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beiden an.

      Fassungslos las Tobias den Text, der von einer neuen Liebe kündete, die Sabrina ganz plötzlich gefunden haben sollte.

      »Woher hast du das?« fragte er atemlos.

      Wieder zeigte Mareike dieses heimtückische Lächeln.

      »Ein Computer ist geduldig«, erklärte sie. »Mit der richtigen Ausrüstung, den nötigen Programmen und dem gewissen Know how kann man damit die tollsten Sachen machen. Dazu ein paar perfekte Fotomontagen mit dem Scanner ins rechte Licht gerückt…«

      »Du bist eine richtige Hexe«, entfuhr es Tobias.

      Da lachte Mareike, doch dieses Lachen jagte Tobias einen eisigen Schauer über den Rücken. Unvermittelt wurde sie wieder ernst und machte einen drohenden Schritt auf den jungen Mann zu.

      »Vielleicht hast du recht, und ich bin wirklich eine Hexe«, erklärte sie gefährlich leise. »Dann kann ich dich nur warnen, Tobias. Versuche nicht, dich mit mir anzulegen. Ich habe mir etwas in den Kopf gesetzt, und ich werde mein Ziel erreichen. Wenn du auch nur daran denkst, gegen mich zu arbeiten, werde ich dich vernichten – genauso wie ich die Liebe zwischen Patrick und Sabrina vernichten werde.« Sie tippte auf den Bericht, den sie selbst gefälscht und gedruckt hatte. »Wie du siehst, habe ich die Macht dazu.«

      »Was könntest du mir schon antun?« fragte Tobias.

      »Eine ganze Menge, mein Lieber«, entgegnete Mareike, dann sah sie ihn kopfschüttelnd an. »Im übrigen verstehe ich deinen plötzlichen Sinneswandel nicht. Du liebst Sabrina und willst sie für dich gewinnen, außerdem warst du zeitlebens auf deinen Bruder eifersüchtig. Das hast du mir selbst erzählt. Wieso steckst du dann jetzt in einem solchen Gewissenskonflikt?«

      Tobias seufzte. »Ja, ich liebe Sabrina, aber nach allem, was ich in ihrem Brief an Patrick gerade gelesen habe, halte ich es für äußerst unwahrscheinlich, daß ich sie jemals erobern werde. Und was meine Gefühle für Patrick betrifft… ich war eifersüchtig auf ihn, vielleicht habe ich ihn sogar gehaßt, weil er es im Leben immer ein bißchen leichter hatte als ich, aber trotz allem ist er mein Bruder, das kann ich nicht vergessen.«

      Mareike zuckte gelassen die Schultern.

      »Dein Problem«, urteilte sie kalt. »Wichtig ist nur, daß wir weitermachen – gemeinsam. Dann werden wir beide unser Ziel erreichen.« Dabei überlegte sie in Wirklichkeit jetzt, wie sie zu gegebener Zeit verhindern könnte, daß sich Sabrina tatsächlich mit Tobias trösten würde. Sie gönnte der Freundin nämlich überhaupt kein Glück. Sabrina hatte schon viel zu lange die Sonnenseiten des Lebens genießen können…

      *

      Die Touren, die Tobias für seinen Bruder zusammenstellte, waren so knapp bemessen, daß Patrick Mühe hatte, den Zeitplan einzuhalten. Trotzdem gelang es ihm an diesem Tag, in der Nähe eines Rastplatzes, den Tobias für eine kurze Pause ausgewählt hatte, ein Telefon aufzutreiben. Hastig wählte er die Nummer der Hardenborns, und schon nach dem zweiten Klingeln meldete sich der Butler Alfons.

      »Guten Tag, Alfons«, begrüßte Patrick ihn. »Hier Scholz. Kann ich bitte Sabrina sprechen?«

      »Tut mir leid, Herr Scholz, das gnädige Fräulein ist außer Haus«, gab Alfons Auskunft.

      »Können Sie mir sagen, wann sie zurückerwartet wird?«

      »Leider nicht, Herr Scholz«, antwortete Alfons bedauernd. »Das gnädige Fräulein hat keine Nachricht hinterlassen.«

      Patrick seufzte leise. »Dann richten Sie ihr bitte aus, daß ich angerufen habe.«

      »Ja, selbstverständlich, Herr Scholz.«

      Patrick legte auf, dann lehnte er die Stirn gegen das Glas der Telefonzelle. Was war nur mit Sabrina los? Seit zwei Wochen war er nun schon hier in Köln, und sie hatte immer noch nichts von sich hören lassen. Ob sie beleidigt war, weil er bisher nur Tobias bei ihr hatte anrufen lassen? Aber wann hätte er selbst schon Zeit und Gelegenheit gehabt, mit ihr zu telefonieren? Tobias spannte ihn als Fahrer ja außerordentlich ein.

