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Freundeskreis kam es in diesem Zusammenhang zu sehr schweren Ehekrisen.« Dabei dachte er besonders an seinen besten Freund Dr. Georg Sommer und dessen Frau Margit, die sich jahrelang vergeblich um ein eigenes Kind bemüht hatten. Mittlerweile hatten sie durch Dr. Daniels Vermittlung zwar ein kleines Mädchen adoptiert, und sie liebten Birgit auch wie ihr eigenes Kind, doch Dr. Daniel wurde den Verdacht nicht los, daß gerade Margit das Gefühl, schwanger zu sein und ein Baby zur Welt zu bringen, sehr vermiß-

      te.

      »Heißt das, wir sollen es lieber gar nicht erst versuchen?« wollte Gerda wissen und riß Dr. Daniel damit aus seinen Gedanken.

      »Nein, das wollte ich keinesfalls sagen«, verwahrte sich der Arzt. »Sie sollten sich nur beide einig sein, wie weit Sie gehen wollen und wie lange Ihre Ehe der Belastung standhalten wird.« Er schwieg kurz. »Verstehen Sie mich nicht falsch, Frau Rauh. ich will Sie mit meinen Worten keineswegs entmutigen – ganz im Gegenteil. Sie müssen nur wissen, was auf Sie zukommen kann, damit es für sie kein Sprung ins kalte Wasser wird. Die Medizin hat mittlerweile viele Wege für ein Wunschkind gefunden, aber nicht alles, was möglich ist, wird das betroffene Ehepaar akzeptieren. Heutzutage kann ein Kind im Reagenzglas gezeugt werden, aber nur Sie allein können entscheiden, wo genau der medizinische Fortschritt Ihnen zu weit geht.«

      Gerda nickte. »Ich verstehe schon, was Sie meinen, Herr Doktor. Ferdinand und ich haben uns in den vergangenen Monaten auch eingehend dar-über unterhalten, und wenn die nötigen Untersuchungen bei mir abgeschlossen sind, werden wir gemeinsam beschließen, was wir auf uns nehmen wollen und was nicht.« Sie zögerte, dann meinte sie: »Nur eines weiß ich jetzt schon ganz sicher: Ich möchte dieses Kind von meinem Mann.«

      Dr. Daniel verstand. Eine künstliche Befruchtung mit einem Spendersamen kam für Gerda offensichtlich nicht in Frage.

      »Gut, Frau Rauh«, meinte er, dann blätterte er in den Akten. »Einige der nötigen Untersuchungen haben wir im Laufe der vergangenen Monate ja schon durchgeführt. Ich werde heute mit Ultraschall überprüfen, ob Ihr verbliebener rechter Eileiter durchlässig ist, doch davon gehe ich eigentlich aus. Die Operation liegt mittlerweile zwar schon mehr als ein halbes Jahr zurück, aber damals waren keine Verwachsungen oder Verklebungen auszumachen, und ich denke auch nicht, daß sich das inzwischen geändert hat. Sollte sich auf Ultraschall ein zweifelhaf-ter Befund ergeben, müßte ich auf eine Hysterosalpingografie zurückgreifen. Das ist auch der Grund, weshalb ich mit dieser Untersuchung so lange gewartet habe. Immerhin hatten Sie damals eine Operation hinter sich, da hätte ich einen derartigen Eingriff nicht veranworten können.« Er stand auf. »Gehen wir mal nach nebenan.«

      Gerda erhob sich ebenfalls. Sie war inzwischen schon einige Male in der Praxis gewesen und kannte sich hier aus. Ein wenig zögernd folgte sie Dr. Daniel in das Untersuchungszimmer und trat dann hinter den dezent gemusterten Wandschirm, um sich freizumachen. Doch als sie sich auf den gynäkologischen Stuhl legen wollte, hielt Dr. Daniel sie zurück.

      »Ich muß den Ultraschall von unten machen«, erklärte er. »Für diese Art der Untersuchung ist es besser, wenn Sie sich auf die Liege legen. Die Untersuchung verursacht ein etwas unangenehmes Gefühl. aber wenn Sie sich dabei entspannen können, ist es gleich vorbei.«

      Dr. Daniel schaltete den Bildschirm ein und griff nach dem speziellen Ultraschallkopf, der für die transvaginale Sonografie verwendet wurde.

      »Nicht erschrecken, Frau Rauh«, meinte er. »Im ersten Moment fühlt sich das ein bißchen kalt an, aber es wird nicht weh tun.«

      Gerda versuchte das unbehagliche Gefühl, das die Ultraschalluntersuchung verursachte, zu vergessen und verfolgte die grauen Schatten auf dem Bildschirm, doch da sie das, was sie sah, nicht deuten konnte, bekam sie nun erst recht Angst.

      Dr. Daniel schien zu spüren, was in ihr vorging, denn er lä-chelte sie beruhigend an.

