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mußte, wenn sie Sabrinas Vertrauen nicht verlieren wollte. Und sie spürte, daß es viel schwieriger war, Sabrina und Patrick zu entzweien, als sie ursprünglich angenommen hatte.

      »Du wirst es schon wissen«, lenkte sie ein. »Immerhin kennst du Patrick viel besser als ich.« Sie überlegte kurz. »Vielleicht haben er und Tobias ja mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Du weißt nicht, in welchem Zustand das Unternehmen ist, das Tobias gekauft hat.«

      Sabrina nickte. Dieser Gedanke war ihr ja auch schon gekommen.

      »Ich warte jetzt noch eine Woche«, beschloß sie. »Wenn ich dann noch immer nichts von Patrick gehört habe, fahre ich nach Köln. Tobias hat mir ja die Adresse gegeben, bevor er mit Patrick abgereist ist.«

      Dieser Idiot, dachte Mareike wütend. Wenn man nicht alles selbst in die Hand nimmt…

      »Das ist eine gute Idee«, stimmte sie jedoch scheinheilig zu. »Aber ich bin sicher, daß sich Patrick schon in den nächsten Tagen bei dir melden wird.«

      »Hoffentlich«, seufzte Sabrina. »Ich komme beinahe um vor Sehnsucht nach ihm, und wenn ich nur daran denke, daß es vielleicht noch Wochen oder gar Monate dauern kann, bis er wieder nach Hause kommt…«

      Mareike hörte nicht mehr hin. In ihrem Kopf arbeitete es fieberhaft. Sie mußte etwas unternehmen, denn Sabrina war durchaus zuzutrauen, daß sie ohne Vorwarnung einen Koffer packte und nach Köln abbrauste. Mareike wartete nur noch ab, bis sich eine günstige Gelegenheit ergab, sich zu verabschieden, dann fuhr sie nach Hause und hängte sich sofort ans Telefon.

      »Sag mal, Tobias, bist du noch zu retten?« fragte sie, kaum daß der junge Mann sich gemeldet hatte. »Wie konntest du Sabrina eine Adresse hinterlassen?«

      »Sie ist nicht dumm«, entgegnete Tobias. »Glaubst du denn, sie hätte mir abgenommen, daß ich von dem Unternehmen, das ich gekauft habe, nicht einmal die Adresse hätte? Mareike, auch wenn dein Haß auf Sabrina noch so groß ist – unterschätzen solltest du sie lieber nicht.« Er seufzte. »Im übrigen wird es immer schwieriger, Patrick davon abzuhalten, daß er bei Sabrina anruft. Er glaubt zwar, daß ich schon mehrmals mit ihr telefoniert und ihr gesagt habe, wie

      oft er mit dem Bus unterwegs ist, um das Unternehmen in Schwung zu bringen, aber lange kann ich ihn damit nicht mehr hinhalten.«

      »Du mußt ihm noch mehr Arbeit aufhalsen«, ereiferte sich Mareike. »Er darf überhaupt keine Gelegenheit mehr haben, an einen Anruf bei Sabrina zu denken.«

      »Die hat er sowieso kaum«, entgegnete Tobias. »Die Touren, die ich ihm zusammenstelle, sind so gehalten, daß er unterwegs nicht zum Telefonieren kommt, und wenn er spätabends zurück ist, fällt er todmüde ins Bett. Aber lange kann ich das nicht mehr machen.«

      »Sabrina sitzt auch schon buchstäblich in den Startlö-chern«, erklärte Mareike. »Sie will noch eine Woche warten, dann wird sie nach Köln fahren. Davon müssen wir sie unter allen Umständen abhalten.« Sie schwieg einen Moment. »Ich habe mir da schon etwas überlegt.« Sie schwieg einen Moment. »Ich habe mir da schon etwas überlegt. Du wirst Sabrina morgen anrufen und ihr sagen, Patrick hätte eine Jugendliebe getroffen.«

      »Er würde Sabrina niemals betrügen«, hielt Tobias entschieden dagegen.

      »Was er tatsächlich tun würde, ist mir völlig egal!« wütete Mareike. »Wichtig ist nur, daß es für Sabrina so aussieht.« Sie überlegte kurz. »Ich werde im Laufe der Woche zu euch nach Köln kommen und für Patrick eine kleine Tragödie inszenieren.« Sie lachte auf. »Die gemeinsame Zeit der beiden ist vorbei – endgültig.« Dann legte sie auf, während Tobias noch eine Weile mit dem Hörer in der Hand stehenblieb.

      Je länger dieses grausame Spiel dauerte, um so unerträglicher wurde es ihm. Tag für Tag sah er, wie sehr Patrick unter der Trennung von Sabrina litt, und die Lügen, die Tobias vorbrachte, taten ihm fast körperlich weh. Dabei fragte er sich, warum er sich auf diese Intrige überhaupt eingelassen hatte, doch Sabrinas Bild, das vor seinem geistigen Auge auftauchte, gab immer wieder Antwort.

