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nickte. »Da hast du recht.«

      Liebevoll lächelte Sabrina ihn an. »Ich würde mein Geld eher verschenken, bevor ich auf dich verzichten würde. Ich liebe dich, Patrick.«

      »Ich liebe dich auch, Sabrina – mehr als alles andere.«

      *

      Dr. Robert Daniel war gerade im Begriff, die Praxis zu verlassen und in seine Wohnung hinaufzugehen, als das Telefon klingelte. Seine Empfangsdame Gabi Meindl, die mit der Sprechstundenhilfe Sarina von Gehrau bereits nach Hause gegangen war, hatte zwar den Anrufbeantworter eingeschaltet, trotzdem entschloß sich Dr. Daniel, gleich selbst an den Apparat zu gehen.

      »Grüß dich, altes Haus!« erklang am anderen Ende der Leitung die Stimme seines besten Freundes, Dr. Georg Sommer.

      »Schorsch!« rief Dr. Daniel überrascht, dann fügte er in gespielt ärgerlichem Ton hinzu: »Du wagst es, um diese Zeit noch in meiner Praxis anzurufen?«

      »Selbstverständlich«, bekräftigte Dr. Sommer. »Wenn ich so spät noch in meiner Klinik sein muß, dann will ich wenigstens dafür sorgen, daß auch du noch nicht Feierabend machen kannst.«

      »Tyrann«, knurrte Dr. Daniel, hatte dabei aber Mühe, ernst zu bleiben. »Na, was willst du denn von mir?«

      »Das klingt doch schon ganz anders!« stellte Dr. Sommer erfreut fest. »Meistens muß ich diese Frage stellen.« Er schwieg einen Moment, bevor er bedauernd hinzufügte: »Leider habe ich keine Arbeit, die ich dir aufhalsen könnte. Aber ich habe interessante Neuigkeiten«, erklärte er und kam dann endlich zum Grund für seinen späten Anruf. »Stell dir vor, der alte Hilgert ist wieder im Geschäft.«

      »Wie bitte?« fragte Dr. Daniel entsetzt zurück. »Willst du damit behaupten, Dr. Siegfried Hilgert hätte seine Zulassung zu-rückbekommen?«

      »Nein, das nicht«, wehrte Dr. Sommer ab. »Nach dem Skandal mit der völlig sinnlosen Operation, die dann auch noch der größte Pfusch gewesen ist, würde er seine Zulassung als Arzt niemals wieder bekommen. Nein, der gute Sigi arbeitet jetzt als Heilpraktiker.«

      »Meine Güte«, stöhnte Dr. Daniel. »Das sind ja wirklich reizende Neuigkeiten.« Er überlegte kurz. »Kann man denn nicht gegen ihn vorgehen?«

      »Wohl kaum. Bis jetzt verhält er sich nämlich mustergültig. Er kuriert seine Patienten mit harmlosen Hausmittelchen und überweist schwierigere Fälle ganz brav an entsprechende Fachärzte oder in Kliniken.« Dr. Sommer machte eine Pause. »Allerdings wird abzuwarten sein, wann er den ersten folgenschweren Fehler machen wird.«

      »Das fürchte ich auch«, meinte Dr. Daniel. »Hoffentlich kann man dann noch rechtzeitig eingreifen.«

      *

      Tobias Scholz hatte einen Entschluß gefaßt. Er würde nicht abwarten, bis man ihn im väterlichen Unternehmen zu einem Angestellten degradieren würde. Aus dem Erbteil seiner Mutter hatte er genügend Geld, um sich mit einer eigenen Firma selb-ständig zu machen.

      »Er hat einen Schädel wie Granit«, erklärte Patrick, der in diesem Moment den Raum betrat, und riß Tobias damit aus seinen Gedanken.

      »Laß es gut sein, Patrick«, entgegnete Tobias, der genau wußte, worüber sein Bruder sprach. »Papa kann mir nichts mehr anhaben. Ich werde freiwillig gehen.«

      Entsetzt starrte Patrick ihn an. Dann schüttelte er den Kopf. »Das kannst du doch nicht machen, Tobias. Am Ende wird Papa nachgeben, du wirst schon sehen. Er wird einverstanden sein, daß wir das Unternehmen gemeinsam leiten.«

      Doch Tobias ließ sich von seinem Entschluß nicht mehr abbringen. »Darauf werde ich nicht warten. Ich werde mich selbständig machen.« Er zeigte ein schiefes Grinsen. »Wer weiß, vielleicht mache ich Papa irgendwann mal Konkurrenz.«

      Patrick blieb ernst. »Wenn schon, dann wirst du mir Konkurrenz machen, denn es kann sich höchstens noch um ein Jahr handeln, bis ich das Unternehmen leiten werde. Willst du das wirklich, Tobias? Sollen wir beide Konkurrenten… womöglich Feinde werden?«

