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möglichst zu entspannen.«

      *

      Es dauerte nicht lange, bis sich Sophie Wieland in der Waldsee-Klinik eingearbeitet hatte. Ihre Kolleginnen machten ihr das allerdings auch sehr leicht, und so konnte sie den Wutausbruch ihres Vaters, zu dem er sich am Telefon hatte hinreißen lassen, besser wegstecken. Sie war überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

      Was ihr weiterhin zu schaffen machte, war ihre Scheinschwangerschaft. Nahezu jeden zweiten Tag suchte sie Dr. Daniel auf, um sich eingehend mit ihm zu unterhalten. Auch Erika und Wolfgang wußten mittlerweile Bescheid und taten alles, um Sophie in dieser schwierigen Situation zu unterstützen.

      »Feierabend«, seufzte Alexandra Keller, die Stationsschwester der Chirurgie. »Puh, das war heute mal wieder ein stressiger Tag.« Sie sah ihre Kollegin an. »Dir scheint das alles ja gar nichts auszumachen.«

      Sophie zuckte die Schultern. »Gegen ein bißchen weniger Streß hätte ich auch nichts einzuwenden. Andererseits bin ich ganz froh über die viele Arbeit. Dadurch gerate ich gar nicht erst ins Grübeln.«

      Alexandra zögerte. Schon oft war sie nahe daran gewesen, Sophie zu fragen, warum sie eigentlich so still und traurig war, doch im letzten Moment hatte sie jedesmal davor zurückgeschreckt. Schließlich kannte sie die junge Krankenschwester erst seit wenigen Tagen, und da gehörte es sich ihrer Meinung nach nicht, bereits so tief ins Privatleben der anderen vorzustoßen.

      Auch jetzt schwieg Alexan-dra. Sie zog ihren hellblauen Kittel aus und schlüpfte in ihren sandfarbenen Bläzer.

      »Gehst du nicht nach Hause?« wandte sie sich dann an Sophie.

      »Ich habe noch ein bißchen was zu tun«, entgegnete sie vage, weil sie nicht verraten wollte, daß sie auf Dr. Daniel war-ten wollte. Seine Sprechstunde mußte bereits zu Ende sein, und so konnte er praktisch jede Minute hier in der Klinik auftauchen.

      »Okay«, erklärte Alexandra. »Dann sehen wir uns morgen wieder in alter Frische.«

      Sophie mußte lächeln. »Hoffentlich.«

      Alexandra hatte das Schwesternzimmer gerade verlassen, als Dr. Daniel hereinschaute.

      »Sophie, Sie sind immer noch hier«, stellte er erstaunt fest. »Eigentlich war ich auf der Suche nach der Nachtschwester.«

      »Irmgard macht gerade ihre Runde durch die Klinik«, gab Sophie Auskunft. »Sie ist vor zehn Minuten losgegangen. Es wird also noch eine Weile dauern, bis sie wieder hier ist.«

      Dr. Daniel überlegte kurz. »Na ja, vielleicht begegne ich ihr ja irgendwo im Haus.«

      »Herr Doktor«, meldete sich Sophie zu Wort, als er sich schon verabschieden wollte, »ich habe auf Sie gewartet.«

      Mit besorgtem Blick trat Dr. Daniel nun ganz ins Zimmer und schloß die Tür hinter sich.

      »Gibt es irgendwelche Probleme?«

      Sophie schüttelte den Kopf. »Ich glaube, die Gespräche mit Ihnen waren erfolgreich. Meine morgendliche Übelkeit läßt inzwischen nach, und ich habe auch das Gefühl, als würde sich mein Bauch nicht mehr so aufgebläht anfühlen.«

      Dr. Daniel verstand ihre Worte richtig. »Möchten Sie, daß ich Sie noch mal untersuche?«

      Sophie nickte. »Das würde mich schon sehr beruhigen. Ich meine… ich habe mir eine Schwangerschaft eingebildet, vielleicht bilde ich mir das andere jetzt ja auch nur ein.«

      Lächelnd schüttelte Dr. Daniel den Kopf. »Das glaube ich zwar nicht, aber natürlich kann ich eine Untersuchung durchführen. Wenn Sie möchten, sogar noch heute.«

      »Es ist schon so spät«, wandte Sophie ein wenig halbherzig ein.

