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erfüllt hatte. Dabei hätte sie sich in ihrem Triumph am liebsten die Hände gerieben. Endlich mußte die vom Schicksal bisher so verwöhnte Sabrina auch einmal leiden! Und ihr Leid sollte lange andauern! Dafür würde Mareike sorgen.

      Als sie jetzt die Tür öffnete, kehrte sie eine nicht vorhandene Besorgnis heraus.

      »Sabrina, um Himmels willen, was ist passiert?« fragte sie, und niemand wäre dabei auf den Gedanken gekommen, daß sie nur ihre Rolle perfekt spielte.

      »Patrick betrügt mich«, platzte Sabrina heraus. »Nein, noch viel schlimmer – er hat sich mit einer anderen verlobt.«

      Mareike tat erschrocken. »Das ist doch nicht möglich!«

      Mit einer fahrigen Handbewegung strich Sabrina ihr langes dunkelblondes Haar zurück.

      »Das dachte ich im ersten Moment auch, aber… an Tobias’ Worten ist nicht zu zweifeln.« Plötzlich brach sie in Tränen aus. »Warum tut er mir das an? Er weiß doch, wie sehr ich ihn liebe! Wie kann er mich einfach vergessen?«

      Mareike weidete sich an Sabrinas Kummer. Die bitteren Tränen der jungen Frau waren wie Balsam auf ihrer Seele, sie gönnte Sabrina diesen Schmerz von ganzem Herzen. Sie sollte daran zerbrechen… zugrunde gehen… die schöne, reiche Sabrina, die bis jetzt alles gehabt hatte, was ihr Herz begehrte, sollte die Schattenseiten des Lebens kennenlernen.

      Mareike hatte Mühe, Mitgefühl zu heucheln, dennoch gelang es ihr so gut, daß Sabrina keinen Verdacht schöpfte.

      »Was wirst du jetzt tun?« wollte Mareike schließlich wissen.

      Sabrina seufzte. »Wenn ich das wüßte. Im ersten Moment wollte ich nach Köln fahren, um mit Patrick zu sprechen. Wenn er eine andere liebt, dann sollte er wenigstens genug Mut haben, um es mir zu sagen.« Traurig senkte sie den Kopf. »Aber von Tobias weiß ich, daß Patrick mit dieser anderen Frau weggefahren ist. Er hat keine Ahnung, wo sich die beiden aufhalten.« Sie zuckte die Schultern. »Was soll ich also in Köln?«

      »Dieser Meinung bin ich auch«, stimmte Mareike erleichtert zu. »An deiner Stelle würde ich mit Patrick überhaupt nicht mehr sprechen. Er ist es nicht wert, daß du auch nur noch einen einzigen Gedanken an ihn verschwendest.«

      Sabrina ließ die Worte in sich nachklingen.

      »Ja… vielleicht«, murmelte sie, doch dabei kam ihr die Erinnerung an tausend Kleinigkeiten… zärtliche Küsse, romantische Liebeserklärungen und die Gewißheit, daß Patrick derartige Gefühle sehr ernst nahm. Und nun mußte sie erkennen, daß der Mann, den sie so gut zu kennen geglaubt hatte, ein völlig Fremder für sie war. Oder vielleicht doch nicht? Trog das Bild, das Tobias von ihm gezeichnet hatte?

      »Er hat sich gestern verlobt.«

      Wieder hörte sie Tobias’ Worte, aber die Erinnerung an ihren Abschied von Patrick, als er mit seinem Bruder nach Köln gefahren war, war stärker.

      »Ich werde jede Sekunde an dich denken, Sabrina«, hatte er ihr da zugeflüstert. »Ich liebe dich mehr als alles andere…«

      Abrupt stand Sabrina auf. »Es hat mir gutgetan, mit dir zu sprechen, Mareike. Ich weiß jetzt, was ich zu tun habe.«

      Argwöhnisch sah die Freundin sie an. »Und was wird das sein?«

      »Ich werde Patrick schreiben«, antwortete Sabrina entschlossen. »Irgendwann wird er nach Köln zurückkehren, und vielleicht besinnt er sich dann wieder auf das, was zwischen uns gewesen ist. Ein flüchtiges Abenteuer mit dieser Reiseleiterin kann nicht stärker sein als unsere Liebe.«

      Mareike versuchte sich ihr Erschrecken nicht anmerken zu lassen. Noch vor einigen Minuten war Sabrina am Boden zerstört gewesen, und jetzt… sie wirkte, als hätte sie durch irgend etwas Auftrieb bekommen.

      »Vor ein paar Minuten hast du doch noch gesagt…«, begann Mareike, aber Sabrina fiel ihr ins Wort.

