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er knapp, nickte Sophie kurz zu und ging auffallend rasch die Treppe wieder hinunter.

      Sophie sah ihm nach, dann schloß sie die Tür, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und seufzte tief auf.

      »Wie soll ich nur jemals aus ihm schlau werden?« murmelte sie traurig, dann bückte sie sich und streichelte Minka, die neben der Tür saß und hoffnungsvoll darauf wartete, daß sie sich wieder öffnen würde.

      »Ich dachte immer, Tiere würden instinktiv spüren, wer sie mag und wer nicht«, erklärte sie. »Warum liebst du ihn so, Minka? Du bist ihm nur im Weg. Nicht einmal streicheln wollte er dich.«

      Das Klopfen an der Tür ließ sie hochschrecken, und eine winzigen Augenblick hoffte sie, Haymo wäre zurückgekommen, doch als sie die Tür aufriß, stand Dr. Daniel davon. Er konnte ih-ren Blick rasch deuten.

      »Sie haben jemand anderen erwartet, nicht wahr?«

      Sophie zögerte, dann schüttelte sie mit einem tiefen Seufzer den Kopf. »Nein, Herr Doktor, eigentlich nicht.«

      Väterlich legte Dr. Daniel einen Arm um Sophies Schultern. »Da scheint aber ein großer Kummer auf dem kleinen Herzen zu liegen.«

      Sophie mußte lächeln. »Das haben Sie jetzt sehr nett gesagt.« Sie sah den Arzt an. »Überhaupt scheint es mir, als wären Sie immer zur Stelle, wenn man Sie braucht.«

      »Nun ja, Hellseher bin ich nicht«, entgegnete Dr. Daniel schmunzelnd.

      »Mein Besuch hat einen

      ganz anderen Grund. Sie waren lange Zeit nicht mehr bei mir

      in der Praxis, und da wollte

      ich mal sehen, wie es Ihnen geht.«

      »Ach so, wegen der Scheinschwangerschaft. Ich muß gestehen, daran habe ich überhaupt nicht mehr gedacht, aber jetzt, wo Sie es sagen, fällt mir auf, daß ich keinerlei Beschwerden mehr habe.«

      Dr. Daniel betrachtete sie aufmerksam. »Und mir scheint, der besagte Peter spielt in Ihrem Leben auch keine tragende Rolle mehr.«

      Sophie errötete. »Was müssen Sie jetzt nur von mir denken. Da mache ich zuerst

      ein entsetzliches Theater, und dann…«

      Dr. Daniel ließ sie gar nicht aussprechen. »Wissen Sie, was ich wirklich denke?« Er gab die Antwort gleich selbst. »Ihnen hätte gar nichts Besseres passieren können. Dieser Peter war für Sie nicht nur unerreichbar, er scheint mir auch ein verantwortungsloser Mensch zu sein, und ich bin froh, daß Sie sich von dieser unseligen Liebe befreien konnten.«

      Sophie seufzte. »So gesehen haben Sie wohl recht, allerdings scheine ich diese Art von Liebe förmlich anzuziehen.« Mit einer langsamen, müden Bewegung strich sie ihr blondes Haar zu-rück. »Ich habe das Gefühl, als wäre meine Liebe diesmal noch aussichtsloser.«

      »Haymo«, sagte Dr. Daniel nur.

      Sophie zögerte, dann nickte sie.

      »Als er mir diese Wohnung angeboten hat, war er freundlich, beinahe sogar nett«, erklärte sie. »Aber gerade eben hat er mir Minka heraufgebracht.« Wieder seufzte sie. »Er war so kurz angebunden, daß es schon fast wieder unhöflich war, und er hatte es furchtbar eilig, wieder hinunterzukommen.«

      »Die Praxis hat regen Zulauf«, meinte Dr. Daniel. »Vielleicht war er gerade im Streß.«

      Sophie schüttelte den Kopf. »Nicht um diese Zeit. Anscheinend erträgt er es nicht, länger als fünf Minuten mit mir dieselbe Luft zu atmen«, fügte sie voller Bitterkeit hinzu, dann warf sie dem kleinen Kätzchen, das noch immer wartend neben der Tür saß, einen Blick zu. »Minka liebt ihn heiß und innig, dabei empfindet er sie nur als lästig.«

      Dr. Daniel runzelte die Stirn. Er kannte Haymo Sattler nicht sehr gut, aber er wußte, daß der junge Mann mit Tieren nicht nur ausgezeichnet umgehen konnte, sondern sie auch über die

      Ma-ßen liebte. Er ging auf in seinem Beruf, und die Tiere dankten es ihm mit blindem Vertrauen.