      »Es ist alles in Ordnung«, erklärte er, während er den Schallkopf wieder entfernte, dann reichte er ihr ein paar Papiertücher. »Damit können Sie sich abwischen. Anschließend kleiden Sie sich bitte an und kommen wieder zu mir ins Sprechzimmer.«

      Nur zu gern kam Gerda dieser Aufforderung nach.

      »Wie ich schon vermutet habe, ist der Eileiter durchlässig«, erklärte Dr. Daniel, als Gerda ihm wieder gegenübersaß. »Die Probleme liegen tatsächlich an Ihrem unregelmäßigen Eisprung und dem sehr geringen Anteil an Samenfäden, über die Ihr Mann verfügt.«

      »Und was werden Sie jetzt tun?« wollte Gerda wissen.

      »Fürs erste werde ich Ihnen ein Medikament verschreiben, das sicher einen Eisprung auslöst«, meinte Dr. Daniel. »Sie und Ihr Mann können es dann auf die herkömmliche Art versuchen. Ansonsten haben wir die Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung. Auch dabei würde bei Ihnen mit Hilfe entsprechender Medikamente ein Eisprung ausgelöst, der Samen würde dann aber mit Hilfe einer speziellen Spritze in die Gebärmutter eingebracht.«

      Gerda fühlte, wie ihr ein Schauer über den Rücken rann. »Das klingt aber ziemlich unangenehm.«

      »Ich will ganz offen sein, Frau Rauh – es ist wirklich nicht angenehmen, und in Ihrem Fall ist es vielleicht auch nicht zwingend nötig. Sie sind noch sehr jung, haben also Zeit. Versuchen Sie erst mal, auf natürliche Weise schwanger zu werden. Durch die Medikamente wird der Eisprung für Sie möglicherweise mit Bauchschmerzen verbunden sein, die den normalen Regelbeschwerden ähnlich sein werden.« Er schwieg einen Moment. »Während dieser Zeit, möglichst sogar schon ein paar Tage vorher, sollten Sie mit Ihrem Mann möglichst oft intim sein.« Er lächelte entschuldigend. »Ich weiß schon, wie sich das anhört.«

      Auch Gerda mußte lächeln. »Mit Lust und Liebe hat das nun nicht mehr viel zu tun, aber darauf haben Ferdinand und ich uns schon eingestellt. Immerhin habe ich in den vergangenen Monaten über meinen Eisprung bereits genauestens Buch geführt. Auch da war unser Zusammensein eigentlich eher zweckdienlich ausgerichtet.«

      Dr. Daniel nickte. »Ich kenne Paare, die das über Jahre hinweg praktiziert haben. Es ist wohl die stärkste Prüfung für eine Ehe.«

      »Da haben Sie recht«, murmelte Gerda leise, dann sah sie Dr. Daniel an. »Wird es bei uns auch so lange dauern?«

      »Das kann niemand vorhersagen«, entgegnete Dr. Daniel. »Vielleicht sind Sie in einem Monat schon schwanger, vielleicht müssen Sie noch ein Jahr warten. Gleichgültig, wie es sich verhalten wird und unter welchen Umständen Sie mit Ihrem Mann intim sind – versuchen Sie jeglichen Streß zu vermeiden.« Wieder lächelte er. »Das ist leichter gesagt als getan, aber je lockerer Sie sein können, desto größer sind die Chancen für Sie, schwanger zu werden.« Er überlegte kurz und fügte dann hinzu: »Bleiben Sie nach dem Zusammensein mit Ihrem Mann nach Möglichkeit immer eine halbe Stunde liegen.«

      Gerda nickte. »Wir werden Ihre Ratschläge befolgen, Herr Doktor.« Sie reichte ihm die Hand. »Danke, daß Sie sich für mich so viel Zeit genommen haben.«

      »Das ist doch selbstverständlich«, entgegnete Dr. Daniel schlicht. »Und wenn es Schwierigkeiten gibt, dann kommen Sie bitte zu mir – gleichgültig, ob es sich um körperliche oder psychische Probleme handelt. Ich werde immer für Sie da sein. Scheuen Sie sich auch nicht, mich privat anzurufen, wenn Sie mich brauchen. Das Vertrauen zwischen Arzt und Patient ist gerade in einem solchen Fall au-ßerordentlich wichtig.«

      »Wie sollte man zu Ihnen kein Vertrauen haben?« fragte Gerda und war froh, daß sie damals, als sie wegen der geplatzten Eierstockzyste am Steinhausener Bahnhof zusammengebrochen war, in der Waldsee-Klinik und bei Dr. Daniel gelandet war. Besser hätte sie es gar nicht treffen können.

      *

      Mit Argusaugen überwachte Horst Wieland jeden Schritt seiner Tochter. Natürlich wußte er, daß er Sophie zu nichts zwingen konnte – schließlich war sie ja längst erwachsen, aber er konnte einfach nicht tatenlos zusehen, wie sie ihre Karriere aufs Spiel setzte.

      Aber konnte man in Sophies Fall überhaupt von einer Karriere sprechen? Sie war ja nur Krankenschwester. Horst Wieland seufzte tief auf. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte Sophie unbedingt studiert. Das war es, was er immer gewollt

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