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um und verließ das Schwesternzimmer. Ihr Herz klopfte heftig, als sie dem Röntgenraum näherkam. Noch nie war sie sich ihrer Liebe zu Peter so bewußt gewesen wie in diesem Moment, doch

      ihr Entschluß stand fest: Ein zweites Mal würde sie seinem Charme nicht erliegen.

      Bei ihrem Eintreten fuhr Peter herum und funkelte sie wütend an.

      »Was sollte das gestern?« brauste er auf.

      Mit gespielter Gelassenheit hielt Sophie seinem Blick stand. »Du niederträchtiger Schuft.«

      Für einen Augenblick war Peter sichtlich verwirrt. Noch niemals hatte es eine Frau gewagt, so mit ihm zu sprechen.

      »Hör zu, meine Kleine«, begann er, und seine Stimme klang dabei leise und drohend.

      »Ich bin nicht deine Kleine«, erwiderte Sophie und reckte den Kopf, um eine Sicherheit zu zeigen, die sie gar nicht besaß.

      »Ich werde veranlassen, daß dir gekündigt wird – fristlos«, erklärte Peter kalt.

      Lange sah Sophie ihn an und fragte sich, wo der zärtliche, liebevolle Mann war, den sie vor wenigen Wochen kennen und lieben gelernt hatte.

      Jetzt zuckte sie die Schultern. »Wenn du glaubst, daß dein Einfluß so groß ist – bitte.« Dabei war sie nicht halb so gefaßt, wie sie sich gab. Die Aussicht, auf diese Art und Weise ihre Stellung zu verlieren, war alles andere als verlockend.

      »Du legst es wirklich darauf an«, stellte Peter fast erstaunt fest. Er trat zu ihr und griff nach ihrer Hand. »Ich will gar nicht, daß dir gekündigt wird. Wir können den gestrigen Vorfall vergessen und…«

      »Nein«, fiel sie ihm mit fester Stimme ins Wort. »Wenn ich auch nur geahnt hätte, daß du verheiratet bist, wäre zwischen uns nie etwas vorgefallen.«

      Sehr von oben herab lächelte Peter sie an. »Das glaubst du doch selbst nicht, Sophie. Du warst ja ganz verrückt nach mir.«

      Sophie schüttelte den Kopf. »Ich habe dich geliebt, Peter. Das ist ein großer Unterschied, aber den wirst du nicht erkennen, weil du gar nicht weißt, was Liebe ist.«

      Theatralisch verdrehte Peter die Augen. »Meine Güte, mach doch kein Drama aus der ganzen Sache. Du gefällst mir, wir beide können noch eine schöne Zeit haben, wenn du dich nicht wieder so unmöglich benimmst wie gestern. Mich einfach anzusprechen, wenn ich in Begleitung einer anderen Frau bin.« Er schüttelte den Kopf, als hätte Sophie etwas ganz Törichtes getan. »So etwas darfst du nicht wieder machen.«

      Sie fühlte sich wie ein kleines Mädchen, das ausgeschimpft wird, und wäre nicht erstaunt gewesen, wenn Peter ihr einen strafenden Klaps gegeben hätte. Doch das tat er nicht – ganz im Gegenteil. Er streichelte ihre Hand so zärtlich wie nie zuvor, und Sophie fühlte, wie ihr Herz heftiger zu klopfen begann.

      Plötzlich hielt Peter mitten in der Bewegung inne, runzelte die Stirn und warf einen Blick auf ihre Hand.

      »Wo ist der Ring, den ich dir geschenkt habe?«

      Mit unbewegtem Gesicht sah Sophie ihn an.

      »Ich habe ihn verloren«, antwortete sie ohne Bedauern.

      Aus weit aufgerissenen Augen starrte Peter sie an. »Wie bitte?! Der Ring hat fast fünftausend Mark gekostet!«

      Sophie zuckte die Schultern. »Ich habe kein so kostbares Geschenk verlangt. Ich habe überhaupt nichts von dir verlangt. Ich habe dich geliebt und wünschte mir nur, von dir auch geliebt zu werden, doch dazu bist du nicht fähig.«

      »Fängst du schon wieder damit an«, entgegnete Peter genervt, dann seufzte er. »Hast du ein Glück, daß ich nicht nachtragend bin. Wir werden einfach vergessen, was gestern geschehen ist…«

      »Nein, Peter.« Zum zweiten Mal fiel sie ihm ins Wort, und natürlich bemerkte sie seinen Zorn. Er haßte es, wenn man ihn unterbrach. »Es ist aus.«

      Peters Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Du willst mit mir Schluß machen? Du wagst es tatsächlich…« Er schüttelte den Kopf, als könne er nicht glauben, was er gerade gehört hatte. »Ich kann dich vernichten, Kleine.«

      »Ich habe es dir vorhin schon gesagt – ich bin nicht deine Kleine«, erklärte Sophie, dann drehte sie sich um. »Du kannst tun, was du willst. Umstimmen wirst du mich jedenfalls nicht, denn ich habe meine Prinzipien. Ein verheirateter Mann ist für mich tabu.«

      Damit verließ sie den Röntgenraum und schloß sehr nachdrücklich die Tür hinter sich. Peter kochte vor Wut. Er riß die Tür auf und lief Sophie nach, dann hielt er sie mit eisernem Griff fest.