      »Ich weiß«, erklärte sie. »Tobias’ Anruf hat mich entsetzlich schockiert. Dann allerdings, als du sagtest, Patrick wäre es nicht wert, daß ich auch nur einen Gedanken an ihn verschwende… plötzlich fielen mir all die kleinen Dinge ein, die so selbstverständlich für mich waren… seine zärtlichen Küsse, seine Abschiedsworte, bevor er nach Köln fuhr… das alles kann nicht einfach vorbei sein.«

      »Er hat sich mit dieser anderen verlobt!« entgegnete Mareike in ihrem Ärger fast zu heftig.

      »Das ist richtig«, räumte Sabrina ein. »Aber könnte es nicht auch eine Kurzschlußhandlung gewesen sein? Patrick ist ein Mann… ein sehr gutaussehender Mann. Vielleicht hat es diese Frau darauf angelegt, ihn für sich zu gewinnen… vielleicht ist diese Verlobung nur die Reaktion auf die leidenschaftlichen Flammen einer Nacht.« Sie senkte für einen Moment den Kopf, dann sah sie Mareike wieder an. »Ich wäre verletzt und traurig, wenn sich dieser Verdacht bewahrheiten würde, aber es würde nicht meine Liebe zu Patrick zerstören. Ich könnte ihm verzeihen.«

      »Das ist doch Irrsinn!« begehrte Mareike auf. »Bist du diesem Mann etwa hörig? Kann er deine Liebe mit Füßen treten, und du kommst trotzdem noch wie ein treues Hündchen zu ihm zurück?«

      Da schüttelte Sabrina den Kopf. »Nein, Mareike, so ist es nicht. Ich liebe Patrick, und Liebe bedeutet für mich auch Verständnis… Verständnis für eine schwache Minute – und etwas anderes kann es nicht gewesen sein.« Sie schwieg einen Moment. »Wenn doch, dann war seine Liebe zu mir wohl nicht stark genug, und es ist gut, daß wir es vorher noch bemerkt haben. Aber auf jeden Fall wird es zwischen uns ein klärendes Gespräch geben. Irgendwann wird er nach Köln zurückkehren und meinen Brief vorfinden. Dann werden wir sehen, wer von uns beiden recht behält.«

      »Ich«, behauptete Mareike. »Ein Mann, der fremdgeht, verdient es nicht, daß man ihm verzeiht, und ich hätte nicht gedacht, daß du so dumm und naiv sein würdest. Schick’ Patrick lieber zum Teufel, bevor er dir wirklich noch das Herz bricht.«

      Das hat er schon, dachte Sabrina. Aber es läßt sich vielleicht wieder heilen – durch ihn und seine Liebe.

      *

      Kaum zu Hause angekommen, setzte sich Sabrina an den Schreibtisch und holte einen Bogen Papier hervor.

      »Lieber Patrick«, begann sie, doch dann wollte ihr nichts mehr einfallen. Die Worte, die sie sich auf der Heimfahrt zurechtgelegt hatte, waren plötzlich wie weggeblasen.

      In diesem Augenblick klang aus dem Radio ihr Lied. Als sie es zum ersten Mal gehört hatten, hatten sie sich nur bei den Händen gefaßt und stumm angesehen. Dabei hatten beide dasselbe gedacht.

      Unwillkürlich griff Sabrina nun nach dem Stift und schrieb die Worte auf.

      Ewige Liebe… für immer treu sein… nehmen und geben – und auch verzeih’n. Ewige Liebe kann nie vorbei sein, denn in den Herzen steht ›Für immer Dein‹.

      Sie las, was sie geschrieben hatte, dann setzte sie darunter: Wenn Du mich noch ein bißchen liebst, dann komm zurück. Ich werde auf Dich warten.

      Sie steckte den Brief in ein Kuvert, adressierte es und schickte es noch am selben Tag ab. In Köln nahm Tobias den Umschlag in Empfang, zögerte einen Moment und riß ihn dann auf. Er las die wenigen Worte, die doch so viel sagten, und ihm blutete das Herz.

      »Oh, mein Gott, was tun wir da?« stöhnte er auf. »Was tun wir ihnen an…«

      »Du wirst doch wohl nicht schwach werden?«

      Mareikes unerwartete Stimme ließ ihn erschrocken herumfahren.

      »Wie kommst du hierher?« entfuhr es ihm.

      »Mit dem Auto«, antwortete Mareike lakonisch, dann nahm sie ihm den Brief aus der Hand, las ihn und zerriß ihn. »Mir scheint, ich komme gerade rechtzeitig. Du wärst anscheinend fähig gewesen, diesen Brief Patrick zu zeigen.« Ein bösartiges Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. »Statt dessen werden wir ihm das hier zeigen.«

      Tobias zögerte, ehe er das Blatt Papier aus Mareikes Händen entgegennahm, dann warf er einen Blick darauf. Es war die Kopie einer Zeitungsseite.

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