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immer noch so schrecklich weh tut, obwohl ich ihn eigentlich hassen sollte. Es ist furchtbar.«

      »Das glaube ich dir«, meinte Erika. »Das Herz nimmt keine Befehle an, und die Wunde, die dieser Peter gerissen hat, kann nur die Zeit heilen.«

      Die mitfühlenden Worte und die Gewißheit, verstanden zu werden, taten Sophie gut. Sie wußte, daß ihre Entscheidung hierherzukommen, richtig gewesen war.

      »Ich bin froh, daß ich bei euch sein kann«, erklärte sie.

      *

      In regelmäßigen Abständen kam Gerda Rauh in die Praxis von Dr. Daniel, um sich untersuchen zu lassen. Dabei bemerkte der Arzt mit wachsender Besorgnis die zunehmenden Depressionen seiner Patientin.

      »Ich glaube, wir sollten uns doch einmal zu einem eingehenden Gespräch zusammensetzen«, schlug Dr. Daniel schließlich vor. »Und es wäre von großem Vorteil, wenn auch Ihr Mann dabei sein könnte.«

      Gerda nickte, und dabei sah man ihr etwas wie Erleichterung an. Offensichtlich hatte sie genau darauf gewartet.

      »Das wäre bestimmt gut«, stimmte sie zu. »Ferdinand und ich… wir sind an einem Punkt angekommen…« Hilflos zuckte sie die Schultern.

      Doch Dr. Daniel verstand auch so. Immerhin hatte er schon genügend Paare betreut, die Probleme hatten, ein Kind zu bekommen. Krisen blieben dabei fast nie aus. Wichtig war vor allem, die Patientin und auch ihren Ehepartner in dieser Situation nicht im Stich zu lassen.

      Dr. Daniel griff nach seinem Terminkalender. »Wann könnten Sie und Ihr Mann zu mir kommen?«

      Gerda seufzte. »Ferdinand kommt zur Zeit immer so spät von der Arbeit.« Sie senkte den Kopf. »Manchmal denke ich, er will gar nicht mehr daheim sein.«

      Dr. Daniel brauchte nur wenige Augenblicke, um zu einem Entschluß zu gelangen.

      »Ich werde Sie beide heute abend besuchen, wenn es Ihnen recht ist«, bot er an.

      Überrascht sah Gerda ihn an. »Das wollen Sie tun?« Sie errötete ein wenig. »Ich meine… Sie wollen doch auch Feierabend haben…«

      Dr. Daniel lächelte. »Sie sind erst seit recht kurzer Zeit bei mir in Behandlung, sonst wüßten Sie, daß mir das Wohl meiner Patienten sehr am Herzen liegt. Dafür opfere ich auch gern mal meine Freizeit. Also, Frau Rauh, wäre Ihnen acht Uhr recht?«

      »Ja… ja, natürlich«, stammelte Gerda. So etwas hatte sie tatsächlich noch nie erlebt.

      Er begleitete Gerda noch hinaus, dann wandte er sich seiner Sprechstundenhilfe zu. »War Frau Rauh die letzte Patientin für heute?«

      Sarina von Gehrau schüttelte den Kopf. »Eine Frau Wieland ist vor fünf Minuten noch gekommen. Sie hat keinen Termin, sieht aber sehr unglücklich aus.«

      »Na, dann kümmern wir uns mal um die junge Dame«, meinte Dr. Daniel und betrat gleich selbst das Wartezimmer. »Frau Wieland?«

      Die junge Frau erhob sich hastig, und Dr. Daniel bemerkte sofort, daß sie völlig durcheinander zu sein schien. Sie kam ihm irgendwie bekannt vor, doch er hätte nicht sagen können, wo er sie schon einmal gesehen hatte.

      »Was führt Sie zu mir, Frau Wieland?« wollte er wissen, als sie sich im Sprechzimmer gegenübersaßen.

      Die junge Frau hatte die zitternden Hände im Schoß verkrampft und wagte fast nicht, Dr. Daniel anzusehen.

      »Ich… ich glaube, ich bin schwanger«, flüsterte sie, dann hob sie den Blick, und in diesem Moment erkannte Dr. Daniel, woher er sie kannte. »Sie sind Erika Metzlers Nichte, nicht wahr? Wir haben uns bei der Hochzeit von Erika und Wolfgang gesehen.«

      Die junge Frau nickte. »Ich bin Sophie. Sophie Wieland.« Ihre Hände bebten, als sie ihr langes blondes Haar zurückstrich. »Ich bin zu Besuch hier… das heißt, eigentlich wollte ich in der Waldsee-Klinik als Krankenschwester arbeiten, aber jetzt… meine Tage sind ausgeblieben, und ich habe zugenommen. Morgens ist mir übel, und…« Sie brach in Tränen aus. »Ich darf einfach nicht schwanger sein!«

      »Nun beruhigen Sie sich erst einmal, Sophie«, bat Dr. Daniel, und seine tiefe, warme Stimme zeigte wieder einmal ihre Wirkung. Sophie wurde spürbar ruhiger, wenn auch immer noch Tränen über ihre Wangen liefen.

