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nichts Unvorher-gesehenes dazwischenkommt«, antwortete Dr. Daniel »Wir sehen uns also dann höchstwahrscheinlich am nächsten Dienstag.«

      »Ja, Robert, ich freue mich.«

      Die Freunde verabschiedeten sich sehr herzlich voneinander, dann legte Dr. Daniel auf und wandte sich dem Ehepaar Rauh wieder zu.

      »Am nächsten Dienstag haben Sie einen Termin in der Klinik.« Er lächelte die beiden beruhigend an. »Dr. Sommer wird sich vor dem nötigen Eingriff selbstverständlich noch Zeit nehmen, um sich eingehend mit Ihnen zu unterhalten und eventuell noch offene Fragen zu beantworten. Wenn mir Praxis und Klinik Zeit lassen, werde ich Sie gern nach München begleiten.«

      »Das ist wirklich nicht nötig, Herr Doktor«, entgegnete Gerda, und ihr Mann stimmte zu.

      »Sie müssen wegen uns keine Umstände machen«, meinte er.

      »Das sind keine Umstände«, entgegnete Dr. Daniel schlicht. »Wissen Sie, die Sorge um meine Patienten endet bei mir nicht hinter der Praxistür. Allerdings kann ich Ihnen trotzdem nichts versprechen, denn es könnte

      ein Notfall dazwischenkommen. Ansonsten sehen wir uns am Dienstag.«

      Gerda und Ferdinand verabschiedeten sich von Dr. Daniel, dann verließen sie die Praxis.

      »Er ist ein erstklassiger Arzt und ein wundervoller Mensch«, urteilte Gerda. »Ich bin heilfroh, bei ihm in Behandlung zu sein.«

      *

      In dem keinen, gemütlichen Wohnzimmer brannte kein Licht, nur die untergehende Sonne verbreitete noch etwas Helligkeit. Doch der junge Mann, der auf dem Sofa saß und vor sich hin starrte, brauchte auch kein Licht. Gedankenverloren streichelte er das kleine Kätzchen, das sich auf seinem Schoß zusammengerollt hatte, während vor seinem geistigen Auge die Vergangenheit aufstand, die er eigentlich hatte für immer verdrängen wollen.

      Wieder und wieder hörte er die Stimme des Arztes. »Es tut mir leid, Herr Sattler, wir haben alles getan, was in unserer Macht stand. Die Verletzungen des Kleinen waren zu schwer…«

      Ein trockenes Schluchzen entrang sich Haymos Brust. Da hatte er sich nun in diesem kleinen Haus am Ortsrand von Steinhausen vergraben und sich vorgenommen, künftig nur noch für seine Tiere zu leben. Doch dann tauchte hier eine junge Frau auf, die Angst und Schmerz wieder an die Oberfläche beförderte.

      »Warum mußte ausgerechnet sie dich finden?« fragte er das kleine Kätzchen mit tränenerstickter Stimme. Dabei sah er dieses zarte Gesicht vor sich, die sanften tiefblauen Augen und das lange, wie Gold glänzende Haar – und er spürte die Gefahr, die von ihr ausging… es war eine Gefahr für sein Herz, das er eigentlich auf ewig vor jeder Frau hatte verschließen wollen. Zweimal war sein Herz gebrochen worden – ein drittes Mal sollte es nicht geschehen…

      *

      Gleich am nächsten Abend zog es Sophie wieder zur Tierarztpraxis – um sich nach dem Kätzchen zu erkundigen, aber auch, um Haymo wiederzusehen.

      »Was wollen Sie?« fragte er, und seine Stimme klang dabei mehr als unfreundlich.

      »Ich wollte Minka besuchen.« Sophie zwang sich zu einem Lächeln. »Oder Micky. Ich kenne mich da nicht so genau aus.«

      »Minka paßt schon«, grummelte Haymo, dann ging er Sophie voran in sein Wohnzimmer. Hier lag das kleine Kätzchen auf einem weichen Kissen und schlief.

      »Das Medikament, das sie noch bekommen muß, macht sie ein bißchen müde«, erklärte Haymo und wirkte nun schon weit weniger bärbeißig.

      Leise trat Sophie zu dem Kätzchen, beugte sich hinunter und streichelte zärtlich das jetzt weiche, flauschige Fell.

      »Ich wünschte, ich könnte sie mitnehmen«, erklärte sie leise.

      »Sie sind noch nicht lange in Steinhausen?« wollte Haymo wissen.

      Erstaunt sah Sophie ihn an. Gestern hatte er kaum ein Wort mit ihr gewechselt, und jetzt stellte er ihr diese Frage… noch dazu in einem ganz normalen, fast höflichen Ton.