      »Das ist doch Unsinn«, wehrte Tobias ab. »Wenn du das Steuer einmal in der Hand hältst, gelten doch ganz andere Voraussetzungen. An dir würde ich mich nicht rächen, Patrick, schließlich kannst du nichts für den Starrsinn unseres Vaters.«

      »Warum willst du dann gehen?« fragte Patrick traurig. »Wir könnten das alles doch einfach auf uns zukommen lassen, und selbst wenn Papa stur bleiben und mir allein die Leitung übertragen sollte – wer könnte mich dann davon abhalten, dich zu meinem gleichberechtigten Partner zu machen?«

      »Vielleicht will ich Papa etwas beweisen«, entgegnete Tobias. »Das kann ich aber nur, wenn ich von hier weggehe und mich auf meine eigenen Füße stelle.«

      Eine Weile dachte Patrick über diese Worte nach, dann nickte er. »Tue, was du tun mußt, Tobias.« Er legte seinem Bruder eine Hand auf die Schulter. »Aber wenn du einmal meine Hilfe brauchen solltest, dann scheue dich nicht, zu mir zu kommen. Du bist mein Bruder, ich würde für dich durch die Hölle gehen.«

      Tobias senkte den Kopf, weil er es nicht mehr länger ertrug, in die offenen Augen seines Bruders zu blicken. Patricks Gefühle für ihn waren so aufrichtig, und Tobias schämte sich, daß er nicht genauso empfinden konnte. Er mochte Patrick, aber viel beherrschender war sein Neid auf ihn.

      Patrick hatte sich in sein Leben gedrängt. Tobias war fünf Jahre alt und der Liebling seiner Eltern gewesen, doch dann war Patrick gekommen… der Kleine.

      Später war die Mutter krank geworden. Krebs. Ein schreckliches Leiden hatte für sie begonnen, doch nur Tobias hatte gewußt, wie das unvermeidliche Ende aussehen würde. Für seinen Vater hatte es die Arbeit gegeben, und Patrick… Patrick hatte nicht erfahren dürfen, wie schlimm es um die Mutter stand.

      »Er ist doch erst vierzehn«, hatte sie gemeint. »Er verkraftet das noch nicht.«

      Tobias hatte nur gesehen, daß Patrick geschont wurde, wäh-rend er das Leid der Mutter hatte miterleben müssen.

      Und jetzt war Patrick derjenige, dem das Glück lachte. Er würde Sabrina heiraten – die erste Frau, die auch Tobias’ Herz hatte höherschlagen lassen, und er würde die Firma bekommen, obwohl sie eigentlich Tobias zustand. Immerhin war er doch der ältere. Über alldem konnte er Patrick aber nicht wirklich hassen, obwohl er versuchte, sich das einzureden. Und nun hatte Patrick diese Worte gesagt, die Tobias erst richtig bewußt gemacht hatten, wie sehr sein Bruder ihn liebte.

      »Wenn ich deine Hilfe brauchen sollte, werde ich es dich wissen lassen«, meinte Tobias, dann verließ er rasch das Zimmer. Er wollte keine brüderlichen Gefühle für Patrick in sich aufkeimen lassen.

      Rasch überquerte er den Hof und wollte gerade in sein Auto steigen, als eine hübsche junge Frau direkt auf ihn zukam.

      »Hallo, Tobias«, begrüßte sie ihn.

      Mit gerunzelter Stirn musterte Tobias die fremde Frau.

      »Du kennst mich nicht mehr«, stellte sie mit einem amüsierten Schmunzeln fest, dann streckte sie die rechte Hand aus. »Mareike Kosian.«

      Im selben Moment erinnerte sich Tobias. Sabrina war erst ganz kurze Zeit Patricks Freundin gewesen, als Tobias sie und Mareike im Freibad getroffen hatte. Damals hatte er allerdings nur Augen für Sabrina gehabt und ihre Freundin nicht weiter beachtet. Jetzt erkannte er zwar, daß auch Mareike eine ausnehmend schöne Frau war, doch sie hatte nicht das Liebevolle, Zarte, was Sabrina so begehrenswert machte.

      »Wir haben uns ja eigentlich auch nur flüchtig kennengelernt«, erklärte Tobias auf Mareikes Bemerkung.

      »Flüchtig?« wiederholte sie, dann zuckte sie die Schultern. »Nun ja, vielleicht.« Sie zeigte ein raffiniertes Lächeln, das Tobias als unangenehm empfand. »Ich weiß, daß du Sabrina liebst.«

      Tobias war nicht sicher, was ihn mehr störte – daß sie ihn so selbstverständlich duzte oder daß sie von seiner Liebe zu Sabrina wußte.

      »Sie ist die Freundin meines Bruders«, entgegnete er. »Demnächst

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