      »In einem Punkt können Sie völlig beruhigt sein«, fuhr Dr. Daniel fort. »Ihre Tante wird vom Gespräch und auch vom Untersuchungsergebnis nichts erfahren. Sie als Krankenschwester werden ja wissen, daß ich der Schweigepflicht unterliege.«

      »Ja, natürlich«, murmelte Sophie, dann fuhr sie sich mit einer Hand über die Stirn. »Ich weiß auch nicht… ich bin völlig durcheinander…«

      »Das sehe ich«, meinte Dr. Daniel. »Seit wann sind Sie denn hier in Steinhausen?«

      »Seit knapp drei Wochen. Ich wollte auch schon längst anfangen zu arbeiten, aber Onkel Wolfgang hat gesagt, er müsse zuerst mit Ihnen sprechen, weil Sie doch der Direktor der Klinik sind.«

      »Das hätte er auch bestimmt schon längst getan, aber in letzter Zeit war es wohl hier in meiner Praxis als auch drüben in der Klinik wieder ziemlich stressig.» Aufmerksam sah Dr. Daniel die junge Frau an. Sophie machte einen völlig aufgelösten Eindruck. »Aber ich denke, im Moment geht es wohl in erster Linie um Ihre Schwangerschaft – sofern sich Ihr Verdacht bestätigen sollte.«

      »Ich kenne meinen Körper. Ich bin ganz bestimmt schwanger.« Wieder brach sie in Tränen aus.

      Spontan stand Dr. Daniel auf und kam um seinen Schreibtisch herum, dann legte er einen Arm tröstend um Sophies Schultern. »Wir werden jetzt erst mal ins Labor hinübergehen. Dort wird meine Sprechstundenhilfe einen Schwangerschaftstest vornehmen, und dann sehen wir weiter.«

      Sophie nickte, doch ihre Hände zitterten wie Espenlaub, als sie von Sarina den Becher entgegennahm, der für die Urinprobe bestimmt war. Die Auswertung des Tests dauerte dann auch nur wenige Minuten.

      »Negativ«, erklärte Sarina und legte den Teststreifen vor Dr. Daniel auf den Schreibtisch.

      »Aber… das ist unmöglich!« entgegnete Sophie. »Ich weiß, daß ich schwanger bin… ich fühle es.«

      »Der Test ist aber eindeutig negativ«, wandte Dr. Daniel ein, dann bat er Sophie in den Nebenraum. »Machen Sie sich bitte hinter dem Wandschirm frei. Wann hatten Sie das letzte Mal Ihre Tage?«

      »Vor sieben Wochen«, antwortete Sophie ohne zu überlegen, dann trat sie hinter dem Wandschirm hervor und legte sich auf den gynäkologischen Stuhl. Dabei zitterten ihre Beine so heftig, daß sie Mühe hatte, sich zu entspannen.

      Sehr gewissenhaft führt Dr. Daniel die Untersuchung durch. Das Ergebnis beunruhigte ihn ein wenig. Die Gebärmutter hatte sich bereits vergrößert – ein Zeichen, daß tatsächlich eine Schwangerschaft vorlag.

      »Kleiden Sie sich bitte wieder an, Sophie«, erklärte Dr. Daniel. »Wir müssen den Schwangerschaftstest wiederholen. Fräulein Sarina ist in dieser Hinsicht zwar noch nie ein Fehler unterlaufen, aber…« Er zuckte die Schultern. »Die Untersuchung weist tatsächlich auf eine bestehende Schwangerschaft hin.« Er überlegte einen Moment. »Ich werde auch eine Blutabnahme veranlassen.«

      Sarina von Gehrau war sehr erstaunt, als Dr. Daniel ihr sagte, es müsse ein zweiter Schwangerschaftstest vorgenommen werden.

      »Ich habe alles so gemacht wie immer«, versicherte sie.

      »Daran habe ich auch nicht gezweifelt«, meinte Dr. Daniel. »Tatsache ist aber, daß meine Untersuchung eine bestehende Schwangerschaft ergeben hat. Nehmen Sie Frau Wieland auch Blut für ein großes Blutbild ab.«

      »In Ordnung, Herr Doktor.«

      Rasch und geschickt führte Sarina die Blutabnahme durch, die Dr. Daniel von seiner jungen Empfangsdame Gabi Meindl gleich in die Waldsee-Klinik bringen ließ. Währenddessen telefonierte er schon mit dem dortigen Oberarzt Dr. Gerrit Scheibler, der in dringenden Fällen persönlich die Auswertung von Blutproben vornahm.

      »Gerrit,

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