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medizinisch. Wenn Peter mit mir nicht mehr arbeiten will, dann verzichtet der Chefarzt natürlich lieber auf mich als auf ihn. Er würde die Zukunft der Klinik riskieren, das kann ihm keine Krankenschwester wert sein.« Sie senkte den Kopf. »Außerdem will ich mit Peter gar nicht mehr zusammenarbeiten.«

      Horst Wieland seufzte und schüttelte mißbilligend den Kopf. »Sophie, du bist im Recht! Und ich als Anwalt kann dir dabei helfen, dieses Recht durchzusetzen. Wegmann kann dir nicht kündigen!«

      »Papa, bitte«, wehrte Sophie ab. »Ich möchte nicht, daß du etwas in dieser Richtung unternimmst. Dr. Wegmann wird mir ein gutes Zeugnis schreiben. Damit komme ich schnell wieder irgendwo unter.«

      »Aber nicht in einer Privatklinik, die auf dem Standard der Wegmann-Klinik steht.« Horst schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Du bist genauso verbohrt wie Erika! Sie hat damals auch eine beispielhafte Karriere in Amerika sausen lassen, nur weil sie sich in diesen Wolfgang Metzler verliebt hatte und er ihre Gefühle nicht erwiderte.«

      Sophie lächelte. »Es hat sich für sie aber gelohnt. Immerhin ist Tante Erika jetzt mit Onkel Wolfgang verheiratet, und sie haben einen ganz süßen kleinen Jungen.«

      Horst winkte ab. »Meine Schwester könnte an einer namhaften Klinik arbeiten, statt dessen spielt sie Hausfrau und Mutter und arbeitet stundenweise an dieser Wald- und Wiesenklinik in Steinhausen.« Wieder schüttelte er den Kopf. »Steinhausen! Das sprichwörtliche Ende der Welt.«

      Sinnend blickte Sophie vor sich hin. »Dort würde ich jetzt gern sein.«

      »Kommt überhaupt nicht in Frage«, wehrte ihr Vater entschieden ab. »Wir werden uns sofort um eine gleichwertige Stellung für dich umsehen.« Nachdenklich runzelte er die Stirn. »Es muß ja nicht unbedingt hier in Würzburg sein. Soviel ich weiß, gibt es in Düsseldorf eine Privatklinik, die der Wegmann-Klinik in nichts nachsteht.«

      Sophie schüttelte den Kopf. »Ich möchte nicht unbedingt an eine Privatklinik. Wichtig ist doch nur, kranken Menschen zu helfen, das kann ich an jeder anderen Klinik auch.« Dabei hatte sich in ihrem Kopf schon ein ganz konkreter Plan festgesetzt, doch davon durfte sie ihrem Vater jetzt noch nichts sagen. Er würde sich sonst zu sehr erregen.

      Allerdings kannte Horst Wieland seine Tochter gut genug, um ihre Gedankengänge nachzuvollziehen.

      »Wenn du daran denkst, in dieses Steinhausen zu gehen, dann schlag dir das sofort aus dem Kopf«, erklärte er mit Nachdruck. »Ich lasse nicht zu, daß sich meine Tochter auch noch in der Einöde vergräbt.« Er überlegte kurz. »Ich werde sofort mit der Klinik in Düsseldorf telefonieren. Es wäre doch gelacht, wenn wir dich da nicht unterbringen würden.«

      »Papa, ich bin fünfundzwanzig!« meldete Sophie Protest an. »Ich kann ganz gut meine eigenen Entscheidungen treffen.« Sie zögerte einen Moment, dann fuhr sie fort: »Ich werde nach Steinhausen zu Tante Erika gehen – vielleicht nicht für immer, aber zumindest so lange, bis ich die Sache mit Peter einigermaßen verwunden habe.«

      *

      Es war ein ungewöhnlich ruhiger Vormittag in der Gemeinschaftspraxis von Dr. Robert Daniel und seiner Frau Manon, aber sie waren beide froh dar-über. Auf diese Weise konnten sie Sachen aufarbeiten, die in den stressigen Tagen zuvor liegengeblieben waren.

      »Hast du noch viel zu tun, Robert?« wollte Manon wissen, als sie kurz in sein Sprechzimmer herüberkam.

      Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich bin fast fertig. Allerdings erwarte ich noch eine Patientin, und ich schätze, das Gespräch mit ihr wird ein bißchen länger dauern.«

      »Schade«, meinte Manon. »Sonst hätten wir Tessa gemeinsam vom Kindergarten abholen können.«

      Bei dem Gedanken an sein temperamentvolles, fünfjähriges Adoptivtöchterchen huschte ein zärtliches Lächeln über Dr. Daniels Gesicht.

      »Sie wird überglücklich sein, wenn sie einmal von ihrer Mama abgeholt wird, anstatt immer nur von Tante Irene«, vermutete er.