      Verzweifelt vergrub Tobias das Gesicht in den Händen.

      »Meine Güte, Patrick«, stöhnte er. »Wenn diese Rechnung aufgeht… wenn ich Sabrina durch dieses Lügengebäude tatsächlich für mich gewinnen kann… wie soll ich dir dann jemals wieder in die Augen sehen können?«

      *

      Das Klingeln des Telefons fiel direkt in Sabrinas Schlaf. Sie brauchte ein paar Minuten, um vollends wach zu werden, dann griff sie hastig nach dem Hörer. Sie war überzeugt davon zu wissen, wer am anderen Ende der Leitung sein würde.

      »Patrick?« fragte sie gleich hoffnungsvoll.

      »Sabrina, ich bin’s, Tobias«, gab sich der Anrufer zu erkennen.

      Enttäuscht ließ sich Sabrina in die Kissen zurücksinken, griff mit einer Hand nach dem Telefonapparat, der auf ihrem Nachttischchen stand, und stellte ihn vor sich auf die Bettdecke.

      »Grüß dich, Tobias«, entgegnete sie endlich. »Ist Patrick schon wieder unterwegs?«

      »Ja, und…« Er zögerte, dann platzte es aus ihm heraus: »Ich mußte dich einfach anrufen… ich mußte dir endlich die Wahrheit sagen. Patrick… er…« Tobias stockte und schwieg.

      Sabrinas Herz zog sich angstvoll zusammen. »Ist Patrick… etwas zugestoßen?«

      »Nein, es ist… Sabrina, es tut mir so leid… ich weiß nicht, was plötzlich in ihn gefahren ist. Er… er hat sich gestern verlobt.«

      Sabrina hatte das Gefühl, als hätte man sie mit einem Gummihammer auf den Kopf geschlagen. Minutenlang konnte sie keinen klaren Gedanken fassen. Nur Tobias’ Worte hallten in ihr nach.

      »Tobias, das… das ist doch nur ein schlechter Scherz«, brachte sie nach einer Ewigkeit des Schweigens hervor.

      »Obwohl ich mit so etwas niemals Scherze machen würde, wünschte ich, du hättest recht«, erklärte Tobias leise. »Aber… Patrick hatte eine Wochenendtour nach Holland zusammen mit einer jungen Reiseleiterin, die diesen Trip als eine Art Test mitgemacht hat. Bei den beiden… es war ein Naturereignis… Liebe auf den ersten Blick. Patrick ist nicht mehr er selbst. Für ihn gibt es nur noch diese Frau.« Er schwieg einen Moment. »Mich hat er mit der ganzen Arbeit hier sitzenlassen. Er ist mit Vanessa einfach auf und davon, nachdem sie sich gestern ganz überstürzt verlobt haben.«

      Noch immer weigerte sich Sabrinas Herz, das alles zu glauben. Es konnte einfach nicht wahr sein! Bestimmt würde sie gleich aufwachen und feststellen, daß es nichts anderes als ein böser Alptraum gewesen war.

      »Irgendwie fühle ich mich schuldig an der ganzen Geschichte«, drang Tobias’ Stimme wieder an ihr Ohr. »Wenn ich Patrick nicht gebeten hätte, mit mir nach Köln zu gehen…«

      »Unsinn, Tobias«, zwang sich Sabrina zu sagen. »Wenn Patrick mich in so kurzer Zeit vergessen konnte, weil eine andere Frau in sein Leben getreten ist, dann kann seine Liebe zu mir nicht sehr groß gewesen sein.«

      Sogar durchs Telefon konnte Tobias hören, wieviel Schmerz in Sabrinas Worten lag.

      »Ich, ich fühle mich ganz elend«, gestand er leise und war froh, wenigstens einmal wäh-rend dieses Gesprächs die Wahrheit gesagt zu haben.

      »Dazu hast du keinen Grund, Tobias«, entgegnete Sabrina, dann schluchzte sie auf. Tobias’ Herz krampfte sich vor Mitleid zusammen, und fast hätte er der jungen Frau auf der Stelle die Wahrheit gesagt, doch dazu war es schon zu spät, denn Sabrina hatte bereits aufgelegt, und Tobias brauchte nicht viel Phantasie, um sich vorstellen zu können, wie verzweifelt sie jetzt war.

      *

      Stunde um Stunde saß Sabrina da und starrte blicklos vor sich hin, dann stand sie plötzlich auf, griff nach dem Hörer des Haustelefons und bat ihren Chauffeur, den Wagen vorzufahren. Es dauerte nicht einmal fünf Minuten, bis das rote Cabriolet bereitstand. Angesichts des küh-len Herbsttages hatte der Chauffeur das schwarze Verdeck geschlossen, doch Sabrina hätte es wohl auch nicht wahrgenommen, wenn es offen gewesen wäre.

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