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der Klinik eine Assistentenstelle frei, weil mein Sohn an ein anderes Krankenhaus wechseln wird, um seinen Facharzt zu machen.«

      Dr. Köhler konnte kaum glauben, was er da gerade gehört hatte. »Heißt das… Sie bieten mir diese Stelle an, obwohl ich in Ihren Augen doch so etwas wie ein ungehobelter Quertreiber sein muß?«

      »Ich werde die Katze nicht im Sack kaufen, wie man so schön sagt«, erwiderte Dr. Daniel. »Selbstverständlich werde ich über Sie Erkundigungen einholen. Ich kenne Professor Reimann, und ich nehme an, es wird Ihnen recht sein, wenn ich mich mit dem Professor über Sie unterhalten werde.«

      Dr. Köhler nickte ohne zu zögern. »Natürlich ist mir das recht.«

      »Gut«, meinte Dr. Daniel. »Reichen Sie möglichst bald eine schriftliche Bewerbung ein. Ich werde dann mit dem Chefarzt und dem Oberarzt der Klinik darüber entscheiden, ob wir Sie einstellen können.« Er schwieg einen Moment. »Ich für mein Teil lasse mich dabei auch von meinem Instinkt leiten, und da habe ich bei Ihnen ein recht gutes Gefühl.«

      Ein erleichtertes Lächeln glitt über das Gesicht des jungen Arztes. »Danke.« Er schwieg einen Moment, dann fügte er hinzu: »Wenn Sie mich wirklich einstellen, werden Sie es nicht bereuen müssen. Ich bin kein Quertreiber, ich will nur möglichst viel lernen.«

      »Dazu bestehen hier in der Klinik die besten Voraussetzungen«, meinte Dr. Daniel, dann stand er auf und reichte Dr. Köhler mit einem freundlichen Lächeln die Hand. »Also, ich höre von Ihnen, und ich denke, daß ich von Professor Reimann nichts Unerfreuliches erfahren werde.«

      *

      Völlig aufgelöst kam Natalie Meinhardt zur Nachuntersuchung in die Klinik.

      »Herr Doktor, ich habe meine Tage nicht bekommen«, platzte sie heraus, kaum daß Dr. Kreutzer den Raum betreten hatte.

      »Aber, liebes Fräulein Meinhardt«, entgegnete er mit einem jovialen Lächeln, »so etwas ist nach einem solchen Eingriff völlig normal.«

      Mißtrauisch sah Natalie ihn an. »Wirklich?«

      »Selbstverständlich«, bekräftigte Dr. Kreutzer, dann sah er demonstrativ auf die Uhr. »Ich habe heute leider nicht viel Zeit. Wir können nur rasch die Untersuchung machen, für weitere Fragen muß ich Sie an Herrn Hilgert verweisen. Ich habe ihn über den Eingriff unterrichtet. Er wird Ihnen also zufriedenstellende Antworten geben können.«

      »Danke, Herr Doktor«, murmelte Natalie, während sie begann, sich freizumachen, dann legte sie sich auf den Untersuchungsstuhl.

      Inzwischen hatte sich Dr. Kreutzer ein Paar Plastikhandschuhe übergestreift und nahm jetzt die Untersuchung vor. Unwillkürlich zuckte Natalie zusammen.

      »Na, jetzt kann es aber nicht mehr weh tun«, erklärte Dr. Kreutzer in vorwurfsvollem Ton, dann sah er Natalie an. »Mir scheint, Sie sind doch ein bißchen sehr empfindlich. Aber im großen und ganzen ist alles in Ordnung.«

      »Im großen und ganzen?« wiederholte Natalie fragend. »Heißt das…«

      »Das heißt gar nichts«, fiel Dr. Kreutzer ihr ungeduldig ins Wort. »Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich habe noch ein wenig mehr zu tun, als mit Ihnen über harmlose Redewendungen zu diskutieren.«

      Natalie war von dem unhöflichen Ton des Arztes mehr als befremdet. Er nickte ihr nur verabschiedend zu, dann verließ er den Untersuchungsraum. Natalie kleidete sich wieder an, trat auf den Flur hinaus und sah sich um, doch weit und breit war niemand zu sehen. Mit einem tiefen Seufzer machte sie sich auf den Weg zum Ausgang, zögerte noch einen Moment, bevor sie sich entschloß, sofort zu dem Heilpraktiker zu fahren.

      Sie hatte Glück. Siegfried Hilgert war nicht nur gerade in seiner Praxis, er hatte im Moment auch keinen Patienten und konnte sich daher gleich für Natalie Zeit nehmen.