      »Das wird dich teuer zu stehen kommen«, prophezeite er. »Mit einem Peter Sternberg springt man nicht so herum. Auf Knien wirst du zu mir zurückkommen, das schwöre ich dir.«

      *

      Noch am selben Tag wurde Sophie zum Chefarzt gerufen, der gleichzeitig Direktor dieser kleinen, sehr exklusiven Privatklinik war.

      »Schwester Sophie, mir sind da schlimme Sachen zu Ohren gekommen«, eröffnete er das Gespräch.

      Offen sah Sophie ihn an. »Ich bin mir keiner Schuld bewußt, Herr Chefarzt.«

      Der Chefarzt zögerte, als würde es ihm schwerfallen, die Anschuldigungen vorzubringen, die Peter ihm gegenüber geäu-ßert hatte.

      »Es geht um die eine Woche, in der Sie angeblich krank waren«, fuhr er fort. »Dr. Sternberg behauptet, er hätte Sie während dieser Zeit in einem Tanzlokal gesehen, und zwar mehrmals.« Er senkte für einen Moment den Kopf, und wieder schien es, als würde es ihn Überwindung kosten weiterzusprechen. »Darüber hinaus behauptet Dr. Sternberg, Sie würden seine Autorität untergraben. Er sagt, Sie würden seine Anordnungen in Frage stellen – in Anwesenheit der Patienten.« Dr. Wegmann schwieg und sah sie erwartungsvoll an.

      »Was soll ich darauf erwidern, Herr Chefarzt?« fragte Sophie so ruhig, wie es ihr in dieser Situation möglich war. »Wenn ich sage, daß das alles nicht stimmt, dann würde das bedeuten, daß Dr. Sternberg lügt. Damit stünde mein Wort gegen seines. Wem würden Sie in diesem Fall glauben?«

      Dr. Wegmann seufzte.

      »Ihnen. Wissen Sie, Schwester Sophie, ich bin nicht blind. Ich weiß recht gut, weshalb Dr. Sternberg Sie in Mißkredit bringen will, aber mir sind leider auch die Hände gebunden. Dr. Sternberg ist ein brillanter Arzt, und ich kann es mir nicht leisten, ihn zu verlieren. Genau das hat er aber angedeutet. Darüber hinaus lebt die Klinik mehr oder weniger von der Stiftung des alten Dr. Sternberg. Würde ich mich für Sie einsetzen und damit riskieren, daß Dr. Sternberg geht, dann würde ich damit der Klinik das Wasser abdrehen.«

      Sophie nickte. »Ich verstehe.« Traurig senkte sie den Kopf. »Ich werde also meine Sachen zusammenpacken und gehen.«

      Da schüttelte der Chefarzt den Kopf. »Das ist nicht nötig, Schwester Sophie. Ich werde Sie nicht fristlos entlassen, wie Dr. Sternberg es gefordert hat. Suchen Sie sich in Ruhe eine neue Stellung, auch ich muß mich nach einem möglichst gleichwertigen Ersatz für Sie umsehen, was nicht leicht sein wird.«

      Ein kaum sichtbares Lächeln huschte bei diesem Lob über Sophies Gesicht.

      »Danke, Herr Chefarzt«, erwiderte sie leise, dann blickte sie auf. »Ich bleibe noch so lange, bis Sie eine neue Krankenschwester gefunden haben.« Sie schwieg kurz, dann entschied sie sich für die Wahrheit. »Ich will mit Dr. Sternberg nicht länger zusammenarbeiten als unbedingt nötig.«

      Dr. Wegmann nickte. »Dafür habe ich Verständnis.« Er reichte Sophie die Hand. »Ich war mit Ihrer Arbeit sehr zufrieden, und ich würde Sie nicht gehen lassen, wenn ich eine andere Wahl hätte. Ihre Beurteilung durch mich wird dementsprechend ausfallen. Sie werden keine Schwierigkeiten haben, eine neue Stellung zu finden.«

      *

      Horst Wieland war entsetzt, als er hörte, daß man seiner Tochter gekündigt hatte.

      »Das lassen wir uns nicht gefallen!« wetterte er. »Dieser Sternberg wird mit seinen Verleumdungen

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