      »Nein, erst seit ein paar Wochen«, antwortete Sophie, während sie noch immer das kleine Tigerkätzchen streichelte. »Ursprünglich sollte es nur ein Besuch bei meiner Tante und meinem Onkel sein, aber dann…« Ein sanftes Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Hier ist es so friedlich und still – ganz anders als bei mir zu Hause. Und als Onkel Wolfgang mir eine Stelle als Krankenschwester in der Waldsee-Klinik gegeben hat, habe ich mich entschlossen zu bleiben.« Sie blickte auf und sah in Haymos dunkle Augen. »Mein Vater war ziemlich wütend, aber… ich bin froh, daß ich hier sein kann.« Sie schwieg einen Moment. »Allerdings ist es nicht ganz einfach, eine Wohnung zu finden – noch dazu jetzt. Es müßte ja jemand da sein, der sich ein bißchen um Minka kümmern kann, wenn ich Dienst habe.«

      Haymo wies mit dem Daumen gegen die Zimmerdecke. »Da oben sind zwei Zimmer frei. Es ist zwar nur das ausgebaute Dachgeschoß, und die Zimmer sind sehr klein, aber für eine Person würde es reichen.« Noch während er sprach, hätte er sich ohrfeigen können. Was tat er denn da? Anstatt eine möglichst große Entfernung zwischen sich und diese Frau zu legen, bot er ihr die Dachwohnung in seinem Haus an…

      Sophie war von dem Angebot so überrascht, daß sie sekundenlang kein Wort hervorbrachte.

      »Sie meinen… ich könnte tatsächlich hier einziehen?« stammelte sie nach einer Weile des Schweigens.

      Haymo zuckte die Schultern. »Von mir aus.« Er senkte den Kopf, und dann wurde sein Ton auf einmal wieder sehr ruppig. »Lange werden Sie es wohl nicht aushalten. Es ist nicht immer angenehm, über einer Tierarztpraxis zu wohnen. Da bellt eben gelegentlich mal ein Hund.«

      »Das würde mich ganz bestimmt nicht stören«, versicherte Sophie und fühlte, wie sie plötzlich innerlich zu vibrieren begann. Sie wollte hier einziehen… in das Haus von Haymo… so nah bei ihm. Verstohlen betrachtete sie ihn und stellte dabei fest, daß sie sich noch immer ein wenig vor ihm fürchtete. Selbst wenn er sich mit ihr so harmlos unterhielt wie vorhin, wirkte er gänzlich unnahbar. Gleichzeitig fand sie ihn aber auch sehr anziehend, und in der vergangenen Stunde hatte sie jedesmal, wenn er das Wort an sie gerichtet hatte, heftiges Herzklopfen bekommen, wobei sie nicht wußte, ob es ihrer Angst vor ihm entsprang oder vielleicht einem ganz anderen, weit zärtlicheren Gefühl.

      »Darf ich mir die Wohnung einmal ansehen?« fragte sie.

      Haymo nickte knapp, dann ging er wortlos voran, stieg die steile, gewundene Treppe hinauf und schloß die Tür auf, dann ließ er Sophie an sich vorbei in die Wohnung treten.

      Er hatte nicht gelogen. Die Zimmer waren tatsächlich winzig klein, doch die schrägen Wände vermittelten schon jetzt Behaglichkeit, obwohl die Wohnung noch vollkommen leer war. In Gedanken sah Sophie bereits Bilder an den Wänden und kleine gemütliche Möbelstücke. Im selben Moment wußte sie, daß diese Wohnung genau das war, wonach sie die ganze Zeit gesucht hatte.

      Mit strahlenden Augen wandte sie sich Haymo zu. »Hier möchte ich wohnen.«

      Wieder nickte er knapp. »Ich muß nur vorher mit meinem Vermieter sprechen, aber ich denke, es wird keine Probleme geben. Im Grunde ist ihm völlig egal, was mit diesem Haus geschieht. Wenn ich das Haus nicht gewollt hätte, wäre es wohl längst abgerissen worden.«

      Noch einmal ließ Sophie ihren Blick durch die kleinen Räume schweifen.

      »Ich bin froh, daß es nicht abgerissen wurde.« Sie lächelte Haymo an. »Und ich finde, es ist alles andere als eine Bruchbude. Minka und ich werden uns hier sehr wohl fühlen.«

      *

      Gerda Rauh war furchtbar nervös, als sie mit ihrem Mann und Dr. Daniel zur Sommer-Klinik nach München fuhr. Doch als sie den Chefarzt dann kennenlernte, fühlte sie zu ihm ähnliches Vertrauen wie zu Dr. Daniel.

      »Ich weiß schon, es ist leicht gesagt, aber Sie müssen wirklich keine Angst haben«, erklärte Dr. Sommer nach dem langen Gespräch, das er mit Unterstützung von Dr. Daniel mit Gerda und Ferdinand geführt hatte. »Ich habe schon einige Male einen TSET vorgenommen,

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