      »Tessa liebt deine Schwester heiß und innig«, entgegnete Manon. »Und im übrigen bist ohnehin du ihr absoluter Favorit.« Sie küßte ihren Mann. »Aber wenn du arbeiten mußt, dann wird Tessa wohl auch mit mir vorliebnehmen.«

      »Ganz bestimmt.« Dr. Daniel warf einen Blick auf die Uhr. »So wie es bis jetzt aussieht, werde ich sicher pünktlich zum Mittagessen oben sein, und wenn nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommt, kann ich mit Tessa sogar noch für eine Stunde zum Spielplatz gehen, bevor die Nachmittagssprechstunde beginnt.«

      Manon lächelte. »Damit wird ihre kleine Welt wieder in Ordnung sein.« Sie küßte Dr. Daniel noch einmal. »Also, dann gehe ich jetzt. In einer Viertelstunde bin ich wieder im Haus – für den Fall, daß sich doch noch Patienten einfinden sollten. Fräulein Sarina und Fräulein Meindl wissen aber Bescheid.«

      Dr. Daniel sah seiner Frau nach, dann stand er auf und trat zum Fenster. Von hier aus konnte er Manon noch sehen, bis sie um die erste Wegbiegung verschwand. Dabei wurde ihm wieder einmal bewußt, wie glücklich er war, seit er mit Manon verheiratet war. Er hatte so lange unter dem Tod seiner ersten Frau gelitten, doch mit Manon war das Glück wieder bei ihm eingekehrt, und die kleine Tessa war die Krönung dieses Glücks, wobei Dr. Daniel froh war, daß auch Stefan und Karina, seine beiden Kinder aus erster Ehe, das kleine Mädchen richtig liebgewonnen hatten. Nun ja, im Grunde gingen die beiden schon ihre eigenen Wege, wenn sie auch weiterhin hier in der Villa wohnten. Karina studierte in München Medizin, Stefan absolvierte in der Steinhausener Waldsee-Klinik gerade seine Assistenzzeit. Dr. Daniel war sehr stolz auf seine Kinder.

      »Frau Rauh ist gerade gekommen.«

      Die Stimme seiner Sprechstundenhilfe Sarina von Gehrau riß ihn aus seinen Gedanken.

      »Schicken Sie sie bitte herein, Fräulein Sarina«, meinte er, während er zu seinem Schreibtisch zurückkehrte.

      Als die hübsche junge Frau eintrat, ging er ihr mit einem freundlichen Lächeln entgegen und reichte ihr die Hand.

      »Guten Tag, Frau Rauh«, grüßte er. »Bitte, nehmen Sie Platz.«

      Gerda kam seiner Aufforderung nach, dann spielte sie ein wenig nervös mit dem Riemen ihrer Handtasche.

      »Sie können sich bestimmt denken, weshalb ich hier bin«, begann sie schließlich.

      Dr. Daniel nickte. »Sie haben sich für diesen Termin einen gu-ten Tag ausgesucht. Normalerweise geht es bei mir in der Praxis sehr viel hektischer zu.«

      »Ich weiß«, meinte Gerda und wurde dabei merklich ruhiger. »Ich war schon ganz erstaunt, weil ich nicht warten mußte.«

      »Ich war von diesem ruhigen Vormittag selbst überrascht«, gab Dr. Daniel zu. »Allerdings bin ich ganz froh darüber, denn nun können wir uns für das Gespräch viel Zeit lassen.«

      Gerda nickte.

      »Sie kennen meinen Fall ja am allerbesten«, erklärte sie. »Immerhin haben Sie die Operation bei mir vorgenommen. Und auch das Untersuchungsergebnis meines Mannes ist Ihnen bekannt.«

      »Ja, Frau Rauh. Sie und Ihr Mann wünschen sich Kinder, aber es wird für Sie nicht ganz einfach sein, schwanger zu werden. Unglücklicherweise verfügt Ihr Mann nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen nur über einen sehr geringen Anteil an Samenfäden. Überdies war ich gezwungen, bei Ihnen aufgrund der geplatzten Eierstockzyste den linken Eileiter zu entfernen. Wie ich Ihnen bereits vor einem halben Jahr gesagt habe, war dieser Eingriff dringend nötig, um Ihr Leben zu retten.«

      Niedergeschlagen blickte Gerda auf ihre Hände, die noch immer ein wenig zitterten. Sie hatte Angst, Dr. Daniel könnte nun doch sagen, daß sie niemals schwanger werden würde.

      »Seien Sie ehrlich, Herr Doktor, werden Ferdinand und ich ein eigenes Kind haben?« fragte Gerda, obwohl sie nicht sicher war, ob sie die Antwort überhaupt hören wollte.

      »Ja, ich denke schon, daß es möglich sein wird«, meinte Dr. Daniel, dann stand er auf und kam um seinen Schreibtisch herum. Tröstend legte er eine Hand auf ihren Arm. »Ich weiß, wie belastend

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