      Wieder seufzte Patrick, und fast bereute er es jetzt, daß er sich so spontan bereiterklärt hatte, seinen Bruder beim Aufbau des neuen Reisebusunternehmens zu unterstützen.

      »Schäm dich, Patrick«, knurrte er sich selbst an. »Tobias hätte im umgekehrten Fall für mich dasselbe getan, und es ist unfair, ihn für Sabrinas beharrliches Schweigen verantwortlich zu machen.« Doch auch laut ausgesprochen, vermochten ihn diese Worte nicht zu trösten. Instinktiv fühlte er, daß die Beziehung zwischen Sabrina und ihm einen Knacks bekommen hatte, dabei konnte er sich keinen triftigen Grund dafür denken. Sie waren doch schon des öfteren getrennt gewesen – allerdings hatten sie da immer ausgiebig miteinander telefoniert oder sich wenigstens geschrieben.

      »Vielleicht sollte ich das einmal tun«, beschloß Patrick. »Ein schöner, romantischer Liebesbrief…«

      In diesem Moment klopfte jemand an die Telefonzellentür.

      »Können wir weiterfahren, Herr Scholz?« fragte einer der Mitreisenden. »Wir sollen doch in einer Stunde schon am Museum sein.«

      »Ich komme«, meinte Patrick und warf einen Blick auf die Uhr. Die kurze Rast hätte schon vor zehn Minuten beendet sein sollen. Es würde also ziemlich knapp werden.

      Ich muß mit Tobias sprechen, dachte er, während er hinter dem Steuer Platz nahm und den Motor anließ. Die Touren müssen von nun an mehr und vor allem längere Pausen enthalten.

      Patrick kam dann allerdings nicht dazu, diesen Vorschlag zu äußern, denn als er gegen elf Uhr abends die kleine Wohnung erreichte, die er mit seinem Bruder teilte, sah er zu seiner Überraschung, daß Tobias mit Mareike im Wohnzimmer saß. Bei seinem Eintreten blickten die beiden auf, und sofort erhob sich Mareike, um auf ihn zuzueilen. In ihrem Gesicht stand Anteilnahme geschrieben.

      »Patrick, es tut mir so leid«, murmelte sie und ergriff wie tröstend seine Hand.

      Der junge Mann erschrak. »Ist Sabrina etwas zugestoßen? Ich habe heute bei ihr angerufen, aber Alfons…«

      Auch Mareike und Tobias erschraken nun zutiefst, doch Patrick war im Moment zu aufgeregt, um es zu bemerken.

      »Hast du… mit ihr gesprochen?« fragte Mareike vorsichtig und überlegte schon fieberhaft, was sie tun sollte, wenn er es bestätigen würde.

      Doch Patrich schüttelte den Kopf. »Sie war nicht zu Hause.« Dann ergriff er Mareike fest bei den Schultern. »Sag endlich, was geschehen ist. Hatte Sabrina einen Unfall?«

      »Nein, Patrick, nichts dergleichen«, entgegnete Mareike, dann senkte sie den Kopf, als würde es ihr schwerfallen weiterzusprechen. In Wirklichkeit hatte sie nur Mühe, ihren Triumph zu verbergen. Alles lief wie am Schnürchen! »Sabrina… sie hat…« Mareike seufzte. »Hat sie jemals mit dir über Graf Thorsten von Bergenau gesprochen?«

      Patrick runzelte die Stirn. »Nein, noch nie. Warum?«

      Mareike strich mit einer Hand ihr dunkles Haar zurück, ihr Gesicht drückte Kummer und Sorge aus. »Ach, Patrick, ich weiß gar nicht, wie ich es dir sagen soll.« Sie begleitete ihn zum Sofa. »Setz dich erst einmal.«

      Sie suchte Tobias’ Blick, doch er wich ihr aus. Er bewunderte Mareikes schauspielerisches Talent, doch das Mitleid mit seinem Bruder war stärker, und Tobias fragte sich, wie lange er dieses entsetzliche Spiel überhaupt noch durchhalten würde. Nie hätte er gedacht, daß seine Gefühle für Patrick so stark sein würden – von Eifersucht oder gar Haß war nichts mehr übrig. Er litt mit Patrick, und der Drang, seinem Bruder die Wahrheit zu sagen, wurde in ihm immer stärker.

      »Graf Thorsten hatte es sich einmal in den Kopf gesetzt, Sabrina zu heiraten«, fuhr Mareike nun fort, »und sie waren auch schon so gut wie verlobt, als Sabrina dich kennenlernte.« Sie seufzte. »Was genau passiert ist, weiß ich nicht, aber zwischen Sabrina und Thorsten ist es jedenfalls zum Bruch gekommen. Er war rasend vor Eifersucht, weil Sabrina nun mit dir zusammen war.« Prüfend sah sie Patrick an und bemerkte das Zukken auf seinem Gesicht. Am liebsten hätte sie laut gejubelt.

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