick nicht kommentarlos hinnehmen. Tobias bekam dann auch die Auswirkungen dieses Sturms schmerzhaft zu spüren.

      Ohne mit der Wimper zu zucken, nahm er Patricks Ohrfeige hin. Der Schlag seines Bruders schmerzte nicht so sehr auf der Wange als vielmehr im Herzen. Tränen schossen ihm in die Augen.

      »Patrick«, flüsterte er.

      »Halt den Mund!« fuhr sein Bruder ihn an.

      Tobias vergrub das Gesicht in den Händen. »Es tut mir leid, Patrick. Ich schäme mich so entsetzlich, und… ich wünschte, ich könnte alles ungeschehen machen.« Langsam ließ er die Hände sinken. »Ich bitte dich nicht, mir zu verzeihen, denn… ich glaube, das wäre zuviel verlangt.«

      Damit wollte er hinausgehen, doch Patrick hielt ihn fest und drehte ihn zu sich herum. Tobias sah in die sonst so sanften Augen des Bruders, in denen jetzt unbeschreibliche Härte und Kälte lagen.

      »Warum, Tobias?« wollte er wissen. »Haßt du mich denn so sehr, daß du mir das Glück mit Sabrina nicht gegönnt hast?«

      Tobias schüttelte den Kopf. »Ich hasse dich nicht, Patrick. Ich habe dich nie gehaßt. Ich habe es mir eingeredet, aber in Wirklichkeit…« Er schwieg, dann gestand er leise: »Ich habe es getan, weil ich Sabrina liebe.«

      Patrick hatte mit allem gerechnet, aber damit nicht.

      »Tobias«, sagte er erschüttert. Seine Wut auf den älteren Bruder war wie weggeblasen.

      Er legte einen Arm um Tobias’ Schultern und begleitete ihn zum Sofa. »Komm, Tobias, erzähl mir alles.«

      Es wurde eine lange Beichte, und als Tobias schließlich erschöpft schwieg, da hatte Patrick das Gefühl, als hätten sie sich noch sie so nahe gestanden wie in diesem Augenblick.

      »Das habe ich nicht gewußt«, erklärte er leise. »Ich spürte deinen Haß… deine Eifersucht, aber den Grund dafür…« Er schüttelte den Kopf. »Meine Güte, Tobias, warum hast du nicht schon viel früher mit mir dar-über gesprochen?«

      Tobias zuckte die Schultern. »Ich konnte nicht. Ich habe mir eingeredet, dich zu hassen, und als du mit Sabrina gekommen bist… als ich sie das erste Mal gesehen habe… ich dachte, ich müßte sterben. Mareike hat es gespürt und meine Schwäche ausgenutzt. Sie ist voller Haß auf Sabrina… sie heuchelt ihre Freundschaft nur, und… sie wußte genau, daß ich alles tun würde, um Sabrina zu bekommen, doch als ich gesehen habe, wie du gelitten hast… und Sabrinas Anrufe… ihre Traurigkeit… ihr Kummer… und dann das mit dem Baby…«

      Wie elektrisiert blickte Patrick auf. Davon hatte Tobias bis jetzt noch gar nichts gesagt.

      »Sabrina erwartet ein Baby von mir?«

      Tobias nickte, dann sah er seinen Bruder an. »Ich weiß nicht, ob du mir überhaupt noch etwas glauben kannst, aber ich hätte dir heute auch die Wahrheit gestanden, wenn das mit dem Baby nicht gewesen wäre. Was du heute vor der Abfahrt zu mir gesagt hast… daß du mich immer geliebt hast…«

      »Daran hat sich nichts geändert, Tobias«, fiel Patrick ihm ins Wort, dann stand er auf. »Ich fahre jetzt sofort nach München, und ich

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