      »Wie ich Ihnen schon einmal sagte, scheint er sehr viel mitgemacht zu haben«, meinte Dr. Daniel. »Etwas Genaues weiß niemand darüber, denn Haymo lebt hier draußen fast wie ein Einsiedler, und er gibt sich praktisch allen Menschen gegenüber ruppig und grob. Die einzigen, die eine andere Seite seines Wesens kennenlernen, sind die Tiere, die er behandelt.«

      Sophie senkte den Kopf. »Wahrscheinlich war es ein Fehler, daß ich ausgerechnet in diese Wohnung gezogen bin.« Dann sah sie Dr. Daniel an. »Warum konnte es diesmal nicht einfach sein? Warum konnte ich mich nicht in einen ganz normalen jungen Mann verlieben?«

      »Weil das Herz nicht nach der Vernunft fragt«, erwiderte Dr. Daniel schlicht, dann schenkte er Sophie ein aufmunterndes Lächeln. »Nun lassen Sie nicht gleich den Kopf hängen. Vielleicht wendet sich ja noch noch alles zum Guten.«

      *

      Diese Hoffnung gab Sophie schon bald auf. Haymo ging ihr nach Möglichkeit aus dem Weg, und auch Minka schien er tags-über nur höchst widerwillig zu versorgen. Wie ausgiebig er in Wahrheit mit dem kleinen Kätzchen spielte und schmuste, konnte Sophie nicht einmal ahnen.

      Als er dann eines Abends an ihrer Wohnungstür klopfte, war sie so überrascht, daß sie im ersten Moment kein Wort hervorbrachte.

      »Meine Sprechenstundenhilfe muß zur Hochzeit ihrer Enkelin«, erklärte Haymo ohne gro-ße Umschweife. »Ich weiß zwar, daß Sie Krankenschwester sind, aber soweit ich gesehen habe, können Sie mit Tieren gut umgehen. Können Sie morgen für einen Tag einspringen?«

      Sophie brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, was da gerade geschehen war. Haymo Sattler bat sie… ausgerechnet sie, seine Sprechstundenhilfe zu vertreten.

      »Da haben Sie aber Glück, daß ich morgen dienstfrei habe«, brachte sie nach einer Weile des Schweigens hervor. »Na-türlich helfe ich Ihnen mit der Sprechstunde – sofern ich Ihnen da überhaupt eine Hilfe sein kann. Ich habe ja keine Ahnung, was in einer Tierarztpraxis zu tun ist.«

      Haymo zuckte die Schultern. »Das kriegen wir schon irgendwie hin.«

      Sophie zögerte, dann sprach sie doch aus, was ihr spontan durch den Kopf gegangen war. »Sie wußten doch sicher schon früher, daß Ihre Sprechstundenhilfe zu dieser Hochzeit gehen würde.«

      Haymo verstand, was sie damit sagen wollte. »Natürlich, und ich habe mich auch umgesehen, aber… es ist nicht so leicht, eine Aushilfe zu bekommen.«

      Da er für seine Verhältnisse gerade so umgänglich war, entschloß sich Sophie zu einer weiteren Frage.

      »Darf ich Sie zu einer Tasse Kaffee hereinbitten?«

      Haymo kämpfte sichtlich mit sich, stimmte überraschenderweise aber zu, doch Sophie bemerkte die Spannung, unter der er stand. Impulsiv legte sie eine Hand auf seinen Arm und spürte, wie Haymo unter der Be-rührung zusammenzuckte.

      »Herr Dr. Sattler, darf ich Sie etwas fragen? Etwas Persönliches?«

      »Nein.« Kurz und hart kam Haymos Antwort.

      Sophie errötete und zog ihre Hand zurück. Sie wurde aus diesem Mann nicht schlau. Da war er beinahe schon freundlich und bat sie darum, seine Sprechstundenhilfe zu vertreten, und dann schlug er von einer Sekunde zur anderen einen Ton an, der ihr gleich wieder Angst machte.

      Sophie zuckte erschrocken zurück, als Haymo unvermittelte nach ihrer Hand griff.

      »Ich wollte Sie nicht verletzen«, erklärte er mit ungewöhnlicher Sanftheit in der Stimme, »aber es ist noch immer zu schmerzlich für mich, darüber zu sprechen. Ich bitte Sie also, mich nichts Persönliches zu fragen – noch nicht.«

      Wieder errötete Sophie.

      »Es tut mir leid«, murmelte sie. »Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten, Herr Dr. Sattler.«

      »Haymo«, verbesserte er spontan. »Bitte, Sophie, nennen Sie mich Haymo.« Er schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort: »Keine Sorge, Sie sind

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