      »Ach was«, wehrte Dr. Daniel ab. »Es ist gerade mal halb sieben. Ich muß nur rasch noch etwas erledigen. Bis in einer Viertelstunde kann ich drüben in der Gynäkologie sein.«

      Dankbar drückte Sophie seine Hand. »Ich bin so froh, daß ich hierhergekommen bin. Alle sind so nett zu mir – vor allem Sie, und dabei kennen Sie mich ja kaum.«

      »Muß man den anderen denn unbedingt gut kennen, um nett zu ihm zu sein?« fragte Dr. Daniel zurück, dann tätschelte er Sophies Hand. »Gehen Sie inzwischen schon mal hinüber. Ich komme, so schnell es geht.«

      »Danke, Herr Doktor«, erwiderte sie, dann räumte sie ihre Sachen zusammen, zog den hellblauen Kittel aus und eilte mit ihrem Mantel unter dem Arm in die Gynäkologie. Sie zögerte noch einen Moment, dann machte sie sich frei. Prüfend tastete sie ihren Bauch ab. Noch immer hatte sie das Gefühl, als würde etwas in ihr heranwachsen, doch es war nicht mehr so ausgeprägt wie noch vor wenigen Wochen.

      »So, hier bin ich«, erklärte Dr. Daniel, während er in den Untersuchungsraum trat und die Tür hinter sich schloß.

      Sophie legte sich auf den gy-näkologischen Stuhl, und Dr. Daniel streifte sich Plastikhandschuhe über, dann trat er zu ihr und nahm eine gründliche Untersuchung vor.

      »Sie haben recht, Sophie«, stellte er fest. »Die Gebärmutter hat sich bereits auf ihre fast normale Größe zurückgebildet.« Er lächelte die junge Frau an. »Ich bin froh, daß das alles problemlos gelaufen ist. Eine solche Scheinschwangerschaft kann manchmal sehr große Probleme aufwerfen, vor allem bei Frauen, die sich ganz intensiv ein Baby wünschen. Eben das war bei Ihnen ja nicht der Fall, vermutlich ging es deshalb so schnell.«

      Sophie schüttelte den Kopf, während sie von dem Stuhl herunterstieg. »Ich bin überzeugt davon, daß mir die Gespräche mit Ihnen am meisten geholfen haben.« Dann senkte sie den Blick. »Nur eines habe ich immer noch nicht geschafft: Ich kann Peter nicht vergessen.«

      »Lassen Sie sich Zeit«, riet Dr. Daniel ihr. »So etwas geht nicht von heute auf morgen. Vorerst sollten Sie froh sein, daß Sie Ihre Scheinschwangerschaft ohne psychiatrische Behandlung in den Griff bekommen haben. Alles andere muß, wie gesagt, die Zeit heilen.« Oder eine neue Liebe, fügte er in Gedanken hinzu, äußerte das aber nicht. Für Sophie wäre es viel zu früh, an so etwas überhaupt zu denken.

      *

      Allerdings war Dr. Daniel nicht der einzige, der an ein neues Liebesglück für Sophie dachte. Schwester Alexandra hatte nach Dienstschluß nichts Eiligeres zu tun gehabt, als ihre Kolleginnen anzurufen. Nun saßen sie gemeinsam in dem gemütlichen Waldcafé und schmiedeten Pläne, in deren Mittelpunkt die ahnungslose Sophie stand.

      »Ich wette, sie hat Liebeskummer«, schloß Alexandra ihren Vortrag über die neue Kollegin ab.

      Bianca Behrens, die Stationsschwester der Gynäkologie, nickte zustimmend. »Dieser Meinung bin ich auch. Irgend so ein mieser Kerl hat sie bestimmt sitzenlassen.«

      »Ich finde, wir sollten uns da besser nicht einmischen«, meldete sich die OP-Schwester Petra Dölling zu Wort. »Sophie ist schließlich erwachsen, und es scheint, als würde sie mit ihrem Leben auch ohne unsere Hilfe ganz gut zurechtkommen.«

      »Sie ist ganz unglücklich«, hielt Alexandra dagegen. »Und sie tut mir leid.«

      »Leid tut sie mir auch«, räumte Petra ein. »Aber was sollen wir dagegen tun? Wenn ihr Herz noch an diesem Mann hängt – wer immer er gewesen sein mag –, dann kann doch nur die Zeit diese Wunde heilen.«

      »Oder eine neue Liebe«, erklärte Bianca und sprach dabei unwissentlich aus, was Dr. Daniel auch schon gedacht hatte.

      »Wir können sie doch nicht einfach verkuppeln«, erwiderte Petra energisch. »Mit wem auch?«

      »Ich fürchte, das ist der wunde Punkt«, meinte Alexandra. »Die besten Männer sind doch schon vergeben.«

      »Denkst du da an Dr. Daniel?« feixte Bianca.

      »Quatsch!« widersprach Alexandra nachdrücklich. »Er ist zwar ein außerordentlich attraktiver Mann, aber erstens ist er glücklich verheiratet und zweitens doppelt so alt wie Sophie.«

      »Entschuldigt, daß ich mich verspätet habe«, erklang in diesem Moment die Stimme der

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