      »Ich habe es zu Dr. Kreutzer schon gesagt, daß ich meine Tage nicht bekommen habe«, eröffnete Natalie das Gespräch. »Er meinte, das wäre nach einer solchen Operation normal. Im übrigen hatte er aber keine Zeit, sich näher mit mir zu unterhalten, deshalb hat er mich an Sie verwiesen.«

      Siegfried Hilgert nickte. »Ich weiß über den Fall ja auch bestens Bescheid. Dr. Kreutzer hat mir umfangreiche Unterlagen geschickt.« Er lächelte Natalie aufmunternd an. »Er hat vollkommen recht. Sehen Sie, Fräulein Meinhardt, der Zyklus einer Frau ist sehr leicht zu beeinflussen. Die geringste Streßsituation kann ihn bereits durcheinanderbringen. Der Eingriff bedeutete für Ihren Körper eine ganz extreme Streßsituation, und deshalb sind in diesem Monat Ihre Blutungen ausgefallen. Darüber sollten Sie sich wirklich keine weiteren Gedanken machen.«

      »Ich fühle mich aber nicht besonders gut«, wandte Natalie ein. »Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll. Nachts kann ich nur noch schlecht schlafen. Ich bekomme immer wieder fürchterliche Schweißausbrüche, und tagsüber kann ich mich nur schwer konzentrieren.«

      Der Heilpraktiker nickte verständnisvoll. »Das ist ganz na-türlich, Fräulein Meinhardt. Wenn Sie nachts nicht schlafen können, dann sind Konzentrationsschwierigkeiten die ganz normale Folge. Trinken Sie eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen eine Tasse Tee, und zwar Hopfenzapfen und Baldrianwurzel zu gleichen Teilen gemischt. Davon einen Teelöffel mit einem Viertelliter heißem Wasser übergießen und zehn Minuten ziehen lassen. Sie werden sehen, das hilft Ihnen ganz sicher. Und wenn Sie nachts erst wieder schlafen können, dann kehrt auch die Konzentration zurück.«

      Natalie nickte. »Kann ich gegen diese wirklich schrecklichen Schweißausbrüche auch etwas tun?«

      »Versuchen Sie es doch mal mit Wechselduschen – abwechselnd heiß und kalt, mit kalt aufhören. Das wird Ihnen bestimmt Erleichterung verschaffen.«

      Da konnte Natalie sogar ein wenig lächeln. »Danke, Herr Hilgert. Ich bin froh, daß Sie sich für mich Zeit genommen haben.«

      »Das ist schließlich meine Pflicht«, betonte Siegfried Hilgert mit gespielter Bescheidenheit. Er zögerte kurz, dann fügte er mit beschämt gesenktem Blick hinzu: »Es tut mir sehr leid, aber ich muß für dieses Beratungsgespräch wieder zwanzig Mark berechnen.«

      »Ach so, ja«, meinte Natalie. »Entschuldigen Sie, daß ich nicht selbst daran gedacht habe.« Sie holte ihre Geldbörse hervor, bezahlte und bekam wieder eine Quittung, dann begleitete der Heilpraktiker sie noch hinaus.

      Natalie bestieg ihr Auto und fuhr zur Apotheke. Eine junge Apothekerin kam mit einem freundlichen Lächeln auf sie zu, und Natalie verlangte den Tee, den Siegfried Hilgert ihr empfohlen hatte. In diesem Moment stieg ihr die Hitze in den Kopf, und innerhalb weniger Sekunden war sie völlig naßgeschwitzt.

      »Haben Sie das öfter?« fragte die junge Apothekerin besorgt.

      Natalie nickte. »Ich hatte eine Endometriose und wurde deswegen operiert. Seitdem bekomme ich diese Schweißausbrüche immer wieder. Herr Hilgert hat mir jetzt zu Wechselduschen geraten.«

      »Der… Heilpraktiker Hilgert?« vergewisserte sich die Apothekerin.

      Natalie wurde hellhörig. »Ja, warum?«

      »Ich möchte Ihnen einen Rat geben«, erklärte die Frau. »Nicht als Apothekerin, sondern von Frau zu Frau. Gehen Sie mit diesen Beschwerden zu einem Arzt… am besten zu einem Gynökologen. Ich will Sie nicht erschrecken und vor allen Dingen auch keine Diagnosen stellen, die mir nicht zustehen, aber ich erinnere mich, daß meine Mutter unter ganz ähnlichen Schweißausbrüchen litt, als sie in die Wechseljahre kam.«

      »Dafür bin ich ja wohl noch ein bißchen zu jung«, wandte Natalie ein.

      »Eben«, meinte die Apothekerin, dann fügte sie eindringlich hinzu: »Lassen Sie sich besser untersuchen.«

      Natalie seufzte. »Wenn ich nur wüßte, von wem. Ich war vor der Operation schon bei so vielen Ärzten, aber keiner hat diese Endometriose erkannt. Ich weiß nicht, zu wem ich jetzt noch Vertrauen haben soll.«

      Die junge Apothekerin zögerte. »Ich darf Ihnen eigentlich keinen Arzt empfehlen, aber… ich persönlich nehme den Weg von München nach Steinhausen

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